Doppelt so viele österreichische Unternehmen wie im Jahr 2010 erwarten sich 2011 negative Auswirkungen auf ihren Betrieb durch die Folgen des Klimawandels. Um 15 Prozent weniger Unternehmen glauben an die Erreichbarkeit der internationalen Klimaschutzziele. Trotz der pessimistischen Sichtweise befürworten über 90 Prozent der Befragten strengere Klimaschutzziele auf EU-Ebene. Unterstützt wird dieser Schritt allerdings nur, sofern Wettbewerbsnachteile gegenüber den USA oder aufstrebenden Wirtschaftsnationen wie China oder Indien ausgeschlossen werden können. Der Handlungswille der heimischen Wirtschaft ist trotzdem deutlich erkennbar: 67 Prozent sehen die Chance neuer Geschäftsfelder, drei Viertel eine Steigerung der Innovationsfähigkeit. Mehr als die Hälfte der Unternehmen wünscht sich aber endlich klare politische Anreize.
Dies sind die zentralen Ergebnisse der Studie „Wirtschaftsbarometer Klimaschutz 2011“ der Unternehmensplattform WWF CLIMATE GROUP und des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens KPMG. Die Erhebung liefert einen Klimaschutz Status Quo der heimischen Unternehmenslandschaft und deren Entwicklungen im letzten Jahr. Befragt wurden 144 Unternehmen aller Branchen und Größen in ganz Österreich.
Geringer Glaube an Erreichbarkeit internationaler Klimaschutzziele
Nur 21 Prozent der heimischen Unternehmen halten es für realistisch, den Klimawandel unter der entscheidenden Zwei-Grad-Celsius-Grenze zu stabilisieren und so die schlimmsten Folgen zu verhindern. Im Vergleich zur Erhebung aus 2010 ist damit der Anteil der Studienteilnehmer, die nicht mehr an die Erreichbarkeit internationaler Klimaschutzziele glauben, um 15 Prozent angestiegen. Die zweite Auflage des ‚Wirtschaftsbarometer Klimaschutz’ lässt einen Trend in Österreichs Wirtschaft erkennen. Den Unternehmen wird die Tragweite des Problems immer bewusster. Ein zunehmender Klima-Pessimismus wird spürbar, sowie ein immer stärkerer Appell an die Politik klare Rahmenbedingungen und Anreize zu schaffen.
Trotz oder gerade wegen dieser pessimistischen Sichtweise befürworten über 90 Prozent der Befragten strengere Klimaschutzziele auf EU-Ebene. Unterstützt wird dieser Schritt allerdings nur, sofern Wettbewerbsnachteile gegenüber den USA oder aufstrebenden Wirtschaftsnationen wie China oder Indien ausgeschlossen werden können. Strengere EU-Klimaschutzziele fordern mit 90 Prozent insbesondere der Handels- und Logistiksektor, der Finanz- und Dienstleistungssektor sowie der Bereich Industrieprodukte/Anlagen- und Maschinenbau. Anders sieht dies der Energieversorgungssektor: 38 Prozent sind gegen eine Anhebung der europäischen Klimaschutzziele.
Risiko Klimawandel: 20 Prozent erwarten sich negative Auswirkungen
Eine zunehmende Sensibilisierung der heimischen Wirtschaft für das Thema Klimaschutz zeigt sich auch beim Blick auf die wahrgenommenen Folgen für das eigene Unternehmen. In der Erhebung 2011 erwarten sich 20 Prozent der Befragten mit Sicherheit negative Auswirkungen auf ihren Betrieb durch die Folgen des Klimawandels. Das entspricht einer Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr. Im Energieversorgungssektor sind sogar drei Viertel der Befragten davon überzeugt, im Dienstleistungssektor hingegen nur 37 Prozent. Als Risiken für die Branche werden insbesondere steigende technologische Anforderungen (76 Prozent), die Zunahme der Regulierungen (75 Prozent) und die Verringerung der Profitabilität durch steigende Kosten aufgrund notwendiger Klimaschutzmaßnahmen (67 Prozent) genannt.
Chance Klimawandel: neue Geschäftsfelder
Im Vergleich zur Erhebung aus 2010 sehen die befragten Teilnehmer heuer aber auch mehr unternehmerische Vorteile im Zusammenhang mit den notwendigen Klimaschutzanpassungen. Knapp drei Viertel der Befragten werten die Steigerung der Innovationsfähigkeit als positiven Nebeneffekt eines verstärkten Klimaschutzes. 67 Prozent erkennen die Chance neuer Geschäftsfelder. Mehr als 60 Prozent sind der Meinung, dass eine Zunahme der Wettbewerbsfähigkeit durch umweltfreundliche Technologien und Angebote eine Chance bietet. 70 Prozent gehen von einer Verbesserung des Images ihrer Branche in Verbindung mit Klimaschutzaspekten aus.
Mangelhaft: Klimafreundliche Beschaffung, Vertrieb und Produktdesigns
2011 analysiert das Wirtschaftsbarometer Klimaschutz zusätzlich zu innerbetrieblichen Klimaschutzmaßnahmen der Unternehmen, erstmals auch Maßnahmen in vor- und nachgelagerten Unternehmensprozessen. „Die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von Produkten und Dienstleistungen ist essentiell für einen größtmöglichen Klimaschutzeffekt“, weiß Hans Lanzinger, Geschäftsführer der Pfanner Getränke GmbH, eines der acht Mitglieder der WWF CLIMATE GROUP. „In vielen heimischen Branchen befinden sich die größten CO2-Reduktionspotentiale nicht im Kerngeschäft, sondern in vor- und nachgelagerten Stufen, wie der Rohstoffbeschaffung oder dem Vertrieb.“ Die Studie zeigt zwar ein grundlegendes Bewusstsein der Wirtschaft für die Bedeutung von Klimaschutzmaßnahmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Klimarelevante Emissionen über den ganzen Lebenszyklus der Angebote werden von den Unternehmen allerdings noch nicht ausreichend berücksichtigt. In vielen Bereichen fehlt es noch an nachhaltigen Lösungen für Beschaffung, Vertrieb und Produktdesign. 37 Prozent der Befragten sehen das größte CO2-Reduktionspotenzial noch immer innerhalb des Betriebes. Bereits ein Viertel erkennt allerdings in den eigenen Produkten und Dienstleistungen die meisten Einsparungsmöglichkeiten, knapp ein Drittel sieht diese in der vorgelagerten Lieferkette.