Klimawandel wird heimischen Tourismus umkrempeln

24. Juli 2012 Drucken

Die Auswirkungen des Klimawandels betreffen vorrangig den Alpentourismus (im Winter und im Sommer), den Seen- und den Städtetourismus, sodass die Anpassung in diesen Bereichen vordringlich zu behandeln ist. Der vom Lebensministerium erstellte „Aktionsplan für die Umsetzung der österreichischen Strategie zur Anpassung an den Klimawandel“ beschreibt Auswirkungen und Maßnahmen, wie den veränderten Bedingungen zu begegnen ist. […]

Tourismus und Klimawandel, Newsroom

Der Temperaturanstieg um 1 Grad wird die Schneefallgrenze um 150 Meter Höhenmeter nach oben drücken.

Die Auswirkungen des Klimawandels betreffen vorrangig den Alpentourismus (im Winter und im Sommer), den Seen- und den Städtetourismus, sodass die Anpassung in diesen Bereichen vordringlich zu behandeln ist. Der vom Lebensministerium erstellte „Aktionsplan für die Umsetzung der österreichischen Strategie zur Anpassung an den Klimawandel“ beschreibt Auswirkungen und Maßnahmen, wie den veränderten Bedingungen zu begegnen ist. Kurz: Wintertourismus wird verlieren, Sommertourismus wird attraktiver. Problematisch werden die Anstrengungen, den Reiz der österreichischen Alpenlandschaft hoch zu halten. Schmelzende Gletscher und unbearbeitete Landwirtschaftliche Flächen werden zur Herausforderung.

Tourismus und Freizeitwirtschaft schaffen 15,1 % des BIP

Die österreichische Wirtschaft ist stark vom Tourismussektor abhängig, der einen hohen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt leistet (BMWFJ 2009). Der Wertschöpfungsanteil des Tourismus am BIP im Jahr 2010 lag unter Berücksichtigung aller vom Tourismus ausgelösten direkten und indirekten Effekte bei 7,5 %, jener von Tourismus und Freizeitwirtschaft zusammen bei 15,1 % (BMWFJ 2011). Außerdem zählt der Tourismus mit einem Anteil von rund 12 % Erwerbstätigen (direkte und indirekte Beschäftigungseffekte) zu den zentralen Ein-kommens- und Beschäftigungsgeneratoren. Im Jahresdurchschnitt 2010 gab es 180.964 unselbstständig Beschäftigte im Beherbergungs- und Gaststättenwesen, was 5,6 % aller unselbstständig Beschäftigten in Österreich entspricht (BMWFJ 2011). Im Kalenderjahr 2010 wurden in Österreich über 33,4 Millionen Gäste mit rund 124,9 Millionen Übernachtungen gezählt (BMWFJ 2011), wobei der Wintertourismus in den letzten Jahren ein kontinuierliches Wachstum verzeichnen konnte.

Hohe Betroffenheit der Tourismuswirtschaft

In diesem Aktivitätsfeld werden jene Segmente analysiert, die eine starke bis mäßige Klima-abhängigkeit aufweisen: Alpentourismus im Winter (z. B. Skifahren, Snowboarden, Langlau-fen) und im Sommer (z. B. Wandern, Mountainbiken), Seentourismus, Städtetourismus und Gesundheitstourismus.
Die zukünftige Entwicklung des Tourismus wird –  neben klimabedingten Faktoren – auch von anderen Aspekten, wie z. B. den sich ändernden Urlaubsmotiven (verbunden mit dem Wertewandel), dem demografischen Wandel, der internationalen politischen und auch wirtschaftlichen Situation sowie der Entwicklung auf dem Energiesektor beeinflusst. Die Herausforderung besteht darin, mit diesen geänderten Gegebenheiten sinnvoll umzugehen, sodass nicht Fehlanpassungen zu Lasten anderer Bereiche (z. B. Naturschutz, Wasser-, Energieverbrauch) vollzogen werden.

