Entwurf für Neuregelung der Invaliditätspension

09. August 2012 Drucken

Das Sozialministerium  hat den Entwurf für eine Neuregelung der Invaliditätspension in Begutachtung geschickt. Für die befristete Invaliditätspension kommt das Aus. Anstelle von Pensionierung soll ein verlängertes Krankengeld treten. Die geringeren Pensionskosten und ein mehr an Steuern und Sozialversicherungseinnahmen bringen 700 Mio. Euro an Budgeteinsparungen, meint das Sozialministerium in einer Aussendung.  Die Begutachtungsfrist läuft bis 7. […]

Pension, Pensionsreform 2012, Newsroom

Invaliditätspension wird abgeschafft. Verlängertes Krankengeld soll Härten lindern. (c) Damaris/Pixelio.de

Das Sozialministerium  hat den Entwurf für eine Neuregelung der Invaliditätspension in Begutachtung geschickt. Für die befristete Invaliditätspension kommt das Aus. Anstelle von Pensionierung soll ein verlängertes Krankengeld treten. Die geringeren Pensionskosten und ein mehr an Steuern und Sozialversicherungseinnahmen bringen 700 Mio. Euro an Budgeteinsparungen, meint das Sozialministerium in einer Aussendung.  Die Begutachtungsfrist läuft bis 7. September 2012. Die Regelung soll 2014 in Kraft treten und für alle gelten, die nach dem 31.12.1963 geboren sind. 

Vorgabe

Das Ziel der Senkung der krankheitsbedingten Pensionierungen soll durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

  • Die befristete Invaliditätspension wird vollständig abgeschafft und zwar für alle, die am 1.1.2014 jünger als 50 Jahre alt sind. Die befristete Invaliditätspension läuft also in den nächsten Jahren aus.
  • Ist jemand vorübergehend invalid, d.h. so schwer krank, dass er  vorübergehend keine Tätigkeit ausüben kann, dann erhält er eine  Krankenbehandlung und Rehabilitationsgeld (verlängertes Krankengeld) von der Gebietskrankenkasse und/oder medizinische Rehabilitation von der Pensionsversicherung. Die Betroffenen werden nicht wie bisher in I-Pension geschickt, sondern nach einer umfassenden medizinischen Behandlung und ihrer Gesundung wieder in den Arbeitsprozess integriert.
  • Wer nur den erlernten Beruf krankheitsbedingt nicht mehr ausüben kann (Berufsunfähigkeit), bekommt in Zukunft eine Umschulung in einen vergleichbaren Beruf sowie Umschulungsgeld (und keine Pension mehr).

Die Neuerung im Detail:

  • Die befristete Invaliditätspension wird vollständig abgeschafft.
  • Im Zeitraum 2014 bis 2018 werden rund 15.000 Personen an einer beruflichen Umschulung teilnehmen und Umschulungsgeld beziehen. Rund 23.000 Menschen werden in diesem Zeitraum Rehabilitationsgeld beziehen.
  • Wer krank ist bzw. medizinische Reha braucht, erhält ab 2014 das sogenannte Rehabilitationsgeld in Höhe des Krankengeldes. Dabei handelt es sich um eine Art verlängerten Krankengeldanspruch (Höhe ist wie das erhöhte Krankengeld: 60 Prozent vom Letztbezug; durchschnittlich 1.167 Euro pro Monat).
    Beispiel.: Eine Krebserkrankung, die zwei Jahre bis zur Ausheilung braucht – bisher mussten diese Menschen in I-Pension gehen – nun Rehabilitationsgeld im Anschluss an Krankengeld und dann sofort Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt oder Umschulung.
  • Wer den erlernten Beruf krankheitsbedingt nicht mehr ausüben kann, geht nicht mehr wie bisher in Pension, sondern erhält eine qualitativ hochwertige Umschulung vom AMS (Berufsschutz = Qualifikationsschutz) Die Umschulung findet  in einem Bereich der gesundheitlich Sinn macht, in dem es Beschäftigungschancen gibt und der gemeinsam mit dem Betroffenen ausgesucht wird, statt. Der Betroffene hat durch seinen Berufsschutz auch einen Qualifikationsschutz. Er hat das Recht auf eine hochwertige Qualifikation  auf bisherigem Ausbildungsniveau (Lehrabschluss, Fachschule,..). Während der Dauer der Umschulung erhält der Betroffene Umschulungsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes plus 25 Prozent. (Damit ist das durchschnittliche Umschulungsgeld so hoch wie früher die durchschnittliche I-Pension).
  • Jene Menschen, die Rehabilitationsgeld bzw. Umschulungsgeld erhalten, haben künftig einen Rechtsanspruch auf medizinische Rehabilitation, wenn diese zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit notwendig ist.
  •  Die Kosten des Umschulungsgeldes werden vom AMS bezahlt, die Kosten der Umschulung werden dem AMS von der PVA ersetzt.
  • Nur bei dauerhafter Invalidität oder wenn eine berufliche Umschulung nicht zweckmäßig und zumutbar ist wird weiterhin I-Pension gewährt.

