CEE-Länder können weiteren Anstieg von Anleihenzinsen verkraften

07. Februar 2012 Drucken

Derzeit ist kein großer Abverkauf von CEE-Anleihen wie nach Lehman-Pleite festzustellen, auch nicht bei ungarischen Papieren, heißt es im CEE Bond Market Outlook 2012 der Erste Group Research. Rumänien, die Tschechische Republik und die Slowakei verfügen in ihrer Refinanzierungskraft den größten Spielraum bei stark anziehenden Renditen; Ungarn sollte hingegen Finanzierungen über 6% vermeiden.  Das Budgetdefizit […]

Derzeit ist kein großer Abverkauf von CEE-Anleihen wie nach Lehman-Pleite festzustellen, auch nicht bei ungarischen Papieren, heißt es im CEE Bond Market Outlook 2012 der Erste Group Research. Rumänien, die Tschechische Republik und die Slowakei verfügen in ihrer Refinanzierungskraft den größten Spielraum bei stark anziehenden Renditen; Ungarn sollte hingegen Finanzierungen über 6% vermeiden.  Das Budgetdefizit wird laut Prognose 2012 in den CEE6 auf 3,6% des BIP sinken; der Durchschnittswert für die Eurozone liegt bei 3,4% des BIP.

Zwar haben die im Euroraum andauernde Staatsschuldenkrise und die verstärkte Risikoaversion die Nachfrage nach CEE-Staatsanleihen gedämpft, doch sehen die Analysten der Erste Group keinen größeren Abverkauf wie nach der Lehman-Pleite. Der CEE Bond Market Outlook 2012 suchte nach Antworten auf die Frage, welches Renditeniveau sich die Länder angesichts ihrer Liquidität noch leisten können.

Grafik Kritische Zinssätze & durchschn. Zinskosten (2012E)

Laut Berechnungen der Erste Group bestünde selbst bei einem steilen Anstieg der Renditen rumänischer, tschechischer und slowakischer Papiere noch ausreichend Luft nach oben
Als Maßstab zogen die Analysten der Erste Group das Verhältnis der Zinskosten der Staatsschuld zu den staatlichen Einnahmen heran. Diese Kennzahl wird auch von den Ratingagenturen beobachtet. Entsprechend der Annahme, dass „ein staatlicher Schuldner nach herkömmlicher Definition dann zahlungsfähig ist, wenn er seine Schulden aus dem Steueraufkommen bedienen kann“, liegt für die Analysten der Erste Group die kritische Höhe der Zinskosten bei einem Zehntel der Steuereinnahmen. Daher berechnete der Bond Outlook jenen kritischen Punkt, bei dem die Zinskosten 10% des Steueraufkommens überschreiten würden. Im Falle plötzlicher Marktturbulenzen können höhere Kreditkosten eine Schuldenspirale auslösen. Glücklicherweise liegt bei Rumänien, der Tschechischen Republik und der Slowakei der für die Staatsschulden jeweils noch tragbare Durchschnittszinssatz viel höher. Daher ist der kritische Punkt dieser Länder, bei dem die Staatsfinanzen unter starken Druck geraten würden, noch weiter entfernt. Ungarn sollte jedoch umfangreiche Kreditaufnahmen zu einem Zinssatz von mehr als 6% vermeiden, um unter dem kritischen Niveau zu bleiben.

Emission von Euro-Anleihen soll durchschnittliche Laufzeit verlängern
Die CEE-Staaten zapfen mit in Euro emittierten Anleihen und Konsortialkrediten ausländische Märkte an, um die durchschnittliche Laufzeit ihrer Schulden zu verlängern. Die Slowakei hat bereits 2011 erfolgreich syndizierte Anleihen im Volumen von einer Milliarde Euro und einer Laufzeit von fünf Jahren platziert. Die Tschechische Republik dürfte dieses Jahr folgen. Bislang sind in den CEE die durchschnittliche Laufzeit von Staatspapieren mit etwa vier Jahren relativ kurz.. In den großen Ländern des Euroraums sind im Vergleich dazu sechs bis sieben Jahre üblich.
Finanzierungsbedarf der CEE-Staaten bei einem Neuntel des Eurozonen-Niveaus
Die CEE6-Staaten sollten die Sanierung ihrer Staatsfinanzen auch 2012 fortsetzen. Nach dem bereits erfolgten Abbau des Haushaltsdefizits von 6,4% im Jahr 2010 auf einen geschätzten Durchschnitt von 4,1% des BIP im Jahr 2011 sollte das durchschnittliche Defizit 2012 weiter auf 3,6% des BIP schrumpfen.
Unter der konservativen Annahme, dass kein Geld über den Verkauf von Staatsvermögen aufgebracht werden wird, müssten die CEE6-Länder 2012 Anleihen in Höhe von etwa EUR 35 Mrd neu auf den Markt bringen. Im Vergleich zum Nettoemissionsvolumen im Euroraum von rund EUR 300 Mrd ist der Finanzierungsbedarf in Osteuropa relativ gering.

Grafik Geschätzte Bruttoemissionen (in % BIP)
Angesichts der Tatsache, dass die CEE6-Staaten abreifende Schulden im Umfang von EUR 72 Mrd (im Durchschnitt 8% des BIP) refinanzieren müssten, beträgt das Bruttoemissionsvolumen an Staatspapieren in den CEE6 insgesamt EUR 107 Mrd.  Etwa die Hälfte des Nettoemissionsvolumens von Staatspapieren wird von ausländischen Investoren wie Investment- und Pensionsfonds sowie Versicherungen gezeichnet. Insgesamt erwarten die Analysten der Erste Group in CEE seitens der einheimischen Finanzinstitute eine organische Nachfrage nach Staatspapieren im Bereich von 1,5 bis 2,5% des BIP, womit etwa ein Drittel bis die Hälfte der prognostizierten Haushaltsdefizite (Nettoemissionsvolumen) finanziert werden sollte. Der Rest sollte von ausländischen Investoren übernommen werden.

Grafik Zinsendienst in % des Steueraufkommens (2012F)

Anstieg der Finanzierungskosten im Herbst 2011
Die Ausweitung der Risikoprämien für Staatsschulden der CEE-Länder hatte im vergangenen Jahr einen Anstieg der CDS um 100 bis 300 Basispunkte zur Folge. Gleichzeitig gingen die Renditen von Anleihen der Tschechischen Republik und Polens sogar zurück. Aber was geschieht, wenn ausländische Investoren nicht zugreifen? „Neben der Nutzung zugesagter Kreditlinien können Staaten ihre Barreserven ausgeben, liquide Anlagen verkaufen und nicht zuletzt Staatsvermögen privatisieren. Die Tschechische Republik, Ungarn und Polen verfügen über vergleichsweise enorme Finanzpuffer, da ihren Banken überschüssige Liquidität in Höhe von 7 bis 13% des BIP zur Verfügung steht, die sie bei der Zentralbank geparkt haben“, heißt es abschließend von Seiten der erste Group Research.