Die Regierung will im Zuge der Schuldenbremse in den kommenden Jahren mehrere Milliarden Euro einsparen. Wie sie das tun könnte, kann sie nun in einem aktuellen Positionspapier des Rechnungshofs (RH) nachlesen. Darin sind nicht weniger als 599 konkrete Vorschläge für eine schlankere und effizientere Verwaltung enthalten. Finden Sie hier einige Auszüge aus der der Säumnisse bei der Modernisierung der österreichischen Administration.
Die Positionspapiere zeigen mehrere Schwerpunkte und Handlungsfelder für künftige Verwaltungsreformmaßnahmen auf, die grundsätzlich nicht neu sind, die aber jeweils durch konkrete Gebarungsüberprüfungen belegt sind. Die Vorschläge des RH bauen auf Ergebnissen konkreter Gebarungsüberprüfungen auf. Die Anzahl der Vorschläge ist durch die deutliche Schwerpunktsetzung auf Verwaltungsreformthemen auf 599 angewachsen.
Diese Einsparungspotenziale liegen einerseits in einer Reduktion der Kosten der Leistungserbringung der Leistungen und andererseits in einem optimierten, klar gesteuerten Einsatz der öffentlichen Mittel. Dabei müssen Einsparungen bei den Strukturen und nicht bei den Leistungen im Vordergrund stehen.
Die auf den breiten Ansatz des RH gestützten Vorschläge zielen demzufolge jedenfalls auf folgende Aspekte der Verwaltungsreform ab:
- Effizienzsteigerungen (z.B. Einführung von Einsatzzentralen statt der 105 Polizei–Leitstellen für 100 Sicherheitsbehörden),
Qualitätsverbesserungen (z.B. bei ärztlichen Begutachtungen zur Pflegegeldeinstufung), - Kostenreduktionen (z.B. Reduktion der 141 Beschäftigten in der Ständigen Vertretung in Brüssel und Konzentration der zwölf Standorte
der österreichischen Vertretungsstellen), - wirksamerer Einsatz öffentlicher Mittel (z.B. Vermeidung überschneidender Förderungsbereiche bei der Familienförderung),
- mehr Bürgernähe (z.B. Einrichtung von One–Stop–Shops in den Bezirkshauptmannschaften).
Der RH stützt seine Quantifizierungen jeweils auf konkrete Einzelprüfungen, die teilweise auch hohe Einsparungsbeträge beinhalteten, wie etwa:
- 714 M ill. EUR bei den Landesbeamtenpensionssystemen durch eine Harmonisierung mit der Bundesregelung; Von diesem Einsparungspotenzial wurden durch die zwischen 2008 und 2011 durchgeführten Pensionsreformen in den Ländern Vorarlberg, Steiermark, Burgenland und Kärnten bereits rd. 476 M ill. EUR realisiert.
- 1,2 Mrd. EUR an Mehrkosten für den Bund bei Pensionsleistungen der Bundesbahnbediensteten durch Abwehr der finanziellen Auswirkungen pensionsrechtlicher Maßnahmen für den Bund im Bereich der ÖBB. Die Sonderpensionsrechte von ÖBB, OeNB und ORF wurden bisher nicht verändert.
- 35,6 Mill. EUR durch einen optimaleren Personaleinsatz bei der BPDWien.
Bei den betreffenden Summen ist zu beachten, dass es sich überwiegend nicht um Jahreswerte sondern um über längere Zeiträume aggregierte Beträge handelt.
Arbeitspaket Gesundheitsbereich (Seite 80)
Auch im Gesundheitsbereich werden immer wieder unter Berufung auf den RH gewaltige Einsparungssummen genannt. Tatsächlich spricht der RH jedoch von einem Umschichtungspotenzial in Höhe von 2,9 Mrd. EUR, das statt für vergleichsweise teure Akutbetten im ambulanten und im niedergelassenen Bereich verwendet werden könnte.
