Griechische Banken bleiben vorerst bis Montag geschlossen – erste Auswirkungen der Kapitalverkehrskontrollen spürbar

09. Juli 2015 Drucken
Griechische Banken bleiben vorerst bis Montag geschlossen – erste Auswirkungen der Kapitalverkehrskontrollen spürbar
Griechische Trucker stranden in Europa, Last-Minute-Buchungen bleiben aus. "Oxi" macht sich bemerkbar. |© APA © APA

Die griechischen Banken bleiben angesichts der schweren Finanzkrise mindestens zwei weitere Tage geschlossen. Den entsprechenden Ministerialerlass habe der stellvertretende Finanzminister Dimitris Mardas am Mittwoch unterzeichnet, berichtete das Staatsradio (ERT). Theoretisch könnten die Banken damit frühestens am Montag wieder öffnen, Experten rechnen aber mit einer Fortsetzung der Schließung. Kapitalverkehrskontrollen bleiben aufrecht Die geltenden Kapitalverkehrskontrollen waren Anfang […]

Die griechischen Banken bleiben angesichts der schweren Finanzkrise mindestens zwei weitere Tage geschlossen. Den entsprechenden Ministerialerlass habe der stellvertretende Finanzminister Dimitris Mardas am Mittwoch unterzeichnet, berichtete das Staatsradio (ERT). Theoretisch könnten die Banken damit frühestens am Montag wieder öffnen, Experten rechnen aber mit einer Fortsetzung der Schließung.

Kapitalverkehrskontrollen bleiben aufrecht

Die geltenden Kapitalverkehrskontrollen waren Anfang voriger Woche in Kraft getreten und sollten ursprünglich am Mittwochabend auslaufen. Pro Tag können die Griechen auch weiterhin höchstens 60 Euro von ihrem Konten abheben, wie es im Bericht des Staatsradios hieß. Überweisungen ins Ausland sind nur nach einer Genehmigung der Zentralbank und des Finanzministeriums möglich.

Banken laufen fest

Den griechischen Banken könnte nach Angaben von Insidern zudem in den nächsten zwei bis drei Tagen das Geld ausgehen, wenn die Kreditgeber sich nicht auf weitere Hilfen für das Land verständigen. Ein Banker schätzte, dass noch für zwei bis drei Tage Bargeld im System sei. Derzeit sind die Banken in Griechenland geschlossen. Überweisungen ins Ausland sind nicht möglich.

Frische 1,6 ;Mrd. konnten aufgenommen werden

Griechenland hat sich allerdings am Mittwoch auch kurzfristig frisches Geld am Kapitalmarkt besorgt. Wie der griechische Rundfunk unter Berufung auf die Schuldenagentur PDMA am Mittwoch berichtete, konnten insgesamt 1,625 Mrd. Euro für 26 Wochen in Form kurzlaufender Staatspapiere aufgenommen werden. Die Rendite der versteigerten Papiere lag – wie bei einer vergleichbaren Auktion im Vormonat – bei 2,97 Prozent. Athen hat sich das Geld geliehen, weil es am 10. Juli 2 Mrd. Euro Schulden refinanzieren muss. In der griechischen Finanzpresse wird damit gerechnet, dass das restliche Geld an diesem Donnerstag in die Staatskasse fließt. Denn dann dürfte Athen wie üblich im Rahmen eines gesonderten Verfahrens zusätzliche Wertpapiere versteigern.

Auswirkungen stark spürbar

Die Kapitalverkehrskontrollen führen in Griechenland zunehmend zum Zusammenbruch des Transportwesens. Die Transportunternehmen können ihre Lastwagen nicht betanken, weil die Besitzer täglich nur 60 Euro aus ihren Konten abheben können. Hunderte griechische Lastwagenfahrer im In- und Ausland haben keine Möglichkeit die Treibstoffe zu bezahlen. Auch den Banken dürfte in Kürze das Geld ausgehen.

Transportsystem bricht ein

„Ein Lastwagenfahrer braucht 4.000 Euro um aus Deutschland nach Griechenland zu kommen“, sagte Petros Skoulikidis, Präsident der Transportunternehmen Griechenlands (PSXEM) im griechischen Fernsehen. Die griechischen Kreditkarten werden im Ausland nicht mehr akzeptiert. Auch im Inland gebe es große Probleme. Lieferungen auf die Inseln sind nur gegen Barzahlung möglich. Auf den Inseln könne es bald zu Versorgungsengpässen kommen, sagten übereinstimmend Bürgermeister im griechischen Fernsehen.

Flugtickets nur gegen Cash

Auch Flugtickets können die Griechen nur mehr gegen Barzahlung oder Zahlung mit einer nicht in Griechenland ausgegebenen Kreditkarte erhalten. Mehr als 35 Airlines haben die griechischen Reiseagenturen informiert, dass sie deren Buchungen nicht mehr akzeptieren. Die Kunden müssen stattdessen direkt am Flughafenschalter zahlen. Das bestätigte die griechische Reiseagentur Thissea am Mittwoch.

Keine Last-Minute-Buchungen

Die Zahl der Last-Minute-Buchungen von Reisen nach Griechenland ist unterdessen dramatisch eingebrochen. Sie sei seit der Ankündigung des inzwischen abgehaltenen Referendums vor eineinhalb Wochen um 30 Prozent zurückgegangen, sagte der Chef des griechischen Tourismusverbands, Alexander Lamnidis, am Mittwoch. Für gewöhnlich handelt es sich bei etwa jeder fünften Urlaubsreise nach Griechenland um eine Last-Minute-Reise.

Sorge um stärksten Wirtschaftszweig

Lamnidis forderte eine schnelle Einigung mit den internationalen Geldgebern auf ein neues Hilfspaket. Sollte die derzeitige Ungewissheit noch zwei, drei Wochen anhalten, drohten „einige Probleme, vor allem bei der Versorgung“, warnte der Chef des Tourismusverbands. Auf den Insel gebe es bereits „ab und zu“ Probleme mit Bargeld. Die Kapitalkontrollen hinderten griechische Unternehmen zudem daran, Waren wie beispielsweise Fleisch aus dem Ausland zu bezahlen. Die Tourismusbranche ist für die griechische Wirtschaft von entscheidender Bedeutung. Im vergangenen Jahr machten laut griechischem Tourismusverband 24 Millionen Menschen Urlaub in Griechenland und gaben dafür 13,5 Mrd. Euro aus. Die Branche hofft für dieses Jahr auf 25 Millionen Reisende. (APA)

 

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