Tokio (APA) – An den Finanzmärkten herrscht deutliche Erleichterung über die vereinbarten europäischen Finanzhilfen für die spanischen Banken. In Asien legten am Montag die Aktienmärkte und der Euro kräftig zu. Kritische Töne kamen unterdessen von dem Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz: Er bezeichnete das europäische Hilfsprogramm für Spaniens Banken als „Voodoo-Ökonomie“. Spanien will nach langem Widerstand nun doch Gelder aus den Euro-Rettungsfonds zur Rekapitalisierung seiner maroden Geldhäuser beantragen.
Starkes Signal
Die Euro-Finanzminister erklärten sich bereit, dem Land bis zu 100 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. EU-Währungskommissar Rehn sagte der Nachrichtenagentur Reuters: „Ich bin zuversichtlich, dass dies ein starkes Signal an die Märkte senden wird, dass die Euro-Zone bereit ist, Spanien in seinen Anstrengungen zu unterstützen, seinen Bankensektor zu restrukturieren und rekapitalisieren.“ In Tokio zog der 225 Werte umfassende Nikkei-Index um zwei Prozent an auf 8629 Punkte. Der breiter gefasste Topix-Index legte 1,8 Prozent zu auf 731 Zähler. Auftrieb hatten vor allem Exportwerte, beflügelt von den Kursverlusten des Yen zum Euro. An den Devisenmärkten in Fernost zog der Euro um fast ein Prozent an auf 1,2635 Dollar.
Stiglitz pfeift warnend
Wirtschafts-Nobelpreisträger Stiglitz kritisierte das europäische Hilfsprogramm für Spaniens Banken unterdessen als „Voodoo-Ökonomie“. „Das System ist: Die spanische Regierung rettet die spanischen Banken, und die spanischen Banken retten die spanische Regierung“, sagte Stiglitz laut Reuters. Dies könne nicht funktionieren. Stattdessen müsse Europa die Schaffung eines gemeinsamen Bankensystems und einer Fiskalunion vorantreiben. Finanzministerin Fekter zieht es vor, die bis zu 100 Mrd. Euro Spanien-Hilfe nicht aus dem provisorischen (EFSF), sondern aus dem – noch nicht operativen – permanenten Euro-Rettungsschirm (ESM) rollen zu lassen. Der EFSF habe genügend Geld zur Verfügung, „aber die besseren Regelungen sind natürlich im dauerhaften Rettungsschirm. Insbesondere wenn es darum geht, uns abzusichern für den Fall, dass dann doch etwas passiert.“, sagte Fekter im ORF-Morgenjournal am Montag. Der ESM, der ursprünglich Anfang Juli in Kraft treten sollte, ist bisher erst von einer Handvoll europäischer Regierungen ratifiziert – auch in Österreich ringen SPÖ und ÖVP noch um die Unterstützung der Grünen.
Hilfeersuchen kam nach langem Zögern
Spanien ist am Sonntag nach wochenlangen Spekulationen über sein angeschlagenes Bankensystem unter den europäischen Rettungsschirm geschlüpft. Die Regierung in Madrid wird bis zu 100 Milliarden Euro von den Eurozone-Staaten erhalten, entschieden die Finanzminister der Währungsunion bei einer Telefonkonferenz am Samstagabend. Die Euro-Partner hatten Spanien seit Wochen gedrängt, Hilfe anzunehmen. Die Geldmenge werde ausreichen, um alle Zweifel an der Stabilität der spanischen Banken auszuräumen, zeigte sich Finanzminister Luis de Guindos überzeugt. Die genaue Summe und Details sollen in den kommenden Tagen vereinbart werden. Der unmittelbare Rekapitalisierungsbedarf der Finanzinstitute des Mittelmeer-Staates werde auf 40 bis 60 Milliarden Euro geschätzt, dazu komme noch ein beträchtlicher Restrukturierungsaufwand sowie ein Puffer, um das Vertrauen der Märkten wiederzubekommen, sagte Finanzministerin Fekter nach der Telefonkonferenz gegenüber der APA. Die Hilfen sollen an den staatlichen spanischen Bankenrettungsfonds FROB gezahlt werden, der die Gelder dann an notleidende Banken weitergeben soll.
Gutachten erwartet
Bisher hat Spanien den Finanzbedarf zur Stabilisierung der Banken nicht beziffert. Dazu sollen zwei unabhängige Gutachten abgewartet werden. Nach Eingang des offiziellen Antrags sollen laut einer Mitteilung von Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank, die Europäische Bankenaufsicht und der Internationale Währungsfonds die Lage in Spanien prüfen und Vorschläge machen, welche Auflagen für Reformen im spanischen Finanzsektor der Regierung in Madrid für die Unterstützung gemacht werden sollen. Für Österreich bedeute die EU-Hilfe für Spanien keine zusätzlichen Belastungen. Eine Kettenreaktion auf weitere Euroländer befürchtet Fekter nicht, dafür gebe es keine Anzeichen. Die US-Regierung hat die Entscheidung Spaniens zu europäischen Hilfskrediten für sein marodes Bankensystem begrüßt. Diese Schritte seien „wichtig für die Gesundheit der spanischen Wirtschaft“, erklärte Finanzminister Geithner in Washington.