In der Problemanalyse wiesen die Experten insbesondere auf die Gesundheitsausgaben hin, die in Österreich im Zeitraum 1998 bis 2009 um 58,6 % (von 19,1 Mrd. EUR auf 30,3 Mrd. EUR) bzw. jährlich um durchschnittlich 5,0 % gestiegen waren. Lag deren Anteil am BIP 1998 noch bei 10,0 %, waren es 2009 bereits 11,0 %. Da sich die öffentlichen Gesundheitsausgaben dabei stärker (56,8 %) erhöhten als die privaten (49,3 %), stieg auch der von der öffentlichen Hand getragene Anteil an den gesamten Gesundheitsausgaben von 76,0 % (1998) auf 77,7 % (2009), während sich der Anteil privater Haushalte entsprechend reduzierte.
Arbeitspaket Förderungen (Seite 73)
Die Quantifizierung der realen Einsparungsmöglichkeiten ist vielfach schwierig und sehr stark von politischen Vorgaben sowie von der Abgrenzung des Verwaltungsreformbegriffs abhängig. Dies zeigt sich beispielsweise deutlich beim Förderungswesen, das in Österreich im internationalen Vergleich ein weit überdurchschnittliches Volumen aufweist. Die im Bundesrechnungsabschluss ausgewiesenen Direktförderungen des Bundes betrugen im Jahr 2009 rd. 4,55 Mrd. EUR (rd. 6,6 % der Gesamtausgaben des allgemeinen Haushalts). Dazu kamen noch Förderungen der EU und anderer Gebietskörperschaften in beträchtlicher Höhe. Gemäß der finanzwirtschaftlichen Gliederung haben die Bundesländer ohne Wien 2007 insgesamt 7,70 Mrd. EUR oder durchschnittlich rd. 30 % der Gesamtausgaben der Landeshaushalte für Förderungen aufgewendet. Während in Österreich die Subventionen und Kapitaltransfers (die in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung herangezogene Größe) rd. 15 Mrd. EUR bzw. im Verhältnis zum BIP 2005 – 2007 rd. 5,5 % ausmachten, lagen sie in den EU–15 (ohne Österreich) bei 2,3 %, in den USA bei 0,6 %, in Kanada, Japan undPolen bei 1,4 % bzw. in Norwegen bei 2,1 %.
Arbeitspaket Harmonisierung der Pensionssysteme (Seite 70)
Die Bandbreite der monatlichen Ruhegenüsse eines Akademikers im Endausbau der Reformen lag zwischen 2.268 EUR und 3.594 EUR . Dadurch ergaben sich erhebliche Unterschiede in der Gesamtpensionsleistung bis zum Ableben, die zwischen 498.400 EUR und 966.100 EUR lag. Das tatsächliche Pensionsantrittsalter liegt in allen Gebietskörperschaften deutlich unter dem gesetzlichen und divergiert sehr stark (Bandbreite: 57 bis 61,7 Jahre). Die Spezialthemen ÖBB, OeNB und ORF mit ihren Sonderpensionsrechten wurden bisher nicht substantiell verändert.
Arbeitspaket Aufgabenreform und Strukturbereinigung (Seite 85)
Bei den Vergleichsrechnungen (Benchmarking–Analysen) sind Einsparungspotenziale vor allem in der Allgemeinen Hoheitsverwaltung auszumachen. Je Einwohner hat Österreich um 27 % höhere Ausgaben als Deutschland und um 11 % höhere Ausgaben als Dänemark. Laut WIFO–Berechnungen hätte Österreich demnach eine Effizienzreserve von 0,75 bis 2,5 M rd. EUR. Zusätzlich zeigten die WIFO–Analysen Effizienzsteigerungspotenziale im Gesundheitswesen (derzeit nicht quantifizierbar), im Förderungswesen (durch einen allgemeinen Förderungsabbau von 3,5 bis 5 Mrd. EUR) und durch Deregulierungsmaßnahmen.
Ausgliederungen sind nur sinnvoll, wenn durch sie Effizienzpotenziale realisiert werden können, die durch verwaltungsinterne Reformmaßnahmen nicht in gleicher Weise genutzt werden können. Kritisch sind Ausgliederungen, wenn sie durch die Perspektive der kreativen Buchführung“ getrieben sind. Im Jahr 2010 betrugen Haftungen für Unternehmen mit Bundesbeteiligung rd. 30,1 Mrd. EUR. Im Wesentlichen handelte es sich dabei um jene für die ASFINAG (rd. 11,7 Mrd. EUR) und die ÖBB–Unternehmensgruppe (rd. 17,0 Mrd. EUR).
Reformvorschläge (seite 100)
Die wesentlichen Anliegen aus dem Bereich für Verwaltungsreformmaßnahmen betreffen
- eine Aufgabenkritik und Deregulierung auf allen staatlichen Ebenen,
- die sachgerechte Zuordnung von Aufgaben und Verantwortungen mit einer Zusammenführung von Finanzierungs–, Aufgaben– und Ausgabenverantwortung, z.B. bei den Landeslehrern oder im Bereich der Krankenanstalten,
- die Reform der Finanzverfassung und des Finanzausgleichs, z.B. Reduzierung der vielfältigen und intransparenten Transferströme,
- eine Modernisierung des Haushaltsrechts der Gebietskörperschaften mit einer verstärkten Ziel– und Wirkungsorientierung deröffentlichen Verwaltung,
- Maßnahmen zur verstärkten Bürgerorientierung, z.B. Ausbau von One–Stop–Shops,
- eine stärkere Kooperation von Verwaltungsbehörden und öffentlichen Stellen, z.B. Bildung von Verwaltungsclustern für Supportleistungen, verstärkte Nutzung von Verwaltungsdaten für die amtliche Statistik,
- ein effizienteres Personalmanagement, z.B. Vermeidung ausbildungsfremder Verwendungen, und Flexibilisierung des Personaleinsatzes, – die Harmonisierung der Pensionsrechte von Bund, Ländern, Gemeinden und öffentlichen Unternehmen sowie
- die Stärkung der öffentlichen Finanzkontrolle.
Die dringendsten Problemfelder
Die wesentlichen Anliegen aus dem zweiten Verwaltungsbereich mit besonders hohem Reformbedarf betreffen eine
- Reform des Gesundheitswesens, z.B. Finanzierung aus einer Hand,
- mehr Transparenz im Bereich der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung, Verbesserung der Standortstruktur und Kooperationen zwischen den Krankenanstalten, Koordination des stationären Bereichs mit anderen Versorgungsbereichen, Analyse der unterschiedlichen Preise und Leistungen im Bereich der Krankenkassen,
- Reform des Pflegebereichs, z.B. Reduktion der Entscheidungsträger und Bündelung der Vollzugs– und auch der Aufsichtskompetenzen, Optimierung der Verwaltungsabläufe, Neuorganisation der ärztlichen Begutachtungen,
- Reform des Schulwesens, z.B. Zusammenführung der Finanzierungs–, Aufgaben– und Ausgabenverantwortung im Bereich der Landeslehrer und der Schulerhaltung, effizientere Gestaltung der Schulaufsicht, sowie Reformen im Bereich der Wissenschaft und Forschung,
- effizientere Gestaltung des Förderungswesens. z.B. Festlegung quantifizierbarer Förderungsziele, Vermeidung von überschneidenden Förderungsbereichen und von Mehrfachförderungen, Schaffung einer österreichweiten Förderungsdatenbank,
- nachhaltige Finanzierung von Infrastrukturprojekten (Vermeidung „grauer Finanzschulden“),
- Verbesserung der Wohnbauförderung, z.B. Umstellung auf Subjektförderung, Ökologisierung,
- bessere Koordination in Bereichen des Umweltschutzes, z.B. Abfallwirtschaft, Schutz vor Naturgefahren sowie
- Durchführung von Reformmaßnahmen bei öffentlichen Unternehmungen, z.B. ÖBB, OeNB.
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