- Die Produktionskapazitäten für Strom sind in Europa laut E-Control ausreichend. (c) APA
(APA) Die Strompreise für Österreichs Haushalte könnten nach Einschätzung der Regulierungsbehörde E-Control niedriger sein, denn anders als bei Industriekunden wirken sich die seit Anfang 2009 relativ stabilen Großhandelspreise kaum aus. Das Senkungspotenzial für die Haushalte liege insgesamt bei rund 100 Mio. Euro, für einen Haushalt seien dies 20 bis 30 Euro pro Jahr. Das Senkungspotenzial für den reinen Energieanteil, der etwas weniger als die Hälfte der gesamten Stromrechnung ausmacht, bezifferte E-Control-Geschäftsführer Walter Boltz vor Journalisten mit 10 bis 15 Prozent.
Die Strom-Großhandelspreise seien bis 2008 kräftig gestiegen, im Zuge der Krise dann deutlich gefallen und seit Anfang 2009 relativ stabil. Die Preise für die Haushalte seien ebenfalls gestiegen, und dann sei lange nichts passiert. Großhandels- und Haushaltspreise klafften nicht nur kurzfristig und vorübergehend auseinander. Es sei unrealistisch, dass mehr als 2 bis 3 Jahre im voraus Strom beschafft werde: „Niemand hat im Juli 2008 für 2011 eingekauft.“
Irgendwo scheine bei der Preisweitergabe etwas nicht zu funktionieren, denn bei Industriekunden gebe es ein Durchreichen – mit einiger Verzögerung. Nach drei Jahren müssten aber die niedrigeren Großhandelspreise auch bei den Haushaltskunden angekommen sein. Die jüngsten Preissenkungen seien nur wegen niedrigerer Ökostromkosten erfolgt.
„Ein Scheibchen für die Haushaltskunden“
Die Gewinne der Branche seien 2010 nach den Krisenjahren wieder auf dem Niveau des Jahres 2006 gelegen, das aggregierte operative Ergebnis (Ebit) der neun österreichischen Landesversorger habe im Vorjahr rund 548 Mio. Euro ausgemacht. Boltz betonte, dass niemand notleidende Energieunternehmen will, aber „ein kleines Scheibchen könnten die Haushaltskunden auch bekommen“.
Die E-Control habe im Sommer angesichts des Auseinanderlaufens von Entwicklungen eine Marktuntersuchung begonnen und 19 Stromlieferanten um Daten zu den Einkaufspreisen ersucht. Geliefert habe kein einziges Unternehmen. Die E-Wirtschaft ist der Ansicht, dass sie der Regulierungsbehörde diese Daten nicht zu Verfügung stellen muss. Die Unternehmen haben gegen die entsprechenden E-Control-Bescheide zur Einsichtnahme Rechtsmittel eingelegt, nun sind die Höchstgerichte am Zug. Boltz ist optimistisch, dass es noch heuer zu einer Entscheidung kommt.
Bei der geplanten Reform des Wettbewerbsrecht soll nun die Beweislast umgekehrt werden, also die EVU beweisen müssen, dass sie keine marktbeherrschende Stellung haben. Die E-Control erachtet die Gesetzesnovellen als Schritt zur Belebung des Wettbewerbs.
Reichlich Kapazitäten vorhanden
Die Strom-Erzeugungskapazitäten, einer der wesentlichen Einflussfaktoren auf den Strompreis, sind in Österreich und Europa laut E-Control auch ohne den Bau weiterer Kraftwerke für die nächsten 10 bis 15 Jahre ausreichend. Zumindest bis 2020 sei die Kraftwerksverfügbarkeit sehr gut. Für die Region, zu der auch Österreich, Deutschland, die Schweiz und Tschechien gezählt werden, gebe es keinerlei Indikation, dass der Strom zu wenig werde, sagte Boltz.
In diesen Schätzungen berücksichtigt sind bereits die AKW-Abschaltungen in Deutschland, sowie wegen der Planbarkeit Biomasse-Anlagen. Regionale Probleme seien möglich, wie etwa in Bayern durch zu viel Kraftwerksabschaltungen und fehlende Transportkapazitäten für Windenergie aus dem Norden.
Boltz sieht ausreichende Produktionsreserven
Die Atomkatastrophe von Fukushima habe gezeigt, dass es in Europa ausreichend Reserven gebe, so seien etwa aus Frankreich 7.000 Megawatt (MW) gekommen. Nach der Atomkatastrophe in Fukushima habe es in der Region, zu der Österreich gehört, einen leichten Großhandelspreis-Auftrieb gegeben. Man sei aber wieder zu „business as usual“ zurückgekehrt. Auch in Osteuropa gebe es bedeutende Reserven. Die E-Control geht davon aus, dass von der Erzeugungsseite her in den nächsten Jahren voraussichtlich ein relativ geringer Preisdruck zu erwarten ist.
Erneuerbare Energie dämpft Preise
Eine wesentliche Rolle für die Großhandelspreise spielt auch die Erzeugung aus Windkraft und Photovoltaik. Durch steigende Einspeisung der Erneuerbaren kann es an den Börsen zu sinkenden und teilweise sogar negativen Strompreisen kommen.
Ein weiterer Einflussfaktor für die Strompreise ist die wirtschaftliche Lage. In Österreich lag der Stromverbrauch 2011 mit einem Plus von 0,1 Prozent praktisch auf dem Niveau von 2010. Deutlich zurückgegangen ist dagegen der Gasverbrauch, sowohl temperaturbedingt bei den Haushalten als auch in der Industrie. In der Industrie erwartet Boltz weitere Verlagerungen weg von Europa. Insgesamt werde der Verbrauch in den nächsten zwei bis drei Jahren nicht besonders steigen.
Auch die Preise für CO2-Zertifikate dürften weiter niedrig bleiben. Kohlekraftwerke würden bei niedrigen CO2-Preisen wieder günstig.