Familienunternehmen: Das Ende der Patriarchen

21. Juli 2016 Drucken
Familienunternehmen: Das Ende der Patriarchen
Blut ist dicker als Wasser: Nur 47 Prozent sagen, dass Familienmitglieder beim Einstieg ins Unternehmen ein spezifisches Anforderungsprofil zu erfüllen haben.|Familie © M.Rehseil/pixelio.de Familie © M.Rehseil_pixelio.de

Der Führungsstil in Familienunternehmen hat sich grundlegend gewandelt, meint eine Studie von KPMG Deutschland. Das alles allein entscheidende Unternehmens- und Familienoberhaupt habe ausgedient. Heute geht es stärker um Mitbeteiligung statt Autorität. Allerdings ist Familienloyalität immer noch wichtiger als Leistung.  Führungskräfte und Mitarbeiter entscheiden gemeinsam Teamwork und die Einbindung der Mitarbeiter ist heute entscheidend für den Erfolg […]

Der Führungsstil in Familienunternehmen hat sich grundlegend gewandelt, meint eine Studie von KPMG Deutschland. Das alles allein entscheidende Unternehmens- und Familienoberhaupt habe ausgedient. Heute geht es stärker um Mitbeteiligung statt Autorität. Allerdings ist Familienloyalität immer noch wichtiger als Leistung. 

Führungskräfte und Mitarbeiter entscheiden gemeinsam

Teamwork und die Einbindung der Mitarbeiter ist heute entscheidend für den Erfolg eines Familienunternehmens. So werden in neun von zehn Familienunternehmen die Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse eingebunden. In 85 Prozent der befragten Familienunternehmen ist der Führungsstil partizipativ und in 65 Prozent kooperativ. Nur noch sechs Prozent der Familienunternehmen werden autoritär geführt. In vielen Fällen werden die Führungsstile kombiniert oder flexibel eingesetzt. Dieses situative Führen wird immer wichtiger, um flexibel auf Veränderungen im Umfeld reagieren zu können.

Situation bestimmt

Die Studie relativiert aber:  Welcher Führungsstil der beste ist und welche Person die richtige, hängt aber immer davon ab, in welcher Phase sich das Unternehmen befindet. In Wachstumsphasen brauchen Firmen eher ein delegatives Talent an der Spitze, in Zeiten der Restrukturierung sind eher autoritäre Typen gefragt.

Gesellschafter sind loyal und wollen mitgestalten

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Gesellschafter sind loyaler als angenommen. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der Befragten gibt an, ihre Anteile am Familienunternehmen auf keinen Fall verkaufen zu wollen. Fakt ist: Sind Gesellschafter zufrieden mit der familiären Situation und fühlen sie sich als Teil einer starken Gemeinschaft, nimmt die Wahrscheinlichkeit des Anteilsverkaufs ab. Allerdings würden sie in 61 Prozent der Fälle ihre Anteile verkaufen, wenn die Unternehmensziele und -werte im Widerspruch zu den eigenen Vorstellungen stehen.

Herkunft ist teilweise wichtiger als Kompetenz

Die Studie zeigt auch, dass das altbekannte Bild von „Business first“ zwar nach wie vor gilt. Allerdings treten bei familieninternen Geschäftsführungen subjektive Faktoren wie die Familienzugehörigkeit in den Vordergrund. So wird Loyalität zum Unternehmen wichtiger bewertet als Leistung. Nur 47 Prozent sagen, dass Familienmitglieder beim Einstieg ins Unternehmen ein spezifisches Anforderungsprofil zu erfüllen haben. Zudem werden familienfremde Manager bei unterschiedlichen Vorstellung zur Strategie und bei Nichterreichen festgelegter Ziele deutlich schneller abberufen als Familienmitglieder. Das widerspricht allerdings dem selbst auferlegten Professionalitäts-Anspruch der Unternehmerfamilien. Das gilt auch für die Einstellung von Managern. „Die Zugehörigkeit zur Familie fällt stark ins Gewicht. Familienmitglieder steigen eher unabhängig von ihrer Ausbildung und Erfahrung in das Familienunternehmen ein“, so die Studie. Je größer und älter ein Familienunternehmen ist, desto mehr familienfremde Geschäftsführer gibt es – oftmals sogar neben den Familienmanagern (in der 5. Generation gibt es 53 Prozent gemischte Geschäftsführungen, in Unternehmen mit mehr als 500 Mio. Euro Umsatz sind es 66 Prozent).

Konfliktscheu

Grundsätzlich messen Unternehmerfamilien einer offenen und direkten Kommunikation einen großen Stellenwert zu (85,9 Prozent). Regeln zum Umgang mit Konflikten innerhalb der Familie werden als wichtig betrachtet (57,1 Prozent), kommen im Ernstfall jedoch kaum zur Anwendung (25,9 Prozent). Unternehmerfamilien scheuen sich mitunter sehr stark vor Konflikten. Man kann durchaus sagen, dass familiengeführte Unternehmen sich oftmals schwertun, ihren eigenen Ansprüchen gegenüber der Konfliktkultur gerecht zu werden, so die Anylyse

Trend zur Stammesorganisation

„Hinter den Kulissen“ zeigt aber auch: Die Bedeutung der Großfamilie in Familienunternehmen nimmt ab. Es gibt immer mehr Gesellschafterkreise, die sich als Stämme organisieren – also ihre Anteile bündeln und gemeinschaftliche Entscheidungen auf der Gesellschafterversammlung treffen. Der Anstieg um sieben Prozentpunkte (von 51 Prozent auf 58 Prozent) lässt einen deutlichen Trend hin zur Organisation in Stämmen erkennen. Der Zusammenhalt in Großfamilien ist aber signifikant größer ist als in Familien, die sich in Stämmen organisieren. Neun von zehn Mitgliedern von Großfamilien fühlen sich als Teil einer starken Gemeinschaft (Stammesorganisation 77 Prozent) und 96 Prozent sehen die Möglichkeit, sich im Unternehmen und in der Familie einzubringen (Stammesorganisation 86 Prozent).

 

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