Sozialbetrug: Wenn Auftraggeber für ihre Subunternehmer haften

29. Juni 2016 Drucken
Sozialbetrug: Wenn Auftraggeber für ihre Subunternehmer haften
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Mit 1. Jänner 2016 ist das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz (SBBG) in Kraft getreten.  Unter gewissen Voraussetzungen werden Unternehmen von Sozialversicherung und Finanz als Scheinunternehmen eingestuft.  Auftraggeber können dabei für die Löhne und Sozialversicherungsbeiträge der Mitarbeiter ihres Subunternehmens haften. Die Linzer Rechtsanwalts-Kanzlei Hasch & Partner informiert über Haftungsrisiken und Vorsichtsmaßnahmen. Was ist Sozialbetrug? Hasch & Partner haben die juristische Definition von […]

Mit 1. Jänner 2016 ist das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz (SBBG) in Kraft getreten.  Unter gewissen Voraussetzungen werden Unternehmen von Sozialversicherung und Finanz als Scheinunternehmen eingestuft.  Auftraggeber können dabei für die Löhne und Sozialversicherungsbeiträge der Mitarbeiter ihres Subunternehmens haften. Die Linzer Rechtsanwalts-Kanzlei Hasch & Partner informiert über Haftungsrisiken und Vorsichtsmaßnahmen.

Was ist Sozialbetrug?

Hasch & Partner haben die juristische Definition von Sozialbetrug aufgelistet. Sozialbetrug liegt vor, wenn

  • der Dienstgeber vorsätzlich Beiträge eines Dienstnehmers zur Sozialver­sicherung dem berechtigten Versicherungsträger vorbehält, oder
  • jemand die Anmeldung einer Person zur Sozialversicherung in dem Wissen, dass die auflaufenden Sozialversicherungsbeiträge nicht vollständig geleistet werden sollen, vornimmt, vermittelt oder in Auftrag gibt, oder
  • jemand die Meldung einer Person zur Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungs­kasse (BUAK) in dem Wissen, dass die auflaufenden Zuschläge nicht vollständig geleistet werden sollen, vornimmt, vermittelt oder in Auftrag gibt, oder
  • Personen gewerbsmäßig zur selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbs­tätigkeit, ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung oder ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung, angeworben, vermittelt oder überlassen werden, oder
  • eine größere Zahl illegal erwerbstätiger Personen beschäftigt oder mit der selbstständigen Durchführung von Arbeiten beauftragt wird, oder
  • Personen zur Sozialversicherung mit dem Vorsatz angemeldet werden, Versicherungs-, Sozial- oder sonstige Transferleistungen zu beziehen, obwohl diese keine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufnehmen.

Was sind Scheinunternehmen?

Ein wesentliches Anliegen des Gesetzgebers ist es, im Rahmen des SBBG sogenannte Scheinunternehmen auszuforschen. Als Scheinunternehmen gilt zB ein solches Unternehmen, das bezweckt, Lohnabgaben oder Beiträge zur Sozialversicherung zu verkürzen. Um prüfen zu können, ob ein Scheinunternehmen vorliegt, führt das Gesetz (§ 8 Abs 3 SBBG) eine Reihe von Beispielen an, die zur Orientierung dienen können. Es handelt sich hierbei insbesondere um folgende Anhaltspunkte:

  • Für das Unternehmen tätige Personen können an der Geschäftsanschrift nicht ange­troffen werden;
  • Es kann kein persönlicher Kontakt zum Unternehmen bzw. dessen Vertreter (zB Geschäftsführer) über die Geschäftsanschrift hergestellt werden;
  • Mitarbeiter des Unternehmens oder sonstige ihm zurechenbare Personen verwenden falsche oder verfälschte Urkunden oder Beweismittel;
  • Es sind keine angemessenen Betriebsmittel oder Betriebsvermögen vorhanden; oder
  • es liegen im Zeitpunkt der Anmeldung eines Dienstnehmers zur Sozialversicherung nicht bloß geringe Rückstände an Sozialversicherungsbeiträgen vor.

