Die aktuelle österreichische Budgetsituation ist belastet: Laut Staatsschuldenausschuss liegt der Konsolidierungsbedarf in Österreich bei 40 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren. 2011 betrug die österreichische Gesamtverschuldung 72,2 Prozent des BIP. Die Europäische Kommission geht davon aus, dass das heimische Wirtschaftswachstum 2012 auf nur mehr 0,9 Prozent zurückgehen wird (2011: 2,9 Prozent). In der Budgetrede 2012 prognostizierte Finanzministerin Maria Fekter im Oktober 2011 ein Defizit von 9,2 Milliarden Euro in diesem Jahr.
Öffentliche Ausgaben steigen
Steigende Zinsen und beschränkte Möglichkeiten für Steuererhöhungen erschweren die Haushaltssanierung. Österreich liegt bereits heute im internationalen Spitzenfeld bei Steuerlast und öffentlichen Ausgaben: Während die traditionell hohe Abgabenquote in Österreich zwischen 2005 und 2010 von 43,43 auf 43,53 Prozent des BIP leicht gestiegen ist, hat sich die Ausgabenquote in diesem Zeitraum von 49,99 auf 52,53 Prozent des BIP stark erhöht. In einem vergleichbaren Land wie Schweden und der Schweiz sind die Ausgabenlast und die Steuerquote hingegen gesunken.
Außerdem gehört Österreich zu den OECD-Ländern mit den höchsten Lohnnebenkosten – im Durchschnitt betragen diese 48 Prozent des Arbeitseinkommens. Bereits 2007 wies die OECD darauf hin, dass sich die Schere zwischen vom Arbeitgeber bezahlten Bruttolohn und vom Arbeitgeber erhaltenen Nettolohn negativ auf die Beschäftigung auswirke und die Schattenwirtschaft fördere.
Reichensteuer wenig sinnvoll
Im Bereich der Einkommensteuer (ESt) ist der Spitzensteuersatz in Österreich hoch, die Einkommensgrenze für diesen allerdings gering. Ab einem Einkommen von 60.000 Euro jährlich müssen die Österreicher 50 Prozent abführen – höhere Spitzensteuersätze gibt es nur in Dänemark, den Niederlanden und Schweden. Eine Reichensteuer würde zudem nur wenige Steuerpflichtige treffen, die starke Ausweichreaktionen zeigen dürften. Immerhin fallen über 90 Prozent der österreichischen Bevölkerung in die Einkommensklasse bis 50.000 Euro jährlich, wie aus einem repräsentativen Sample österreichischer Lohnsteuerpflichtiger hervorgeht.
Eine im Rahmen der Studie „Steuerreformperspektiven in der Verschuldungskrise“ durchgeführte Untersuchung der Einkommensteuereffekte kommt zu dem Schluss, eine „Reichensteuer eignet sich bestenfalls als finanzpolitisches Symbol, jedoch nicht als Instrument zur Verbesserung der Verteilungsgerechtigkeit oder zur Erhöhung des Steueraufkommens“.
Szenarienvergleich
In der Untersuchung wurden zwei Reichensteuer-Szenarien simuliert: Weder eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes von 50 auf 55 Prozent für Einkommen ab 60.000 Euro (Szenario 1: Reichensteuer A, ohne/mit Verhaltensanpassung), noch die Erhöhung des Spitzensteuersatzes von 70 Prozent für Einkommen ab 350.000 Euro (Szenario 2: Reichensteuer B, ohne/mit Verhaltensanpassung) würden signifikante Auswirkungen auf das Steueraufkommen haben – bei Szenario 2 mit Verhaltensanpassung kann sogar von negativen Aufkommenseffekten ausgegangen werden.
