
Ab 2014 gilt für Rumänien und Bulgarien die uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit. |© Dieter Schütz/pixelio.de
Seit 1. Januar 2014 gilt auch für Rumänien und Bulgarien die uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit. Deren EU-Rechte wurden nach deren EU-Beitritt 2007 im Bereich der Freizügigkeit für eine Übergangsfrist von maximal sieben Jahren eingeschränkt. Von dieser Möglichkeit hatten unter anderem Österreich und Deutschland Gebrauch gemacht. Die EU-Kommission hat die wichtigsten Fakten zusammengefasst.
Rechte der EU-Bürger
Welche Rechte habe ich als EU-Bürger, wenn ich in ein anderes EU-Land gehe?
Alle EU-Bürger haben durch die EU-Verträge das Recht auf Freizügigkeit. Dazu gehört auch das Recht, in einem anderen Mitgliedstaat Arbeit zu suchen.
In den ersten drei Monaten darf sich jeder EU-Bürger ohne Vorbedingungen in einem anderen EU-Land aufhalten.
Nach den ersten drei Monaten gelten je nach Status unterschiedliche Bedingungen:
– Arbeitnehmer und Selbständige sowie ihre direkten Familienangehörigen haben ein Recht auf Aufenthalt, das keinen Bedingungen unterliegt.
– Arbeitsuchende haben – ohne Bedingungen – sechs Monate oder sogar länger ein Recht auf Aufenthalt, wenn sie im EU-Aufnahmeland weiter nach einer Beschäftigung suchen und eine „begründete Aussicht“ auf Arbeit haben. Arbeitsuchende können während der Arbeitsuche in einem anderen Mitgliedstaat mindestens drei Monate lang Arbeitslosenunterstützung von ihrem Herkunftsmitgliedstaat erhalten, wenn sie dort zuvor als arbeitslos registriert wurden.
– Studierende und andere Nichterwerbstätige (z. B. Arbeitslose, Rentner) haben länger als drei Monate ein Recht auf Aufenthalt, wenn sie für sich selbst und ihre Familie über genügend finanzielle Eigenmittel verfügen, so dass sie für das Sozialsystem des EU-Aufnahmelandes keine Belastung darstellen, und eine Krankenversicherung haben. Nach fünfjährigem ununterbrochenem rechtmäßigem Aufenthalt erwerben EU-Bürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Daueraufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat und unterliegen damit nicht mehr den in den vorangegangenen fünf Jahren geltenden Bedingungen.
Rechter der Arbeitnehmerfreizügigkeit
Welche Rechte gelten im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit?
EU-Arbeitnehmer haben seit den 1960er Jahren das Recht, in einem anderen Mitgliedstaat zu arbeiten; dieser Rechtsanspruch wurde bereits im Jahr 1957 in den EU-Verträgen verankert.
Damit wurde jede Ungleichbehandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen abgeschafft.
Diese Rechte wurden in den letzten Jahren durch weitere Rechtsvorschriften spezifiziert. Gleiche Rechte haben EU-Arbeitnehmer insbesondere auch bei sozialen und steuerlichen Vergünstigungen, den Zugang zu Aus- und Weiterbildung, der Zugehörigkeit zu Gewerkschaften sowie den Zugang zu Wohnraum und zu Bildung für Kinder.
Welche Vorteile bringt die Arbeitnehmerfreizügigkeit?
Von der Freizügigkeit der Arbeitnehmer profitieren nicht nur die betroffenen Personen, sondern auch die Wirtschaftssysteme der Mitgliedstaaten, da ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften schneller ausgeglichen werden kann. Das hilft auch deutschen Unternehmen angesichts von Fachkräftemangel und alternder Bevölkerung. Trotz der Wirtschaftskrise sind derzeit in der EU nach wie vor etwa zwei Millionen offene Stellen nicht besetzt.
Die Freizügigkeit abschaffen oder einschränken – was denken die Bürger
Eurobarometer-Umfragen zeigen, dass 56 Prozent der EU-Bürger die Freizügigkeit für die größte Errungenschaft der Europäischen Union halten. In Deutschland sind es sogar 66 Prozent.
Wie viele Menschen leben in einem anderen EU-Land?
Über 14 Millionen EU-Bürger leben in einem anderen Mitgliedstaat. Die Möglichkeit, überall in der EU zu leben, zu arbeiten und zu studieren – für die Menschen in Europa ist das eine der wichtigsten Errungenschaften der EU.
Wie wirkt sich die Arbeitnehmermobilität auf die Systeme der sozialen Sicherheit in den Mitgliedstaaten aus?
Die überwältigende Mehrheit der EU-Bürger/-innen, die in ein anderes EU Land ziehen, wollen dort eine Arbeit aufnehmen. Ihre Beschäftigungsquote (68 Prozent) ist daher im Durchschnitt höher als die der ansässigen Bevölkerung (65 Prozent).
In den meisten Mitgliedstaaten tragen mobile EU-Bürger als Nettozahler zum Sozialsystem des Aufnahmemitgliedstaats bei – sie zahlen mehr an Steuern und Sozialbeiträgen, als sie im Gegenzug an Leistungen erhalten. Auch bei den Kosten für öffentliche Dienstleistungen, die sie im Aufnahmestaat in Anspruch nehmen, sind sie eher Nettozahler.
Geringe Sozialmigration: In Dtld. 4,2 Prozent
Die meisten mobilen EU-Bürger, die nicht erwerbstätig sind, sind Rentner, Studierende oder Arbeitssuchende (71 Prozent). Ihr Anteil an der EU-Bevölkerung insgesamt beträgt maximal 1 Prozent. Von denjenigen, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, haben 64 Prozent zuvor in ihrem derzeitigen Wohnsitzland gearbeitet und 79 Prozent leben in einem Haushalt, in dem mindestens ein Mitglied erwerbstätig ist. Von den knapp fünf Millionen Arbeitssuchenden und Arbeitslosen in Deutschland im September 2013 stammten ca. 270.000 aus einem anderen EU-Land.
Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Großzügigkeit der Sozialsysteme und dem Zuzug mobiler EU-Bürger. EU-Bürger aus anderen Mitgliedstaaten nehmen Leistungen der sozialen Sicherheit nicht stärker in Anspruch als die Staatsangehörigen des Aufnahmelandes. Nicht erwerbstätige mobile EU-Bürger machen nur einen geringen Prozentsatz der Empfänger von Sozialrenten, Beihilfen zur Invalidität und zur Arbeitssuche aus. Die finanziellen Auswirkungen auf die nationalen Sozialhaushalte sind daher gering. In Deutschland waren 2012 nur 4,2 Prozent der Arbeitssuchenden, die Sozialleistungen erhielten, mobile EU-Bürger.
Wer hat nach EU-Recht Anspruch auf Sozialhilfe in einem anderen Mitgliedsland?
Das EU-Recht sagt ganz klar: Es gibt ein Recht auf Freizügigkeit, aber kein Recht auf Einwanderung in die nationalen Sozialsysteme. Freizügigkeit heiß nicht, frei Sozialleistungen zu beziehen. Laut EU-Recht haben nur arbeitende EU-Bürger Recht auf Sozialleitungen. Für nicht erwerbstätige mobile EU-Bürger gelten besondere Schutzvorkehrungen.
Welche Schutzvorkehrungen für den Erhalt von Sozialhilfe gelten für nicht erwerbstätige EU-Bürger?
Grundsätzlich gilt: Um Sozialhilfe zu erhalten, muss man als EU-Bürger entweder arbeiten oder seinen dauerhaften Aufenthaltsort in dem jeweiligen Mitgliedsstaat haben.
In den ersten drei Monaten ist das EU-Aufnahmeland nach EU-Recht nicht verpflichtet, nicht erwerbstätigen EU-Bürgerinnen und -Bürgern Sozialhilfe zu gewähren.
Für den Zeitraum ab drei Monaten bis zu fünf Jahren gilt: Nicht erwerbstätige EU-Bürger dürften in der Praxis kaum einen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen haben, da sie, bevor ihnen das Recht auf Aufenthalt zuerkannt wurde, gegenüber den nationalen Behörden nachweisen mussten, dass sie über genügend finanzielle Eigenmittel verfügen (siehe oben).
Bei Mißbrauch Ende der Aufenthaltserlaubis
Auch für den Fall, dass sich ihre wirtschaftliche Situation anschließend verschlechtert, gelten nach EU-Recht weitere Schutzmaßnahmen für den Erhalt von Sozialhilfeleistungen.
Gelangen die Behörden auf der Grundlage einer Einzelfallbeurteilung zu dem Schluss, dass die betreffenden Personen aufgrund des Antrags auf Sozialhilfe zu einer unverhältnismäßigen Belastung geworden sind, können sie für diese das Recht auf Aufenthalt aufheben.
Nach fünf Jahren können EU-Bürger genauso wie Staatsangehörige des EU-Aufnahmelandes Sozialhilfe beantragen. Nach EU-Recht sind hierbei keine Ausnahmeregelungen zulässig.
Wer hat Anspruch auf Leistungen der sozialen Sicherheit?
Arbeitnehmer und Selbständige sowie ihre Familienangehörigen sind im System der sozialen Sicherheit des Aufnahmelandes zu denselben Bedingungen wie dessen Staatsangehörige versichert, da sie, wie alle anderen inländischen Erwerbstätigen, durch ihre Beiträge und Steuern in die entsprechenden staatlichen Fonds einzahlen.
Für nicht erwerbstätige EU-Bürger gilt: Nach den EU-Vorschriften ist der Wohnmitgliedstaat nur dann für den Sozialversicherungsschutz zuständig, wenn die betreffenden Personen einen strengen Test zur Feststellung des gewöhnlichen Aufenthaltsortes durchlaufen haben, der den Nachweis darüber erbringt, dass sie eine echte Verbindung zu dem fraglichen Mitgliedstaat haben.
Mit welchen EU-Rechtsinstrumenten können die Mitgliedstaaten Missbrauch verhindern?
Das EU-Recht umfasst strenge Sicherheitsmaßnahmen, um einen Missbrauch des Rechts auf Freizügigkeit zu verhindern. Die EU-Länder können Maßnahmen erlassen, um die Freizügigkeitsrechte im Falle von Rechtsmissbrauch oder Betrug – wie Scheinehen oder gefälschte Dokumente – zu verweigern, aufzuheben oder zu widerrufen. Solche Maßnahmen müssen aber verhältnismäßig sein und sie unterliegen Verfahrensgarantien. Die nationalen Behörden können Einzelfälle untersuchen, wenn sie einen begründeten Verdacht auf Missbrauch haben. Wenn sie zu dem Schluss gelangen, dass tatsächlich Missbrauch vorliegt, können sie das Recht der Person auf Aufenthalt widerrufen und sie aus ihrem Hoheitsgebiet ausweisen.
Zudem können die nationalen Behörden nach der Bewertung aller relevanten Umstände und je nach Schwere des Vergehens (z. B. Dokumentenfälschung, Scheinehe unter Beteiligung des organisierten Verbrechens) entscheiden, dass die Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt und auf dieser Grundlage – zusätzlich zur Ausweisung – ein Aufenthaltsverbot erlassen, das ihr die Rückkehr in das Hoheitsgebiet für eine bestimmte Zeit untersagt.