Zweckmäßigkeit: Berufliche Umschulung muss den Zweck der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt erfüllen können. Einen 61-Jährigen Mann drei Jahre umzuschulen, damit er dann nur  noch ein Jahr arbeitet ist nicht zweckmäßig, Die Umschulung würde hier mehr kosten, als sie Nutzen bringt.

Zumutbarkeit: Die Umschulung auf einen bestimmten Beruf muss den physischen und psychischen Eignungen und Neigungen, dem Gesundheitszustand und dem bisherigen Ausbildungsniveau der Person entsprechen.

Ist-Zustand:

Zur Zeit wird das Krankengeld für maximal 52 Wochen ausbezahlt. Ist jemand voraussichtlich länger als ein halbes Jahr arbeitsunfähig, wird befristete I-Pension gewährt. Menschen, die dem Arbeitsmarkt jahrelang nicht zur Verfügung stehen und unter gesundheitlichen Problemen leiden, haben oft große Schwierigkeiten, sich wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Befristete I-Pensionen münden häufig  in dauerhafte I-Pensionen.  Personen mit Berufsschutz sind bisher, wenn sie ihren Beruf nicht mehr dauerhaft ausüben konnten, in Pension gegangen. Berufsschutz bedeutet, dass eine Person dann berufsunfähig ist, wenn sie innerhalb eines gewissen Verweisungsfeldes (für jeden Beruf unterschiedlich) keinen Beruf mehr ausüben kann. Berufsschutz gilt für Personen, die einen Beruf erlernt haben. Ungelernte ArbeitnehmerInnen haben keinen Berufsschutz, sie sind auf den ganzen Arbeitsmarkt verweisbar.

 Problematik:

  • Derzeit gehen rund 70 Prozent der Menschen aus dem Krankenstand, der Notstandshilfe oder aus dem Krankengeldbezug in I-Pension.
  • Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter beträgt bei den Männern 59,2 und bei den Frauen 57,3 Jahre.
  • Das durchschnittliche I-Pensionsantrittsalter beträgt bei den Männern 53,7 und bei den Frauen 50,1 Jahre.
  • Rechnet man die I-Pension heraus, gehen Männer jetzt schon mit 62,7 Jahren und Frauen mit 59,4 Jahren in Pension.
  • Männliche Invaliditätspensionisten leben um ca. 10 Jahre kürzer als männliche Alterspensionisten. Sie beziehen auch die Pension um 1-2 Jahre kürzer als männliche Alterspensionisten.
  • Frauen mit I-Pension leben um 6-7 Jahre kürzer als jene mit Alterspension und beziehen die Pension im Durchschnitt gleich lang. 2011 lag die durchschnittliche monatliche Höhe der Invaliditätspension bei 957 Euro.
  • Im Jahr 2011 sind rund 7.200 Menschen unter 50 Jahren in Invaliditätspension gegangen. Davon waren ca. 6.400 befristet.

