Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) ist Donnerstag früh unter Führung von Zentralbankchef Mario Draghi zu seiner ersten Sitzung 2012 zusammengekommen. Fachleute erwarten dieses Mal keine Zinssenkung, nachdem die Notenbanker den Leitzins im November und Dezember jeweils um einen viertel Prozentpunkt auf 1,0 Prozent gekappt haben.
Außerdem hatten die Währungshüter vor Weihnachten ein umfangreiches Stützungspaket für die Banken der Euro-Zone auf den Weg gebracht, vom dem eine der wichtigsten Maßnahmen, die Halbierung der Mindestreservequote, erst in der kommenden Woche in Kraft tritt. Manche Analysten rechnen im Februar mit der nächsten Leitzinssenkung, sollten die Konjunkturwolken über der Weltwirtschaft sich weiter verdunkeln.
Mit am Tisch im 36. Stock des Frankfurter Euro-Tower sitzen dieses Mal zwei EZB-Neulinge: Der deutsche Ex-Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen und der französische Top-Ökonom Benoit Coeure haben zum Jahreswechsel Jürgen Stark und Lorenzo Bini Smaghi ersetzt. Chefökonom Stark war aus Protest gegen die Krisenpolitik der EZB gegangen, Bini Smaghi fiel politischem Druck zum Opfer und musste dem Umstand Tribut zollen, dass zusammen mit Draghi zwei Italiener im Vorstand der Zentralbank vertreten waren. Eine neue Rolle hat seit Anfang Jänner das belgische Direktoriumsmitglied Peter Praet: Als Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB) kommt ihm das Privileg zu, die Sitzung zu eröffnen.
Neben dem weiteren Kurs der Geldpolitik dürfte vor allem die andauernde Diskussion über die Höhe der Beteiligung des privaten Sektors, also hauptsächlich von Banken und Versicherungen, an einer Umschuldung Griechenlands die Debatte bestimmen. Der Privatanteil an den Hellas-Hilfen ist offenbar unzureichend. Laut mehreren mit den Verhandlungen vertrauten Bankern müssen die Euro-Staaten möglicherweise noch tiefer in die Tasche greifen. (APA)