Tourismus: Jeder zweite Betrieb in Österreich macht Verluste

04. April 2016 Drucken
Tourismus: Jeder zweite Betrieb in Österreich macht Verluste
© Stefanie Salzer-Deckert/pixelio.de

Die guten Zahlen der Nächtigungs-Statistiken spiegeln sich nicht im Ertrag der Unternehmen wider. Die Gewinne liegen im Schnitt deutlich unter jenem anderer Branchen. Außerdem macht jeder zweite Betrieb Verluste, wie eine aktuelle Studie im Auftrag der Wirtschaftskammer Österreich ergab. 1,6 Prozent Umsatzrendite Das Institut KMU Forschung Austria hat rund 8.000 Bilanzen aus Hotellerie und Gastronomie über […]

Die guten Zahlen der Nächtigungs-Statistiken spiegeln sich nicht im Ertrag der Unternehmen wider. Die Gewinne liegen im Schnitt deutlich unter jenem anderer Branchen. Außerdem macht jeder zweite Betrieb Verluste, wie eine aktuelle Studie im Auftrag der Wirtschaftskammer Österreich ergab.

1,6 Prozent Umsatzrendite

Das Institut KMU Forschung Austria hat rund 8.000 Bilanzen aus Hotellerie und Gastronomie über mehrere Jahre hinweg analysiert. Das Ergebnis ist ernüchternd. Gerade 1,6 Prozent des Umsatzes bleiben den Unternehmen im Schnitt als Gewinn nach Finanzergebnis (EGT). „Davon kommt noch die Ertragsteuer weg. Der Spielraum für Schuldentilgung und Neuinvestitionen ist damit sehr eng. Da darf nicht viel passieren“, erklärte Peter Voithofer, Direktor des Forschungsinstitutes bei der Präsentation der Studie in St. Johann im Pongau. „Im Vergleich dazu verzeichnen kleine und mittlere Unternehmen in anderen Branchen im Schnitt drei Prozent Gewinn. Fast alle anderen Sektoren der österreichischen Wirtschaft stehen besser da.“

Großteil der Betriebe macht Verluste

52 Prozent der Tourismusbetriebe schreiben laut Studie zudem rote Zahlen. „Der Wert war zwar schon einmal höher, von einer wirklichen Verbesserung ist man aber weit entfernt.“ Voithofer verwies allerdings auf die extreme Bandbreite bei den Betrieben. So würden ergebnisstarke Tourismus-KMU ein positives EGT (Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit) von beinahe 14 Prozent, ergebnisschwache ein negatives Ergebnis von fast 18 Prozent ausweisen. „Eine Durchschnittsbetrachtung wird der Vielfalt im Tourismus nicht gerecht. Aber insgesamt geht es nach unten.“ Das spiegelt sich auch beim Betriebserfolg vor dem Finanzergebnis wider. Er sank von 5,5 Prozent in der Saison 2010/2011 auf 4,8 Prozent in der Saison 2013/2014.

Hohe Personalkosten

Die Gründe für die negative Entwicklung seien vielfältig. Neben dem intensiven Wettbewerb in der Branchen und der immer kürzeren Aufenthaltsdauer der Urlauber sind es laut Voithofer vor allem die hohen Personalkosten, die auf das Ergebnis drücken. In Relation zum Umsatz lagen sie zuletzt bei 37,5 Prozent, Tendenz steigend. Auch die Eigenkapitalquote im österreichischen Tourismus sei mit durchschnittlich 17 Prozent vergleichsweise gering. Dazu kommt eine hohe Bankverschuldung. Die lang- und kurzfristigen Bankverbindlichkeiten lagen 2013/14 bei hohen 59 Prozent des Gesamtkapitals.

Basel III wirkt sich negativ auf Tourismusfinanzierungen aus

Wie Wolfgang Kleemann, Geschäftsführer der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT), sagte, helfe das extrem niedrige Zinsniveau zwar der Branche. Das Problem sei aber weniger die schwache Eigenkapitalquote der Betriebe, sondern die der Banken. „Die Basel-III-Kriterien fordern hohe Eigenkapitalreserven für schlechte Ratings. Und Tourismusunternehmen werden von Ratingagenturen unverständlicherweise klar schlechter bewertet als andere Unternehmen.“ Dabei würden Betriebe, die investieren und eine zeitgemäße Infrastruktur bieten, besser auf saisonale Probleme reagieren können. „Sie erzielen auch einen höheren Durchschnittspreis.“

Steuerreform ohne Auswirkungen

Auch die aktuelle Steuerreform wird der Hotellerie und Gastronomie in Österreich keine Entlastung bringen. Laut KMU Forschung Austria dürften sich rund 25.600 heimische Tourismusunternehmen mit einer zusätzlichen Steuerlast von rund 150 Mio. Euro pro Jahr konfrontiert sehen. Das Umsatz-Potenzial im Tourismus durch eine höhere Kaufkraft der Haushalte bleiben vergleichsweise gering. Durch die Steuerreform werden nur 35 Mio. Euro mehr Umsatz in den Tourismus fließen“, erklärte Voithofer. Ein Bruchteil, nicht nur von der erwarteten Mehrbelastung. Denn insgesamt würden im österreichischen Tourismus jedes Jahr 17,3 Mrd. Euro umgesetzt werden.

Abschreibungssatz sinkt

Verantwortlich für die Mehrbelastung ist in erster Linie eine Änderung im Bereich der Abschreibung betriebsnotwendiger Immobilien. Der jährliche Abschreibungssatz hat sich von 3 auf 2,5 Prozent pro Jahr reduziert. „Durch die Verlängerung der Abschreibungsdauer sinkt der jährliche Abschreibungsbetrag und die Bemessungsgrundlage steigt“, erklärte Peter Voithofer von der KMU Forschung Austria. Davon negativ betroffen ist vor allem die heimische Hotellerie, rund 83 Prozent aller Unternehmen (13.600) sind zugleich die Eigentümer ihrer Betriebsimmobilien. In der Gastronomie wird eher gemietet oder gepachtet, allerdings sind auch hier rund 12.000 Unternehmen (rund 39 Prozent) betroffen. Die zusätzliche Steuerlast fällt aber eindeutig zuungunsten der Beherbergungsbetriebe aus, mit 140 zu 10 Mio. Euro.

De facto-Erbschaftssteuer bei großen Hotelübergaben

Sorgen sollte den Tourismusunternehmen auch eine Änderung bei der Grunderwerbssteuer bereiten. Bei unentgeltlichen Übernahmen, also einer Erbschaft oder Schenkung, wird seit heuer als Bemessungsgrundlage der höhere Grundstückswert herangezogen. Zwar wurde auch der Freibetrag erhöht, aber gerade die heimische Hotellerie ist stark von Familienunternehmen geprägt. Laut KMU Forschung Austria sind drei Viertel aller Betriebe Familienunternehmen. Jährlich sind demnach rund 410 Tourismusunternehmen von einer erhöhten Grunderwerbssteuer im Zuge von Schenkungen oder Erbschaften betroffen. „Im Einzelfall entstehen hier zwar keine immens hohen Beträge. Aber 5.000 bis 10.000 Euro können viel sein, wenn sie zu anderen Belastungen dazukommen“, betonte Voithofer. (APA)