Für wen die Reform gilt:

  • Alle, die am 1.1.2014 jünger als 50 Jahre sind (Das heißt für alle, die nach dem  31.12.1963 geboren sind) – Regierung geht über eigene Ziele (IP unter 50) hinaus – Regelungen gelten in wenigen Jahren für alle.

 Organisatorische Begleitmaßnahmen:

  • Es wird ein „Kompetenzzentrum Begutachtung“ als einheitliche Begutachtungsstelle für unselbständig Beschäftigte bei der Pensionsversicherungsanstalt eingerichtet. Für selbständig Beschäftigte (Bauern, Gewerbliche) wird ebenso eine eigene Begutachtungsstelle eingerichtet.
  • In diesen Begutachtungsstellen werden medizinische und – mit Hilfe des AMS nun auch – berufskundliche Gutachten erstellt. Dieses berufskundliche Gutachten gibt Auskunft darüber, welche Umschulung sinnvoll ist.

Finanzielle Auswirkungen 2014-2018:

In der Pensionsversicherung ergeben sich in diesem Zeitraum Einsparungen von kumuliert 1 Milliarde Euro, weil mehr Menschen erwerbsaktiv sind und später in Pension gehen. Die von der PVA zu tragenden Kosten für die beruflichen Umschulungen werden rund 300 Mio. Euro betragen, sodass die PVA bis 2018 in Summe 700 Mio. Euro einspart.

  • Für das AMS wird im Zeitraum 2014 bis 2018 insgesamt ein Mehraufwand von rund 280 Mio. Euro erwartet. Die Mehrausgaben ergeben sich vor allem durch das Umschulungsgeld minus der Mehreinahmen durch die Arbeitslosenversicherungsbeiträge.
  • Die höheren Beiträge in den anderen Zweigen der Sozialversicherung (KV, UV) sowie die höheren Lohnsteuereinnahmen betragen bis 2018 insgesamt auch rund 280 Mio. Euro.

Flankierende Maßnahmen

Das AMS erhält die Förderung und Wiedereingliederung von gesundheitlich beeinträchtigten  Menschen in den Arbeitsmarkt als gesetzliche Aufgabe. Menschen können in Zukunft parallel zu gesundheitsfördernden Maßnahmen an niederschwelligen Wiedereingliederungsmaßnahmen teilnehmen  Für gesundheitlich beeinträchtigte Arbeitslose, die bereits Notstandshilfe erhalten, werden die Freibeträge bei der Partnereinkommensanrechnung (derzeit 515 Euro) um 50 Prozent auf 772,50 Euro erhöht. Dadurch erhalten diese Menschen eine höhere Notstandshilfe. 800 Menschen erhalten dadurch rund 165 Euro netto mehr im Monat.

Weitere Vorgangsweise

Bereits ab Herbst 2012 erstellt das AMS in ganz Österreich für gesundheitlich beeinträchtigte Menschen Perspektivenpläne, die trotz der gesundheitlichen Einschränkungen einen Weg zurück in den Arbeitsmarkt aufzeigen.

2. Arbeitsmarkt

Ab 2013 wird der 2. Arbeitsmarkt (sozialökonomische Betriebe; gemeinnützige Beschäftigungsprojekte) für die stufenweise Reintegration von Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausgebaut. Ziel ist die Reintegration in den 1. Arbeitsmarkt. Förderungen wie die Kombilohnbeihilfe und das Arbeitstraining werden weiterentwickelt, um die dauerhafte Arbeitsmarktintegration dieser Personengruppe zu unterstützen. Die Eingliederungsbeihilfe wird für Ältere und gesundheitlich Eingeschränkte verstärkt angeboten. Im Rahmen von Fit2Work wird  das Case Management für gesundheitlich beeinträchtigte Beschäftigte und Arbeitslose ausgebaut.

Das neue System soll ab 2014 in Kraft treten