Erhöhung der Vermögenssteuern nicht ergiebig
Die Einkünfte aus reiner Vermögensbesteuerung sind in Österreich gering. Allerdings lukriert die Alpenrepublik über vermögensbezogene Steuern wie kommunale Gebühren und Beiträge zusätzliche Einnahmen – im Gegensatz zu Ländern mit hoher GrSt, die geringe Gebühren erheben. Bei den Vermögenssteuern besteht grundsätzlich die Möglichkeit einer stärkeren Belastung, da Vermögen in Österreich steuerlich relativ gering belastet wird. Die Aufkommenseffekte von Vermögenssteuern sind laut Studie „Steuerreformperspektiven in der Verschuldungskrise“ allerdings gering.
Vermögenssteuer „alt“ würde knapp 1 Mrd. Euro bringen
Eine Wiedereinführung der 1994 abgeschafften allgemeinen persönlichen Vermögenssteuer (VSt) würde weniger als eine Milliarde Euro und weniger als ein Prozent am Steueraufkommen lukrieren, aber starke Ausweichreaktionen hervorrufen. Heute ist die VSt auf Finanzvermögen in die Kapitalertragsteuer (KESt) integriert und auch international ein Auslaufmodell.
Grundsteuer schlägt auf Mieten durch
Der Anteil der Grundsteuer (GrSt) am Steueraufkommen liegt bei 600 Millionen Euro oder 0,5 Prozent. Eine Erhöhung der GrSt könnte sich in höheren Mietpreisen niederschlagen und ist deshalb zur Budgetsanierung nur bedingt geeignet.
Schenkungssteuer unbedeutend, aber denkbar
Das Steueraufkommen der aufgehobenen Erbschafts- und Schenkungssteuer (ErbSt-/SchSt) betrug 2008 mit 140 Millionen Euro nur 0,2 Prozent. Obwohl wenig ergiebig, wäre eine Wiedereinführung denkbar – allerdings muss hier auf die Problematik bei Betriebsübergaben hingewiesen werden. International ist die ErbSt-/SchSt fiskalisch eher unbedeutend.
Vermögensverkehrssteuern (VVSt) tragen mit 714 Millionen Euro oder 0,6 Prozent nur einen kleinen Teil zum Steueraufkommen bei. Bei den VVSt wären Steuererhöhungen wie eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer (GrESt) oder eine Finanztransaktionssteuer, die allerdings nur auf internationaler Ebene sinnvoll erscheint, möglich.
Weitere Möglichkeiten: Erhöhung des Pensionsantrittsalters
Neben den öffentlichen Ausgaben besteht auch in anderen Bereichen Einsparpotenzial und Effizienzsteigerungsbedarf. Paradebeispiel ist das Pensionsantrittsalter: Während beispielsweise das gesetzliche Pensionsantrittsalter für Männer in Österreich aktuell bei 60 (vor 31.12.1964 geboren) beziehungsweise 65 Jahren (nach 31.12.1964 geboren) liegt, gingen die Österreicher zwischen 2004 und 2009 durchschnittlich mit 58,9 Jahren in Pension – das ist der zweitniedrigste Wert im OECD-Vergleich. Anreize, um Arbeitnehmer länger im Berufsleben zu halten, sind deshalb dringend nötig.
Öffentliche Unternehmen: + 37 Prozent Schulden in 5 Jahren
Bei öffentlichen Unternehmen rät die KPMG zur Sparsamkeit – zwischen 2005 und 2010 sei die Verschuldung der öffentlichen Unternehmen wie Österreichische Bundesbahnen (ÖBB), ASFINAG, Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), Krankenhäuser, kommunale Infrastrukturunternehmen und sonstige Firmen in öffentlicher Hand um 37,4 Prozent von 31,3 auf 43 Milliarden Euro gestiegen.
Im Gegensatz zur Besteuerung von Arbeit können Konsumsteuern wie die Umsatzsteuer weit mehr zur Budgetsanierung beitragen. Um das Potenzial auszuschöpfen, ist es aber nötig insbesondere den reduzierten Umsatzsteuersatz zu überdenken.