Gewerbeordnung: Das soll die neue Reform bringen

03. November 2016 Drucken
Gewerbeordnung: Das soll die neue Reform bringen
Nix fix: Bis zur Beschlussfassung wartet viel Lobbyingarbeit. |© BKA/Christopher-Dunker © BKA/Christopher-Dunker

Die Regierung hat einzelne Eckpunkte der geplante Novelle vorgestellt.

Die jüngste Reform der Gewerbeordnung ist im Anrollen. Am Freitag soll ein Begutachtungsentwurf versendet werden. Die Regierung hat einzelne Eckpunkte bereits am Mittwoch vorgestellt.

Überraschung

Die Regierung wird bis Freitag einen Entwurf zur Reform der Gewerbeordnung in Begutachtung schicken. Während der Begutachtungsphase soll aber noch weiter verhandelt werden. Kanzler Christian Kern (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) präsentierten die Eckpunkte überraschend am Mittwoch um Pressefoyer, obwohl Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) noch von unterschiedlichen Positionen sprach.

Der Vorschlag wird noch überarbeitet

Der von Kern und Mitterlehner präsentierte Kompromiss entspricht in etwa den schon in den letzten Tagen öffentlich kolportierten Vorschlägen des Wirtschaftsministeriums. Kern bezeichnete den Begutachtungsentwurf als Diskussionsgrundlage. Die Liste der 80 reglementierten Gewerbe will er „nochmals gemeinsam durchgehen“. Er hält 16 davon für gänzlich deregulierbar und bei 12 weiteren Gewerben kann er sich einen leichteren Zugang vorstellen. Mitterlehners Wirtschaftsministerium schreibt in einer Aussendung: Die freien Gewerbe würden erweitert, indem die Teilgewerbe-Verordnung aufgehoben wird: 19 von 21 bisher reglementierten Teil-Gewerben würden freigestellt werden.

Mehr als nur Steckdosen anschließen

Eine der vorgestellten Änderungen betrifft die Nebenrechte, die ausgeweitet werden – auf 30 Prozent bei den freien Gewerben und auf 15 Prozent bei den reglementierten. Beispiele:  Somit könnte ein Tischler auch Arbeiten wie Fliesenlegen mit bis zu 15 Prozent seiner gesamten gewerblichen Tätigkeit machen. Der Grafiker, der auch Homepages erstellt oder andere freie Gewerbe ohne Anmeldung mit ausübt, könnte dies bis zu 30 Prozent machen. Mitterlehner erklärte, mit dieser Ausdehnung der Nebenrechte erhöhe man auch den Druck auf die Wirtschaftskammer für Reformen, da insgesamt mit weniger Anmeldungen und damit mit weniger Kammerumlagen zu rechnen sei. Die Anmeldegebühr von 70 Euro pro Gewerbe, die gegenüber dem Staat zu entrichten ist, fällt künftig weg. Die Grundumlage und das Absenken der Beiträge hingegen seien Angelegenheit der Wirtschaftskammer, so Mitterlehner. Ein Einfluss wäre hier nur mit Verfassungsmehrheit zu erreichen.

Fachgruppen-Mitgliedschaft besteht weiter

Die Mitgliedschaft in den WKO-Fachgruppen verteidigte Mitterlehner. Diese Deklaration sei wichtig für die Lehrlingsausbildung und die Zuordnung zu Kollektivverträgen. „Wir stellen damit das System nicht komplett auf den Kopf“, sagte Mitterlehner.

Wirte auf Zeltfesten ohne Betriebsanlagengenehmigung

Von der ebenfalls vereinbarten Vereinfachung des Betriebsanlagenrechts ist laut Mitterlehner jeder zweite Unternehmer positiv betroffen. Die Novelle verankert ein One-Stop-Shop Prinzip nach dem Motto ein Verfahren, ein Bescheid: Bau-, Naturschutz-, Wasser- und gewerberechtliche Genehmigung sollen aus einer Hand erfolgen.

Reform des Anlagenrechts beschleunigt und vereinfacht Verfahren

Zudem sollen Bezirkshauptmannschaften Betriebsanlagen mit geringem Gefährdungspotential schneller genehmigen können. Das hilft zum Beispiel Kaffee- und Gasthäusern, Konditoreien, Eissalons, Imbissstuben oder kleinen Hotelbetrieben. Bloß vorübergehende Tätigkeiten sollen nicht mehr unter das Anlagenrecht fallen. Gerade im Gastgewerbe führt das zu Erleichterungen. Künftig können Wirte auch außerhalb ihrer Gaststätte, sprich auf Zeltfesten, Speisen und Getränke ausschenken, ohne dafür eine eigene Betriebsanlagengenehmigung zu benötigen..

Kein Nachbarverzeichnis mehr notwendig

Ebenfalls reduziert werden sollen mehrere Einreichunterlagen. Die Vorlage des Nachbarverzeichnisses entfällt, was Unternehmern jährlich 60.000 Grundbuchabfragen erspart.

Verringerte Anzeigepflichten

Zudem sollen bestimmte Anzeigepflichten bei Behörden gestrichen werden, etwa beim Tausch von einer alten zu einer gleichartigen neuen Maschine.

Wahlmöglichkeit bei Genehmigungsverfahren

Darüber hinaus kommt eine Wahlmöglichkeit bei der Bestellung von Sachverständigen im gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren.

Verfahren dürfen längstens vier Monate dauern

Die Entscheidungsfristen für Behörden werden gesetzlich verkürzt, um die Verfahren zu beschleunigen. Bescheide sollen spätestens innerhalb von vier Monaten (statt bisher sechs) nach Einlangen des Anbringens erlassen werden müssen. Die Entscheidungsfrist im so genannten vereinfachten Genehmigungsverfahren wird von drei auf zwei Monate verkürzt.

Aufwertung der Meisterprüfung

Ebenfalls Teil der Reform ist eine Aufwertung der beruflichen Ausbildung – zum Beispiel sollen heimische Meister- und Befähigungsprüfungen im internationalen Vergleichsrahmen höher eingestuft werden. Damit wird auch die Durchlässigkeit im Bildungssystem und die Höherqualifizierung erleichtert. (APA/ruh)