Krise kommt bei mittelständischen Unternehmen an

29. Januar 2013 Drucken

Die Geschäftslage der österreichischen KMU hat sich laut einer Umfrage von Ernst & Young seit dem Vorjahr deutlich eingetrübt. Dabei verliere der heimische Arbeitsmarkt spürbar an Schwung. In der EU-Schuldenkrise sehen 78 Prozent den Höhepunkt noch bevorstehen. Hohe Zufriedenheit gibt es unter den Unternehmern mit dem Wirtschaftsstandort Österreich. Krise trifft Mittelstand „Die Euro-Finanzkrise bleibt auch […]

KMU, Mittelstand Österreich, Newsoom von Erste Bank und Sparkassen

40 Prozent der KMU bezeichnen sich in der Umfrage als uneingeschränkt zufrieden – im Winter 2012 waren es noch 58 Prozent. © Paul-Georg Meister/pixelio.de

Die Geschäftslage der österreichischen KMU hat sich laut einer Umfrage von Ernst & Young seit dem Vorjahr deutlich eingetrübt. Dabei verliere der heimische Arbeitsmarkt spürbar an Schwung. In der EU-Schuldenkrise sehen 78 Prozent den Höhepunkt noch bevorstehen. Hohe Zufriedenheit gibt es unter den Unternehmern mit dem Wirtschaftsstandort Österreich.

Krise trifft Mittelstand
„Die Euro-Finanzkrise bleibt auch für die heimischen Mittelstands-Unternehmen nicht ohne Folgen: Im Vergleich zum Vorjahr hat sich ihre Geschäftslage deutlich eingetrübt. Nur ein Drittel der Unternehmen ist zuversichtlich, was ihre eigenen Geschäftserwartungen betrifft“, heißt es  im „Mittelstandsbarometer“ von Ernst & Young Österreich. Das Beratungs- und Prüfungsunternehmen befragt halbjährlich 900 mittelständische Unternehmen zu ihrer Geschäftslage sowie zu ihren Einschätzungen zur wirtschaftlichen Lage Österreichs.

Hohe Rohstoffpreise
Spezielle Probleme sehen Unternehmen bei den steigenden Rohstoff- und Energiepreisen sowie dem geringen Wirtschaftswachstum in Europa. Die Krise macht sich auch am heimischen Arbeitsmarkt bemerkbar, der spürbar an Schwung verliert. Größere Einbußen der heimischen Wirtschaft sollten aber durch die vorhandene Investitionsbereitschaft der Unternehmer und der nach wie vor soliden wirtschaftlichen Ausgangslage vermieden werden.

Unternehmer erwarten keine große Veränderungen in ihrer Geschäftslage
88 Prozent der mittelständischen Unternehmen in Österreich bewerten ihre aktuelle Geschäftslage nach wie vor als gut oder eher gut. Aber nur noch zwei von fünf (40 Prozent) bezeichnen sich als uneingeschränkt zufrieden – im Winter 2012 waren es noch 58 Prozent. Spürbar eingetrübt hat sich die Geschäftslage bei Industrieunternehmen und im Sektor Bau/ Energie, wo der Anteil an positiven Bewertungen gegenüber August 2012 um 10 bzw. 7 Prozentpunkte gesunken ist.
In Hinsicht auf die weitere Entwicklung der Geschäftslage in den nächsten Monaten erwarten nur drei von zehn Mittelständlern (30 Prozent) eine Verbesserung ihrer Geschäftslage. Der Großteil der Unternehmer (61 Prozent) geht davon aus, dass die Lage stabil bleibt. Im Durchschnitt rechnen die Befragten mit einem leichten Umsatzplus von 0.7 Prozent und stabilen Gewinnen. Nur jedes neunte Unternehmen (11 Prozent) befürchtet einen Abschwung bzw. einen leichten Umsatzrückgang. Dienstleister und Industrieunternehmen zeigen sich insgesamt deutlich zuversichtlicher als der Handel und Unternehmen aus dem Bereich Bau/Energie.

Allgemeine Wirtschaftslage in Österreich: Mehr Pessimisten als Optimisten
Waren es im August des Vorjahrs noch 22 Prozent, die der Entwicklung der österreichischen Wirtschaftslage pessimistisch entgegenblickten, sind es im Jänner 2013 schon 27 Prozent. Ihnen stehen nur 18 Prozent Konjunkturoptimisten gegenüber. In allen vier befragten Branchen – Dienstleistung, Handel, Industrie, Bau/ Energie – überwiegt der Anteil an Pessimisten, besonders skeptisch sind Vertreter aus dem Bereich Bau/ Energie und Industrie. Knapp die Hälfte der Befragten (45 Prozent) traut sich nicht, eine Prognose abzugeben, wann mit einem Aufschwung gerechnet werden kann.  Knapp ein Drittel (29 Prozent) rechne jedoch mit einem Zeitraum von zwei Jahren. Auch in Hinsicht auf die Weltkonjunktur ist im Mittelstand noch kein großes Aufatmen spürbar: Die Zahl der Pessimisten hat von Jänner 2012 auf Jänner 2013 zwar abgenommen (von 44 auf 35 Prozent), dennoch rechnet immer noch mehr als ein Drittel (35 Prozent) der Unternehmer mit einer Verschlechterung der Lage. Knapp die Hälfte (49 Prozent) erwartet eine gleich bleibende Entwicklung.

Geringes Beschäftigungswachstum, Arbeitsmarkt stagniert
„Zwar plant jedes fünfte Unternehmen im kommenden Jahr seine Investitionen in Ausrüstung, Maschinen, Bauten etc. zu steigern, beim Thema Personal hingegen zögert die Mehrheit“, heißt es in der Umfrage. Der Anteil der mittelständischen Unternehmen, die zusätzliche Mitarbeiter einstellen wollen, ist seit August des Vorjahres von 27 auf 14 Prozent gesunken. Jedes zehnte Unternehmen plant, Personal abzubauen. Positives gibt es dafür im Bereich Fachkräfte: Der Fachkräftemangel hat sich seit dem Sommerbericht etwas entschärft. Hatte im August noch jeder vierte Unternehmer erhebliche Probleme, geeignete Mitarbeiter zu finden, ist es im Jänner nur noch jeder achte. Dennoch scheint vielen die Furcht vor fehlenden Topkräften im Nacken zu sitzen – die Hälfte der Befragten befürchtet Umsatzeinbußen im Falle eines Fachkräftemangels.

Konjunkturrisiken: Rohstoff- und Energiepreise
Als größte Gefahren für die konjunkturelle Entwicklung in Österreich nennen die Mittelständler hohe Rohstoffpreise (68 Prozent), geringes Wirtschaftswachstum bzw. Rezession in europäischen Ländern (63 Prozent) sowie hohe Energiepreise (61 Prozent). Auch die Verunsicherung der Verbraucher wegen der Staatsschuldenkrise in Europa und die Folgen der Sparprogramme in einigen europäischen Ländern betrachten jeweils 61 Prozent als großes Risiko. Für immerhin 58 Prozent stellen die geringe Stabilität des Finanzsektors, restriktivere Kreditvergabe bei Banken (57 Prozent) bzw. eine Abschwächung des Wachstums im außereuropäischen Ausland wie China oder die USA (44 Prozent) eine Gefahr dar.

Schuldenkrise rüttelt an Stabilität des Mittelstands
Die Finanzkrise in einigen europäischen Ländern macht sich auch bei den heimischen Mittelstandsunternehmen bemerkbar: 44 Prozent der Befragten geben an, infolge der aktuellen Schuldenkrise derzeit Umsatzeinbußen zu erleiden. 84 Prozent der Unternehmen sind der Meinung, dass auch Österreich am Ende in erheblichem Umfang für die Schulden von Euroländern aufkommen wird müssen. 78 Prozent befürchten außerdem, dass der schlimmste Teil der Schuldenkrise noch bevorsteht. Sollte sich die Konjunktur in den nächsten sechs Monaten noch weiter abkühlen, sieht sich immerhin jedes fünfte Unternehmen gefährdet. Nur noch ein Viertel bewertet den eigenen Zustand in diesem Zusammenhang als „sehr stabil“. Im August lag dieser Wert noch bei 42 Prozent. Als wichtigste vorbereitende Maßnahmen auf die Konjunkturabkühlung werden Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogramme (62 Prozent) sowie Wachstums- und Vertriebsinitiativen (49 Prozent) gemacht. Dementsprechend hat für die Mehrheit der Unternehmen (71 Prozent) derzeit die Sicherung der Stabilität Priorität vor allen anderen Zielen.

Mittelständler sehr zufrieden mit Standort Österreich
Ungeachtet der eher trüben wirtschaftlichen Aussichten herrscht unter den österreichischen Mittelstandsunternehmen große Zufriedenheit (80 Prozent; 2012: 68 Prozent)) mit der landesweiten Politik für den Wirtschaftsstandort Österreich. Neun von zehn Unternehmen bewerten die aktuellen lokalen Rahmenbedingungen für ihr Unternehmen positiv. Als Maßnahmen für noch mehr Attraktivität nennen 89 Prozent der Befragten die Senkung der Lohnnebenkosten, 85 Prozent fordern Bürokratieabbau bzw. schnellere Genehmigungsverfahren, und 83 Prozent setzen auf Steuerentlastungen.

Der Mittelstandsbarometer
Im Rahmen seiner „Agenda Mittelstand“ befragt Ernst & Young die mittelständischen Unternehmen seit Jänner 2008 regelmäßig hinsichtlich ihrer Stimmungen, Top-Themen und Perspektiven. Beim aktuellen Halbjahresupdate des Mittelstandsbarometers 2013 wurden 900 mittelständische Unternehmen in Österreich befragt. Die letzte Befragung fand im August 2012 statt.