Die EU-Finanzminister haben sich auf die künftigen Regeln zur Schließung von Krisenbanken geeinigt. Der historische Entscheid sieht neben einem Mechanismus zur Abwicklung von Banken auch einen europäischen Abwicklungsfonds vor. Bankensprecher schätzen die zusätzlichen Kosten für heimische Banken auf 1,5 Mrd. Euro.
Elementare Neuerung der EU-Strukturen
Die Bankenunion bedeutet eine elementare Neuerung in den Strukturen der Europäischen Union. Sie umfasst in weiten Bereichen sämtliche EU-Mitglieder und liefert erstmals gemeinsame Maßstäbe für das Bankgeschäft. Experten bewerten es als entscheidend, dass erstmals Werkzeuge und Kriterien für das EU-weite Bankgeschäft geschaffen wurden, auch wenn ihre Dimensionierung (Höhe des Abwicklungsfonds, Durchgriffsrechte der Aufsicht, etc) noch nicht ausreichend sei. Ein Anziehen der Stellschrauben sei einfacher als deren Platzierung.
Keine Steuergelder mehr
Mit dem Aufbau eines Abwicklungsmechanismus und eines Fonds sollen Banken in Insolvenzgefahr geschlossen werden können, ohne dass Steuerzahler und Kleinsparer dafür herangezogen werden müssen. Die Instrumente sollen Ende 2014 stehen, sobald die Europäische Zentralbank die Aufsicht über die größten Geldhäuser der Eurozone 2014 übernommen hat.
Bankenunion ruht auf drei Säulen
Die neue EU-Richtlinie besteht aus drei elementaren Bausteinen
- EZB-Bankenaufsicht oder „Single Supervisery Mechanism“ (SSM): Die neue Behörde unter dem Dach der EZB wird im Laufe des Jahres 2014 beginnen, insgesamt 128 Banken des Euroraums einer Bilanzprüfung nach gemeinsamen Kriterien zu unterziehen (Asset Quality Review). Dazu werden ein bis zwei Prüfungen nach Krisensimulationen („Stresstest“) durchgeführt.
- Bankenabwicklung oder „Single Resolution Mechansim“ SRM: Wenn eine Bank in Insolvenzgefahr gerät, greifen die Mechanismen der Bankenabwicklung SRM, auf die sich die Finanzminister soeben geeinigt haben. Die Zustimmung des Parlamentes steht noch aus. Diese EU-Richtlinie wird für alle 28 Mitgliedsstaaten gelten und nicht nur für die Euro-Länder. Der Mechanismus der Bankenabwicklung greift neben den 128 Banken unter der EZB-Aufsicht auch bei rund 200 weiteren grenzüberschreitend tätigen Eurobanken, falls diese in Schieflage geraten.Die Entscheidungen über die Art und Weise der Abwicklung trifft eine neue Behörde (Single Resolution Board/ SRB). Im Normalfall sind daran die fünfköpfige SRB-Leitung und die Vertreter jener Länder beteiligt, die von der Bankenpleite betroffen werden. Kann sich das Gremium nicht einigen (bspw. Einspruch der betroffenen Ländervertreter), entscheiden die SRB-Spitzen alleine. Nur wenn in großem Stil SRF-Geld gebraucht wird, entscheiden die Vertreter aller SRM-Mit-gliedstaaten. Wenn die EU-Kommission den SRB-Bescheid nicht binnen 24 Stunden ablehnt oder abändern will, erlangt er Rechtskraft. Ansonsten entscheiden die EU-Finanzminister mit einfacher Mehrheit über die Bankenabwicklung.
- Bankenabwicklungsfonds, Notfallsfonds oder „Single Resolution Fund“ (SRF): Er ist der letzt Baustein in dem dreiteiligen Modul, das die Bankenunion ausmachen wird. Die EU-Pläne sehen vor, dass bis 2025 ein europäischer Fonds aufgebaut wird, in den die Institute insgesamt 55 Milliarden € einzahlen sollen. Wer dabei wieviel einzubringen hat, ist noch nicht bestimmt. Heimische Bankenvertreter gehen davon aus, dass österreichische Kreditinstitute wie in der Vergangenheit zwei bis drei Prozent der Summen beizusteuern haben. Dies bedeutet, dass heimische Banken pro Jahr bis zu 150 Millionen Euro pro Jahr in den Fonds einspeisen müssten. Bis 2025 wären dies 1,5 Mio. Euro. Damit wird die Last des Kapitalbedarfes für Banken erneut erhöht: Neben den Kapitalunterlegegungen nach Basel III in Milliardenhöhe müssen die heimischen Institute derzeit bereits eine Bankensteuer in Höhe von 625 Millionen Euro in das Bundesbudget abführen. Der Fonds könne in der Aufbauphase auch Kredite aufnehmen, falls er noch nicht ausreichend befüllt sei, so Teilnehmer. Das gepumpte Geld müsse aber letztlich von den Banken nachbezahlt werden.
„bail in“: Spareinlagen bis 100.000 Euro haften nicht
Guthaben von kleinen Sparern in einer Höhe von bis zu 100.000 Euro werden bei Bankenkrisen komplett geschützt . Bankkunden müssen in derartigen Ausnahmesituationen künftig bereits nach sieben statt bisher zwanzig Werktagen auf ihr Geld zugreifen können. Eines aber bleibt: Ab 2016 können Aktionäre, Anleihegläubiger und Einleger mit Guthaben von mehr als 100.000 Euro bei Rekapitalisierungen, Sanierungen und Abwicklungen in dieser Reihenfolge vorrangig zur Kasse gebeten werden („Bail-in“).
Steuerzahler sollen Pleiten nie mehr ausbaden
In der Finanzkrise hatten die EU-Länder insgesamt rund 1,6 Billionen Euro in gefährdete Geldhäuser gepumpt. Der neue Banken-Abwicklungsfonds soll am Ende bis zu 55 Milliarden Euro umfassen.
