NEWSROOM-Wissen: Die Europäische Bankenunion und ihre Regeln

09. Dezember 2013 Drucken

Die Europäische Bankenunion soll dem Finanzsystem Europas höhere Stabilität verleihen. Wie soll das aber genau passieren? Rainer Münz, Leiter des Research & Knowledge Center der Erste Group, erklärt in wenigen Minuten, wie sich Stresstests und eine zentrierte Bankenaufsicht auf das Finanzgeschäft der nahen Zukunft auswirken wird. Verfolgen Sie den Beitrag im Video und  – zum Querlesen […]

Die Europäische Bankenunion soll dem Finanzsystem Europas höhere Stabilität verleihen. Wie soll das aber genau passieren? Rainer Münz, Leiter des Research & Knowledge Center der Erste Group, erklärt in wenigen Minuten, wie sich Stresstests und eine zentrierte Bankenaufsicht auf das Finanzgeschäft der nahen Zukunft auswirken wird. Verfolgen Sie den Beitrag im Video und  – zum Querlesen – als Textbeitrag. 

Der Zweck und die Mittel

Europa plant eine Bankenunion. Darunter versteht man eine zentrale oder gemeinsame Verantwortung für die Finanzaufsicht, die Einlagensicherung und die Sanierung oder Abwicklung von Kreditinstituten innerhalb der Europäischen Union. Wozu ist eine derartige Institution aber nötig?

Das Problem

Große Geschäftsbanken und Staaten, in denen diese Banken Geschäfte machen, sind stark miteinander verflochten. Seit Beginn der Finanzkrise hat sich diese Verflechtung noch verstärkt. Denn es wird erwartet, dass Staaten die im eigenen Land tätigen Banken retten, wenn diese ein Problem haben. Zwischen 2007 und heute gab es in Europa etliche solcher Rettungsaktionen: In Spanien gerieten viele kleinere Sparkassen in eine Schieflage. In Deutschland, Großbritannien, Irland und den Benelux-Staaten mussten hingegen mittlere und größere Banken gerettet werden. Auch in Österreich gab es drei solche Fälle. Zumeist waren und sind es notleidende Kredite, die den Banken zu schaffen machen.

Rettung durch Geldspritzen

Viele gerettete Institute sind heute zum Teil oder zur Gänze verstaatlicht. Andere erhielten das Geld vom Staat nur geliehen. Beides ist klarerweise eine Belastung für den Staatshaushalt. Irland musste deshalb den Rettungsschirm der Eurozone in Anspruch nehmen. Auch Spanien, Griechenland und Zypern haben Geld aus dem Rettungsschirm dazu benützt, um ihre Banken mit frischem Kapital auszustatten.

Staaten suchen Investoren

Die Abhängigkeit zwischen Großbanken und Staaten besteht allerdings auch in der Gegenrichtung: Manche EU-Staaten finden für ihre Staatsanleihen kaum noch ausländische Investoren. Heimische Banken füllen oft die Lücke und kaufen in größerem Stil Anleihen dieser Länder. Damit aber steigt das Risiko für Banken, denn im Fall einer Staatspleite haben auch sie ein doppeltes Problem. Griechenlands Banken sind dafür ein gutes Beispiel: Sie litten nicht unter einer Immobilienblase, sondern hatten zu viele griechische Staatsanleihen gezeichnet.

Nationale Interessen beschützten Heimbanken

Es gibt ein drittes Naheverhältnis. In der Vergangenheit haben sich nationale Aufseher von Banken in erheblichem Maß von nationalen Interessen leiten lassen. EU-.Kreise sind der Ansicht, dass die irische und die spanische Aufsichts-Behörden zu nachsichtig mit den eigenen Banken umgegangen seien,  um eine weitere Destabilisierung des Immobilienmarktes dieser beiden Länder zu verhindern. Aber auch die beiden unter der Regie der Europäischen Bank-Aufsichtsbehörde EBA durchgeführten Stress-Tests größerer Banken schufen kein neues Vertrauen, denn einige als sicher eingestufte Institute haben sich in der Zwischenzeit als Problemfälle entpuppt.

US-Banken waren faule Kredite aus Bilanzen

Was jedenfalls bleibt, ist ein markanter Unterschied zwischen den USA und Europa. Jenseits des Atlantiks wurden die Bankbilanzen viel konsequenter um faule Kredite bereinigt. Und es wurden zehnmal so viele Banken mit zu vielen Problemkrediten oder zu geringem Eigenkapital abgewickelt wie in Europa. Die US-Einlagensicherung verhinderte, dass Sparkunden dabei zu Schaden kamen. Nach dieser Bereinigung machen Banken in den USA wieder gute Gewinne, während sich seit 2011 vor allem in Südeuropa die Verluste der Banken häufen.