Fracking spaltet Wissenschaft

11. April 2013 Drucken

Wien (APA) In Österreich ist es unumstritten schlecht, in Europa größtenteils verpönt, und in den USA hat es angeblich zum Wirtschaftswachstum geführt: Fracking. Ob Europa es den Amerikanern gleichtun und seine Schiefergasressourcen nutzen sollte oder besser die Finger von der risikofreudigen Methode und dem fossilen Brennstoff lässt, darüber waren sich Experten bei der Generalversammlung der […]

Schiefergas-Abbau, Fracking, Was ist Fracking, Schiefergas Österreich

Experten vergleichen die Schiefergas-Euphorie mit der Dotcom- und der Immobilienblase. © APA

Wien (APA) In Österreich ist es unumstritten schlecht, in Europa größtenteils verpönt, und in den USA hat es angeblich zum Wirtschaftswachstum geführt: Fracking. Ob Europa es den Amerikanern gleichtun und seine Schiefergasressourcen nutzen sollte oder besser die Finger von der risikofreudigen Methode und dem fossilen Brennstoff lässt, darüber waren sich Experten bei der Generalversammlung der Europäischen Geowissenschaftlichen Union (EGU) in Wien uneins.

Keine Generalisierung
Ein kategorisches „Nein zu Fracken“ sei ein Schuss ins eigene Knie, sagte Jesus Carrera vom Department of Geosciences am spanischen Institute of Environmental Assessment and Water Research. Doch die Schiefergasförderung hätte u.a. große Auswirkungen auf den Boden und würde viel Wasser verbrauchen. Außerdem könnten Wasserreservoirs im Gestein durch das Fracken selbst oder undichte Bohrrohre verunreinigt werden. Einige der Zusatzstoffe, die dem Frack-Wasser beigemischt werden, wären hochgiftig für Mensch und Umwelt, selbst wenn sie beim Fracken sehr stark verdünnt sind. „Die Zahl der Vorfälle würde vermutlich nicht sehr groß sein, aber ihre möglichen Auswirkungen sehr wohl“, sagte Carrera. Doch als Wissenschafter soll man sich nicht vor dem Risiko fürchten, sondern es abwägen, meinte er. Dafür könne man sich durchaus Zeit nehmen, denn das Schiefergas würde inzwischen nicht aus dem Boden verschwinden.

Schiefergasfelder verlangen unterschiedliche Methoden
Man müsse jedes Gebiet einzeln ansehen und beurteilen, sagte Brian Horsfield vom Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ). So wären etwa die Schiefergasfelder in Deutschland und Großbritannien sehr unterschiedlich. Er halte es für notwendig, dass man Testbohrungen macht, um zu untersuchen, wie viel Schiefergas man überhaupt gewinnbringend fördern könnte.

„Angstmacherei“
Um das derzeit größte Problem, den Klimawandel, in den Griff zu bekommen, müsse man so schnell wie möglich von fossilen Brennstoffen wegkommen; Schiefergas würde dies nur verzögern, so Jurrien Westerhof von Greenpeace Österreich. „Das Dümmste, was man tun kann, ist die Wende zu erneuerbarer Energie aufzuschieben“, sagte er. Mit dem Argument, die USA nutzen Schiefergas und kurbeln damit die Wirtschaft an, würde man den Europäern Angst machen, dass sie in Armut sterben, wenn sie nicht auch Schiefergas verwenden.

Ökonomische Auswirkungen unsicher
Aus der Sicht einer Regierung müsse man bei der Schiefergasförderung Dinge wie die sichere Energieversorgung, Arbeitsplätze, die Energiepreise mit Umweltrisiken und dem Klimawandel abwägen, so Tom Leveridge vom Climate Change Select Committee des House of Commons (Großbritannien). Schiefergas könnte eine günstige Energiequelle bis zur Energiewende sein und würde weniger CO2-Ausstoß verursachen als zum Beispiel Kohle, sagte er. Doch ob Schiefergas tatsächlich die Energiepreise senken könnte wie in den USA, und ob es in der britischen Öffentlichkeit überhaupt akzeptiert würde, sei unsicher.

Schiefergas-Euphorie wie Dotcom- und der Immobilienblase
Über die förderbaren Mengen an Schiefergas waren die Experten uneinig. Horsfield meinte, man könne ohne Testbohrungen darüber nichts sagen. Westerhof verglich die Schiefergas-Euphorie mit der Dotcom- und der Immobilienblase und prophezeite, dass Schiefergas sehr schnell aufgebraucht sei, wenn es so billig bleibt und weiter verprasst wird. „Wir haben reichlich Schiefergas“, sagte Carrera, aber er wünsche sich nicht die gleiche Situation wie in den USA, wo Energie billig ist, denn das würde zulasten der Umwelt gehen.
Um den Klimawandel aufzuhalten, wären Kohlenstoffspeicherung und Kernenergie Pleiten gewesen, „und ich fürchte, bei Schiefergas wird es das Gleiche sein“, sagte der Wissenschafter. „Wir haben mit Schiefergas viel Energie unter unseren Füßen, aber ich glaube, sie wird dort auch bleiben“, so Horsfield.

 

Mehr zum Thema: