Ausfallshaftung: Wenn Unternehmer für die Steuerschulden der Vorgänger einstehen müssen

14. Oktober 2015 Drucken

Wer ein Unternehmen übernimmt, haftet für bestimmte offene Steuern und Abgaben des Vorgängers. Bei dieser Art der Haftung handelt es sich um eine Ausfallshaftung, informiert die Wirtschaftskammer Tirol. Die Haftung bezieht sich nur auf Abgaben, bei denen sich die Abgabepflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet: Das sind Umsatzsteuer, Normverbrauchsabgabe, Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer oder Abzugssteuer. Voraussetzungen Die Haftungsbestimmungen für […]

Die Haftungsbestimmungen für Steuern kommen nur zur Anwendung, wenn ein Unternehmen im Ganzen übereignet wird. |© Lupo / pixelio.de

Die Ausfallshaftung für Steuern kommen nur zur Anwendung, wenn ein Unternehmen im Ganzen übereignet wird. |© Lupo / pixelio.de

Wer ein Unternehmen übernimmt, haftet für bestimmte offene Steuern und Abgaben des Vorgängers. Bei dieser Art der Haftung handelt es sich um eine Ausfallshaftung, informiert die Wirtschaftskammer Tirol. Die Haftung bezieht sich nur auf Abgaben, bei denen sich die Abgabepflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet: Das sind Umsatzsteuer, Normverbrauchsabgabe, Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer oder Abzugssteuer.

Voraussetzungen

Die Haftungsbestimmungen für Steuern und Abgaben kommen nur zur Anwendung, wenn ein Unternehmen oder gesondert geführter Betrieb (auch Teilbetrieb) im Ganzen übereignet wird. Übereignung eines Betriebes liegt vor, wenn die

  •  wesentlichen Betriebsgrundlagen
  • in einem einheitlichen Vorgang
  • an einen Erwerber übertragen werden.

Alles, was der Betrieb zum Wirtschaften braucht

Zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören all jene Wirtschaftsgüter, die der Erwerber benötigt, um die bisherige gewerbliche Tätigkeit im Wesentlichen unverändert weiter zu führen. Was die wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Betriebes sind, hängt vom Einzelfall ab (z.B. bei Produktionsbetrieben die Maschinen und das Betriebsgebäude, bei kundengebundenen Tätigkeiten der Kundenstock). Der Erwerb einzelner Wirtschaftsgüter – sofern diese nicht die wesentliche Grundlage des Unternehmens bilden – löst ebenso wenig eine Haftung aus, wie der Erwerb der wesentlichen Betriebsgrundlagen durch verschiedene Erwerber (Zerschlagung des Betriebes). Wird aber ein Unternehmen (ein Betrieb) im Ganzen mehreren Erwerbern zu ideellen Anteilen übereignet, so trifft die Haftung jeden Erwerber. Die Haftung besteht auch unabhängig davon, ob der Erwerber den Betrieb tatsächlich fortführt. Übereignung eines Betriebes liegt vor, wenn das (wirtschaftliche) Eigentum am Betrieb auf den Erwerber übertragen wird. Unmaßgeblich ist, ob die Übereignung entgeltlich (Kauf/Tausch) oder unentgeltlich (Schenkung) erfolgt. Mangels Eigentumsübertragung löst die Verpachtung eines Betriebes keine Haftungsfolgen aus.

Ausgenommen von der Haftung sind:

Betriebserwerbe im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens, Erwerbe aus einer Insolvenzmasse im Sinne der Insolvenzordnung oder Erwerbe  während der Überwachung durch eine im Sanierungsplan bezeichnete Person als Treuhänder der Gläubiger.

Betroffene Abgaben

Die Haftung bezieht sich nur auf Abgaben, bei denen sich die Abgabepflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, also auf Abgaben bei denen die Führung eines Betriebes wesentlich ist (so genannte Betriebssteuern) sowie auf Steuerabzugsbeträge. Beispiele für betroffene Abgaben: Umsatzsteuer, Normverbrauchsabgabe, Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer, Abzugsteuer. Hinweis: Die Haftung umfasst auch die auf die Geschäftsveräußerung selbst entfallende Umsatzsteuer sowie die durch die Veräußerung ausgelöste Vorsteuerberichtigung. Die Erwerberhaftung erfasst Abgaben, die objektiv auf den Betrieb zurückgehen; sie setzt aber nicht voraus, dass es sich dabei um Abgabenschuldigkeiten des Veräußerers, also des unmittelbaren Vorgängers handelt. Unter die gegenständlichen Haftungsbestimmungen können daher auch mehrere aufeinander folgende Erwerbsvorgänge fallen, wobei der Erwerber diesfalls auch als Zweiterwerber haften kann.

