Beim Krisengipfel zur Griechenland-Rettung kristallisiert sich der von den Gläubigern geforderte 50-Mrd.-Euro-Treuhandfonds aus Privatisierungserlösen für Athens Schuldendienst zum Hauptstreitpunkt. Nach Angaben von Diplomaten gibt es den Versuch, eine Kompromissformulierung zu finden, die Athen entgegenkommt. Demnach soll ein gewisser Prozentsatz des Fonds auch für Investitionen nutzbar sein, nicht ausschließlich für den Schuldendienst. Beim zweiten strittigen Thema IWF scheine sich der griechische Premier Alexis Tsipras zu bewegen, hieß es in Ratskreisen. Laut Diplomaten ist damit nur noch die Frage des Privatisierungsfonds offen.
Fonds für Investitionen
Montagfrüh kamen die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, der griechische Premier Alexis Tsipras, Frankreichs Staatschef Francois Hollande und Ratspräsident Donald Tusk erneut zu Konsultationen in kleiner Runde zusammen. Die Suche nach einem Kompromiss werde aber auch von anderen Gipfelteilnehmern unterstützt, hieß es.
Der Vorschlag eines zeitweiligen Ausscheidens Griechenlands aus der Eurozone ist nach Angaben des Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, vom Tisch. „Ich glaube, dass die Risiken eines Grexit größer sind, als wenn wir Griechenland im Euro halten“, sagte der SPD-Politiker am Montag im Deutschlandfunk.
Schulz mahnte eine Einigung der 19 Eurozonen-Regierungschefs in den seit mehr als 15 Stunden laufenden Beratungen in Brüssel an. Anderenfalls bestehe die Gefahr, dass die Währungsunion auseinanderfliege. Es gebe bereits heute eine Spaltung in Norden und Süden im Euro. Nun müsse allen klar gemacht werden, dass ein Ausscheiden Griechenlands „nicht Ende, sondern möglicherweise ein Anfang einer Bewegung ist“. Das europäische Projekt stehe heute „Spitz auf Knopf“.
Schulz kritisierte, dass der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble mit seinem am Freitag in der Eurogruppe eingespeisten Vorschlag eines fünfjährigen Ausscheidens Griechenlands für Verwirrung gesorgt habe. In dem Papier war als erste Option genannt worden, dass Griechenland sich zu einem umfangreichen Reformplan bekennen soll, um im Euro zu bleiben. Der EP-Präsident äußerte zudem Zweifel, dass das Ziel erreichbar sei, mit einem Privatisierungs-Treuhandfonds 50 Milliarden Euro Einnahmen zu erzielen. Auch andere Regierungen hätten zudem Probleme, wenn sie einen „Souveränitätsverzicht“ mit einem solchen Fonds leisten müssten.
Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter werfen Zehntausende der deutschen Regierung einen Umsturzversuch in Griechenland vor. #ThisIsACoup („Das ist ein Putsch“) avancierte in der Nacht binnen kurzer Zeit zu einer der beliebtesten Hashtags bei Einträgen, die sich gegen weitere Einschnitte für die Griechen richten. Die Nachrichten kommen laut der „Süddeutschen Zeitung“ online aus der ganzen Welt.
Im Zentrum der Kritik steht dabei vor allem der vom deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble vorgeschlagene „Grexit auf Zeit“. Aber auch der geforderte Treuhandfonds für Privatisierungen in Höhe von 50 Milliarden Euro halten dem Bericht zufolge viele für Wahnsinn.
Prominente Unterstützung bekommen die Kritiker dabei von dem US-Ökonom Paul Krugman. In seinem Blog in der „New York Times“ schreibt der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften: „Der Forderungskatalog der Euro-Gruppe ist Wahnsinn. “