Temperaturanstieg um 1 Grad hebt Schneefallgrenze um 150 Höhenmeter

Für den alpinen Wintertourismus sind für Aussagen über die tatsächlichen Auswirkungen und die Verwundbarkeit regional differenzierte Betrachtungen erforderlich.
Grundsätzlich kann aber davon ausgegangen werden, dass der Rückgang der natürlichen Schneesicherheit in mittleren und tieferen Lagen zu einer Abnahme der klassischen Wintersportmöglichkeiten führt. So wird bei einer Erwärmung um 1 °C bis 2030 die natürliche Schneefallgrenze um ca. 150 m in die Höhe steigen. Für den Schneedeckenaufbau spielen jedoch nicht nur die mittleren thermischen Verhältnisse eine Rolle, sondern insbesondere die Temperatur, wenn Niederschlag fällt. Untersuchungen bzw. Berechnungen zeigen, dass ein gesicherter Schneedeckenaufbau für den Wintersport in Österreich regional höchst unter-schiedlich ist. So fallen derzeit in den alpinen Regionen Niederösterreichs und Oberösterreichs ab einer Seehöhe zwischen 1.000 und 1.100 m mindestens 90 des Winterniederschlages in Form von Schnee. Ab dieser Seehöhe kann man daher von einem natürlich gesicherten Schneedeckenaufbau ausgehen. In den westlichen alpinen Gebieten wird ein der-artig sicherer Schneedeckenaufbau großteils erst ab 1.300 m erreicht und in den südlich des Alpenhauptkammes gelegenen Regionen überwiegend ab 1.500 m, teilweise sogar erst ab 1.600 m Seehöhe.

Sommertourismus profitiert durch Renaissance der Sommerfrische

Grundsätzlich positiv wird sich der Klimawandel hingegen auf den alpinen Sommertourismus auswirken, sodass von einer geringen Verwundbarkeit ausgegangen werden kann. Es wird davon ausgegangen, dass die Zunahme an Hitzetagen im Mittelmeerraum eine Verlagerung der Touristenströme in den Alpenraum bewirkt, der durch ansteigende Luft- und Wassertemperaturen und geringere Niederschläge eine Renaissance als Sommerfrische-Destination erlebt. Alpine Regionen, in denen die Erholungssuchenden durch Auftauen der Permafrostböden, durch Zunahme der Felsstürze sowie durch eventuell vermehrt auftretende Extremwetterereignisse usw. einem steigenden Gefahrenpotenzial ausgesetzt sind, gelten nach derzeitigem Wissensstand als mäßig vulnerabel.

 Seentourismus wird attraktiver

Für den österreichischen Seentourismus werden prinzipiell positive Auswirkungen erwartet. Jedoch muss noch genau untersucht werden, wie sich höhere Temperaturen im Sommer und weniger bis keine Vereisung im Winter (höhere Durchmischung) auf die Wasserqualität der Badeseen auswirken. Für Österreichs einzigen Steppensee, den Neusiedler See, steigt durch eine Zunahme der Lufttemperatur die Verdunstung. Die Wahrscheinlichkeit der Unterschreitung markanter Seepegel ist stark abhängig selbst von kleinen Änderungen des zu-künftigen Niederschlages und ist deshalb nicht gesichert anzugeben (Schöner et. al. 2010).

 Städtetourismus darf mit Saisonverlängerung rechnen

Der Städtetourismus könnte im Hinblick auf den Klimawandel grundsätzlich profitieren, da durch eine Verlängerung der Saison mit einer Steigerung der Attraktivität gerechnet wird.
Der Klimawandel kann durch Auswirkungen auf andere Bereiche auch indirekte Folgen für den Tourismus haben. So sind Natur und Landschaft für die Wahl der Urlaubsdestination von großer Bedeutung – 79 % der SommerurlauberInnen geben an, in erster Linie wegen der Schönheit der Landschaft in Österreich Urlaub zu machen. Es besteht daher die Gefahr, dass Auswirkungen der Klimaänderung, wie z. B. abschmelzende oder völlig verschwundene Gletscher bzw. der Anblick von schneefreien Wintersportgebieten, die Attraktivität der Landschaft mindern werden.

Quelle: Strategie-Entwurf des Lebensministeriums