Haftung des Auftraggebers: Wissen um Scheinunternehmertum

Wird ein Unternehmen als Scheinunternehmen ausgeforscht und festgestellt, kann dies für dessen Auftraggeber erhebliche rechtliche Konsequenzen haben. § 9 SBBG kennt eine Entgelt-Haftung. Der Auftraggeber eines festgestellten Scheinunternehmens haftet hinsichtlich der im Rahmen des Auftrags erbrachten Arbeitsleistungen ab der rechtskräftigen Feststellung zusätzlich zum Scheinunternehmen als Bürger und Zahler für alle Entgeltansprüche der beim Scheinunternehmen beschäftigten Arbeitnehmer. Die Haftung setzt voraus, dass der Auftraggeber zum Zeitpunkt der Auftragserteilung wusste oder wissen musste, dass es sich bei seinem Vertragspartner um ein Scheinunternehmen handelt.

Wann muss es der Auftraggeber wissen?

Die Regierungsvorlage zum SBBG bringt zum Ausdruck, dass unter „wissen musste“ grob fahrlässiges Verhalten des Auftraggebers verstanden wird. Ein grob fahrlässiges Verhalten wird dann vorliegen, wenn die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlicher und auffallender Weise vernachlässigt wird. Es muss sich der Regierungsvorlage zufolge um ein Verhalten handeln, dass mit Rücksicht auf die Schwere und die Häufigkeit, nur bei besonders nachlässigen oder leichtsinnigen Menschen vorkommt. Eine grobe Fahrlässigkeit setzt ein Handeln oder Unterlassen voraus, bei dem die erforderliche Sorgfalt nach den Umständen in ungewöhnlich hohem Maß verletzt wurde und ganz einfache und naheliegende Überlegungen nicht angestellt wurden.

Hausverstand genügt

Sollten keine besonderen Anhaltspunkte vorliegen, treffen den Auftraggeber allerdings keine „akribischen Nachforschungspflichten“. Einem sorgfältigen Unternehmer muss zB auffallen, wenn ein potentieller Auftragnehmer kein professionelles Auftreten hat, zB keine üblichen Informationen wie Firmenadresse oder sonstige Kontaktdaten vorliegen. Auch kann das Fehlen eines Internetauftrittes, dafür sprechen, dass allenfalls ein bloßes Scheinunter­nehmen vorliegt. Fehlt jegliche schriftliche Korrespondenz, aus der sich die Firmenbuch-nummer und UID-Nummer etc. ergibt, oder weigert sich der Auftragnehmer beharrlich, Besprechungen in seinen Geschäftsräumlichkeiten abzuhalten, liegen ebenfalls Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich allenfalls um ein bloßes Scheinunternehmen handelt.

Krankenversicherung fasst nach

Problematisch für Auftraggeber von Scheinunternehmen ist, dass der Krankenversicherungs­träger feststellen kann, dass der Arbeitnehmer des Scheinunternehmens tatsächlich Dienstnehmer eines anderen Dienstgebers war. Kann der Arbeitnehmer des Schein­unternehmens gegenüber dem Krankenversicherungsträger glaubhaft machen, tatsächlich Arbeitsleistungen im Zusammenhang mit dem Scheinunternehmen erbracht zu haben, so hat der Krankenversicherungsträger den tatsächlichen Dienstgeber zu ermitteln. Sollten diese Ermittlungsversuche zu keinem Erfolg führen, wird vermutet, dass jenes Unternehmen der tatsächliche Dienstgeber ist, dass das Scheinunternehmen beauftragt hat. Es können somit dem Auftraggeber nachträglich Sozialversicherungsbeiträge für die Mitarbeiter des Schein­unternehmens vorgeschrieben werden. Diese gesetzliche Vermutung setzt voraus, dass der Auftraggeber des Scheinunternehmens wusste oder wissen musste, dass es sich beim Auftragnehmer um ein Scheinunternehmen handelt. Kann die versicherte Person nicht glaubhaft machen, tatsächlich Arbeitsleistungen erbracht zu haben, endet ihr Versicherungs­verhältnis rückwirkend mit der rechtskräftigen Feststellung des Unternehmens als Schein­unternehmen.

 

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