Konzentration der europäischen Airlines wird weitergehen

20. November 2014 Drucken

Europas Fluggesellschaften gehören im globalen Wettbewerb zu den am wenigsten profitablen. Das zeigen die Gewinnwarnungen von Air France und Lufthansa in diesem Jahr. Darüber hinaus leidet die Europäische Union aufgrund unzureichender Investitionen perspektivisch an zu geringen Kapazitäten der Flughäfen. Die Auslastung reduziert die Aussicht darauf, die steigende Nachfrage auffangen zu können. Eine Analyse des Kreditversicherer Coface erwartet eine […]

Abflug: Europas Fluglinien stehen unverändert in einem harten Konzentrationsprozess.  Coface prophezeit ein US-amerikanisches Szenarion. © Dieter/pixelio.de

Abflug: Europas Fluglinien stehen unverändert in einem harten Konzentrationsprozess. Coface prophezeit ein US-amerikanisches Szenario. © Dieter/pixelio.de

Europas Fluggesellschaften gehören im globalen Wettbewerb zu den am wenigsten profitablen. Das zeigen die Gewinnwarnungen von Air France und Lufthansa in diesem Jahr. Darüber hinaus leidet die Europäische Union aufgrund unzureichender Investitionen perspektivisch an zu geringen Kapazitäten der Flughäfen. Die Auslastung reduziert die Aussicht darauf, die steigende Nachfrage auffangen zu können. Eine Analyse des Kreditversicherer Coface erwartet eine weitere Konzentration der europäischen Fluglinien.

Dramatisch steigender Wettbewerb

Während der Markt für Inlandsflüge in Amerika bereits 1978 für den Wettbewerb geöffnet wurde, leitete die EU die Liberalisierung erst 1997 ein. Seitdem können alle europäischen Fluggesellschaften innerhalb der Region ihre Routen und Preise ohne Restriktionen selbst gestalten. Der so entstandene einheitliche Markt machte den Weg für neue Wettbewerber frei, zumeist Billigflieger. Sie drückten die Ticketpreise für Inlandsflüge deutlich nach unten. Von 1992 bis 2012 hat sich die Zahl der Strecken, die von mehr als zwei Gesellschaften bedient wird, nach Zahlen der OAG (Official Airline Guide) vervierfacht. Gleichzeitig wuchs der Wettbewerb auf den Langstrecken durch die Airlines aus den Golf-Staaten, die sich mit exzellenter Performance auf dem Markt etablierten. Dies hängt besonders mit der offensiven Strategie der Golf-Länder zusammen, die Region nach vorne zu bringen. Auch die Beteiligungen von Golf-Airlines an europäischen Fluggesellschaften haben stark zugenommen. Sie wollen so neue Flugrechte erlangen.

Die Nettoerträge der europäischen Airlines liegen weit unter jenen der globalen Konkurrenten. |© Coface  (zum Vergrößern bitte anklicken)

Die Nettoerträge der europäischen Airlines liegen weit unter jenen der globalen Konkurrenten. |© Coface (zum Vergrößern bitte anklicken)

Hubs verlagern sich

Mit einer Marktdurchdringung von 51.000 Sitzen auf eine Million Einwohner scheint der europäische Markt relativ gut entwickelt zu sein. Dagegen erscheint die Verbindung von wachsendem Wohlstand und Flugverkehr in den aufstrebenden Ländern wesentlich deutlicher ausgeprägt. Bei einem BIP-Wachstum um zehn Prozent steigt dort die Nachfrage nach Flügen um 20 Prozent, in den entwickelten Ländern um 15 Prozent. Das größte Wachstumspotential gibt es aktuell und zukünftig in Asien. In China beispielsweise nahmen die Flüge je Woche nach IATA-Zahlen zwischen 1992 und 2012 von 20.184 auf 52.651 zu.

Teure Flughäfen mit begrenzten Kapazitäten

Die gesamte europäische Luftfahrt-Branche ist durch diese neuen Bedingungen geschwächt. Europas Fluggesellschaften gehören im globalen Wettbewerb zu den am wenigsten profitablen. Das zeigen auch die Gewinnwarnungen von Air France und Lufthansa in diesem Jahr. Darüber hinaus leidet die Europäische Union aufgrund unzureichender Investitionen perspektivisch an zu geringen Kapazitäten der Flughäfen. Die Auslastung reduziert die Aussicht darauf, die steigende Nachfrage auffangen zu können. Nach Berechnungen von SESAR (Single Europeak Sky ATM Research) könnten so die operativen Kosten bis 2050 um 50 Prozent steigen.

Amerikanisches Szenario

Angesichts dieses zunehmenden Wettbewerbsdrucks sind zwei Szenarien vorstellbar: massiv investieren, um an dem wachsenden Markt teilzuhaben, oder fusionieren, um zu überleben. Die zweite Variante ist die wahrscheinlichere. Vorgabe sind die Erfahrungen, die am amerikanischen Inlandsmarkt gemacht wurden. Dort kam es zu zahlreichen Fusionen. In den USA vollzogen sich die Veränderungen, die sich aus dem Federal Airline Deregulation Act vom Oktober 1978 ergaben, in drei unterschiedliche Phasen:

  • Phase 1 – Zunahme der Passagierzahlen durch neue Billigflieger: Frei kalkulierte Preise machten Flüge für mehr Lieferanten attraktiv und führten zu einer besseren Auslastung der Maschinen. Dies war auch Folge des Ertragsmanagements, das Delta Airlines 1984 einführte.
  • Phase 2 – Seit 2008 Konzentration des Marktes:  Immer mehr Anbieter verloren ihre die Profitabilität . Delta kaufte Northwest, Southwest kaufte AirTrans und American Airlines fusionierte mit US Airways. Die sieben größten Airlines der 1990er Jahre haben so drei große Carrier gebildet.
  • Phase 3 – Begrenzung der Kapazitäten: Es werden Skaleneffekte erzielt und Effektivitätssteigerungen der Netzwerke kombiniert. Die Konsequenz sind weniger Hubs und konsequente Ertragsorientierung.

In Europa gab es eine erste Fusionswelle (Air France/KLM, Lufthansa/Swiss Air Lines, British Airways/Iberia, etc.), die erhoffte deutliche Rentabilitätssteigerung blieb aber aus. Eine zweite Fusionsbewegung ähnlich der Phase 2 in Amerika, ist wahrscheinlich. Wollen europäische Super-Player gegen die ausländische Konkurrenz bestehen, würde das einhergehen mit neuen Problemstellungen, wie zum Beispiel weniger Flugzielen oder höheren Preisen.