Keine Haftung

Keine Haftung besteht für Steuern, wenn es sich nicht um betriebsbezogene Abgaben handelt. Dazu zählen insbesondere Einkommensteuer, Körperschaftsteuer,  Erbschafts- und Schenkungssteuer, Grunderwerbsteuer, Kapitalverkehrsteuer, Stempel- und Rechtsgebühren, KFZ- Steuer, Dienstgeberbeitrag.

Zeitliche Begrenzung der Haftung

Die Haftung erstreckt sich nur auf Abgaben, soweit sie auf die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Übereignung liegenden vollen Kalenderjahres entfallen bzw. abzuführen waren. Der Erwerber haftet somit für Steuern, deren Schuld im Jahr der Übereignung und im davor liegenden Jahr entstanden ist. Beispiel: Betriebserwerb am 1.11.2012 Ausfallshaftungszeitraum bis max. 1.1.2011

Höhenmäßige Begrenzung der Haftung

Der Höhe nach ist die Haftung des Erwerbers in zweierlei Hinsicht begrenzt. Der Erwerber haftet nur insoweit, als er die Steuerschulden im Zeitpunkt der Übereignung kannte oder kennen musste. Den Erwerber trifft eine Erkundigungspflicht. Nicht kennen muss der Erwerber Schulden, die ihm trotz Ausschöpfung aller ihm zugänglichen Erkenntnisquellen, trotz ernsthaften Bemühens und sachkundiger Ausforschung unbekannt geblieben sind (z.B. Einsichtnahme in die Bücher, die Befragung des Veräußerers über den Stand der Passiven, Vorlage von Kontomitteilungen des Finanzamtes, Unbedenklichkeitsbescheinigungen vom Finanzamt, Rücksprache beim steuerlichen Vertreter des Übergebers). Die Auskunft des Veräußerers allein befreit den Erwerber nicht von der Pflicht, in die Geschäftsbücher und sonstigen Erkenntnisquellen Einsicht zu nehmen. Darüber hinaus kann der Erwerber – sofern der potentielle Übereigner zustimmt – Abgabeschuldigkeiten direkt bei der Abgabenbehörde erfahren. Zudem ist die Haftung der Höhe nach mit dem Wert der übertragenen Gegenstände und Rechte (Aktiva) begrenzt. Übernommene Schulden dürfen nicht abgezogen werden.

Geltendmachung

Die Erwerberhaftung ist im Verwaltungsweg durch die Finanzbehörden mit Bescheid (Haftungsbescheid) geltend zu machen und liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Die Erlassung eines Haftungsbescheides ist eine Einhebungsmaßnahme und als solche daher nur innerhalb der Einhebungsverjährungsfrist von 5 Jahren zulässig. Diese Frist kann sich allerdings z.B. aufgrund von Unterbrechungshandlungen der Behörde verlängern.

Nachversteuerung von Begünstigungen des Rechtsvorgängers

Nachversteuerung von begünstigt besteuerten nicht entnommenen Gewinnen: Die vom Übergeber in Anspruch genommene steuerliche Begünstigung für nicht entnommene Gewinne kann bei Betriebsübertragungen mit Buchtwertfortführung (Schenkung, Erbschaft, Umgründung) bei Überentnahmen des Rechtsnachfolgers bei diesem zur Nachversteuerung führen. Näheres dazu siehe Infoblatt „Begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne“.

Nachversteuerung von investierten Gewinnen:

Hat der bisherige Betriebsinhaber den Freibetrag für investierte Gewinne bzw. den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag in Anspruch genommen und scheidet im Falle der (entgeltlichen oder unentgeltlichen) Betriebsübertragung ein begünstigtes Wirtschaftsgut vor Ablauf der Vierjahresfrist aus dem Betriebsvermögen aus, so ist der gewinnerhöhende Ansatz insoweit beim Rechtsnachfolger vorzunehmen.