
IT-Sicherheit: NSA bereitet den Boden für mehr IT-Sicherheit. Start ups profitieren. |© Gerd Altmann/pixelio.de
„Made in Austria“ wird nach dem Abhörskandal um den US-Geheimdienst NSA zu einem Sicherheitslabel – wie alles, das nicht aus den USA kommt. . Der Schutz von Daten vor dem Zugriff amerikanischer Spione wird zu einem Verkaufsargument, von dem junge Technologie-Unternehmen profitieren. Spezialisten für Sicherheits-Systeme wittern gute Geschäftschancen.
Bedarf an IT-Sicherheit
In Deutschland wird der Trend schon sprübar. „Der NSA-Skandal hat für uns einiges in Bewegung gesetzt“, sagt Philipp Baumgärtel von Protonet, einem Hamburger Start-Up, das Mittelständlern selbst entwickelte Server verkauft. Das Unternehmen wächst und wächst und wächst. Baumgärtel spricht von dreistelligen Prozentzahlen, Details will er aber nicht verraten. „Es gibt einen neuen Bedarf an IT-Sicherheit“, betont Florian Nöll vom Bundesverband für deutsche Start-Ups.
Die neue Vorsicht
Spätestens seit Ausbruch der NSA-Affäre im Sommer wollen viele Menschen und Unternehmen nicht mehr so arglos mit ihren Informationen im Netz umgehen. Die Sorge geht um, dass Firmen oder Regierungen problemlos Daten absaugen können. Laut dem Branchenverband Bitkom verschlüsseln nun rund fünf Millionen Deutsche ihre E-Mails. Das sind 9 Prozent der deutschen Internetnutzer. Im Juli waren es erst sechs Prozent. Damit kann zwar noch nicht von einer Trendwende die Rede sein, aber durchaus von einer gestiegenen Nachfrage nach Daten-Sicherheit.
NSA ist immer dabei
„Viele Internetnutzer wollen beim Surfen im Internet möglichst unerkannt bleiben“, sagt Bitkom-Präsident Dieter Kempf. Dies ist schwieriger geworden, denn Geheimdienste fangen weltweit mutmaßlich große Mengen an E-Mails, Telefongesprächen und anderem Datenverkehr ab. Dabei sollen auch direkt Glasfaserkabel zwischen Europa und den USA angezapft worden sein. Dies würde bedeuten, dass deutsche Internetnutzer beim Zugriff auf Google, Facebook oder Yahoo überwacht werden können – denn der Datenverkehr der großen US-Konzerne dürfte über deren Heimatland laufen.
Verschlüsselung für Chrome
Genau hier will das Berliner Start-Up Zenguard ansetzen. In einem Altbau im boomenden Bezirk Friedrichshain – umgeben von viel Baulärm – basteln die beiden 26-jährigen Gründer Simon Specka und Markus Hänel an ihrem bisher kostenlosen Programm „Zenmate“ zur Verschlüsselung des Datenverkehrs über den Google-Browser Chrome. Da könne theoretisch keine Regierung mitlesen, sagt Specka. Die Daten würden wie in einem virtuellen privaten Netzwerk chiffriert, bevor sie den eigenen Computer verließen, und dann zu einem vorher ausgewählten Server geschickt. Die aufgerufene Internetseite könne nicht mit der Person in Verbindung gebracht werden.
Administratoren fremder Netzwerke sind immer dabei
Bereits nach sechs Monaten hat Zenguard mit seinen derzeit 15 Mitarbeitern die Marke von einer Million Nutzern geknackt. Die beiden Gründer kamen auf die Idee eines solchen Verschlüsselungsprogramms, als sie im Ausland Online-Banking nutzten. „Ich weiß einfach, wie leicht der Administrator beispielsweise in einem Hotel-Netzwerk mitlesen kann“, sagt Hänel. „Die NSA-Affäre hat uns dann noch mal bestärkt, dass das wirklich benötigt wird“, ergänzt Specka. Die Menschen seien für das Thema sensibilisiert worden und es zeige sich, dass Deutschland einen großen Standortvorteil biete. „Hier herrschen einfach vernünftige Datenschutz-Regeln.“
Inländischer Standort wird zum wettbewerbsvorteil
Auch FastBill, ein Anbieter von Online-Buchhaltungsdiensten für kleine Unternehmen, wirbt mit deutschen Datenschutzstandards. „Vor allem ausländische Wettbewerber können die Anforderungen in Deutschland nicht erfüllen“, stellt Geschäftsführer Rene Maudrich fest. Kunden honorierten mittlerweile, dass FastBill-Server ausschließlich in Deutschland stünden. Dies sei ein Wettbewerbsvorteil. In der Bundesrepublik sorgen allein die Grundrechte und das Bundesverfassungsgericht für einen gewissen Schutz vor Ausspähungen. In den USA gibt es hingegen kaum Vorschriften für die Datensicherheit und im Gegensatz zu Europa auch keine Vorgaben für die Aufbewahrungsdauer gesammelter persönlicher Informationen.
IT-Sicherheit muss nicht mehr erklärt werden
Davon profitiert auch das Start-Up Boxcryptor aus Augsburg. Es bietet eine Verschlüsselungssoftware für die Auslagerung von Daten in ein virtuelles Rechenzentrum (Cloud) an und arbeitet mit fast allen bekannten Cloud-Dienstleistern wie Dropbox, Google und Box zusammen. „Unsere Programme haben wir komplett in Deutschland entwickelt. Zudem kontrollieren wir, wo die Daten abgelegt werden“, sagt Firmenchefin Andrea Pfundmeier. Im internationalen Wettbewerb helfe der Ruf Deutschlands, besonders sensibel mit Daten umzugehen. Vor der NSA-Affäre habe Boxcryptor noch erklären müssen, warum es sinnvoll sei, Informationen in den Rechenzentren im Internet zu verschlüsseln und dies bereits in Deutschland zu tun, bevor die Daten die Grenzen überqueren.
„Das fragt jetzt niemand mehr“, verrät Pfundmeier. Zudem klopften immer mehr Kunden aus dem Ausland an. Nach Bekanntwerden des Bespitzelungsskandals im Sommer sei der Umsatz von Boxcryptor um 40 Prozent gestiegen. Bitkom veranschlagt den Markt für Cloud Computing im vergangenen Jahr allein in Deutschland auf knapp 8 Mrd. Euro. Von diesem Boom profitiert auch der Softwareriese SAP. (APA/ag.)
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