Ministerratsbeschluss: Das bringt die neue Gewerbeordnung

02. Februar 2017 Drucken
Ministerratsbeschluss: Das bringt die neue Gewerbeordnung
Gewerbe und Handwerk: Betriebe mit guter Geschäftslage (16 %) sind deutlich weniger als Betriebe mit schlechter Geschäftslage (25 %). |© Lupo/pixelio.de © Lupo/pixelio.de

Der Ministerrat  hat am Mittwoch die lang diskutierte Reform der Gewerbeordnung beschlossen. Konkret sollen Betriebe in größerem Umfang Tätigkeiten verrichten dürfen, für die sie keinen Gewerbeschein besitzen. Alle Gewerbeanmeldungen werden kostenlos, Verfahren im Betriebsanlagenrecht. werden vereinfacht und beschleunigt. Zentrale Gesetzesmaterie Das Gewerberecht zählt zu den meistgehassten Gesetzesmaterien ( © „profil“) der Republik. Unternehmer und jene, […]

Der Ministerrat  hat am Mittwoch die lang diskutierte Reform der Gewerbeordnung beschlossen. Konkret sollen Betriebe in größerem Umfang Tätigkeiten verrichten dürfen, für die sie keinen Gewerbeschein besitzen. Alle Gewerbeanmeldungen werden kostenlos, Verfahren im Betriebsanlagenrecht. werden vereinfacht und beschleunigt.

Zentrale Gesetzesmaterie

Das Gewerberecht zählt zu den meistgehassten Gesetzesmaterien ( © „profil“) der Republik. Unternehmer und jene, die es werden möchten, erfahren dabei, was in Österreich mit „Bürokratismus“ und „Kammerdenken“ gemeint ist. Beispiele für die negative Wirkungsweise des Gewerberechtes gibt es genug: Ein Start up, das Wohngemeinschaften für solvente Senioren vermittelt und in seinen ersten drei Wochen auf der Homepage einen optionalen Reinigungsservice angeboten hatte, wurde empfindlich sanktioniert, weil es keinen Gewerbeschein für Gebäudereinigung gelöst hatte. Vermittelte Säuberungsaktionen: 0. Mit der aktuellen Novelle zum Gewerberecht sollen die Negativbeispiele weniger werden.

Die zentralen Inhalte:

  1. Nebenrechte werden deutlich erweitert
  • Entrümpelung des Betriebsanlagenrechts.
  • Alle Gewerbeanmeldungen werden kostenlos bzw. von Gebühren und Abgaben des Bundes befreit. Aufgrund der zuletzt rund 80.000 Anmeldungen im Jahr sparen sich die Unternehmen über zehn Millionen Euro pro Jahr.
  • Die freien Gewerbe werden erweitert, indem die Teilgewerbe-Verordnung aufgehoben wird
  • 19 von 21 bisher reglementierten Teil-Gewerben werden zu freien Gewerben.

Nebenrechte werden deutlich erweitert

Der gewerberechtliche Umfang der Nebenrechte wird deutlich erweitert. Das bisherige Nebenrecht, in wirtschaftlich sinnvoller Ergänzung zur eigenen Leistung auch in geringem Umfang Leistungen aus anderen Gewerben erbringen zu können, hat sich laut Aussendung des Wirtschaftsministeriums als zu eng erwiesen. Daher werde die Bindung an einen geringen Umfang aufgegeben. Zusätzlich soll ein bestimmter Anteil der gesamten erbrachten Auftragstätigkeit aus ergänzend erbrachten Tätigkeiten bestehen dürfen – insgesamt 30 Prozent, wobei aus reglementierten Tätigkeiten stammende Nebenrechte mit 15 Prozent limitiert sind.  Die Regierung hat präzisiert, dass die Nebenrechte auf Basis der „Auftragstätigkeit“ bewertet werden. Diese Änderungen lassen die Kollektivvertragszugehörigkeit der Betriebe unberührt

Verknüpfung mit dem Hauptauftrag

Diese Regelung sieht vor, dass die Ausübung der Nebenrechte zeitlich nahe mit dem Hauptauftrag zu erbringen ist. Ein Tischler dürfte dann beispielsweise auch Fliesen legen – allerdings nur im Ausmaß von 15 Prozent und nur in verwandten Berufen. Handelt es sich um ein freies Gewerbe – beispielsweise einen Grafiker, der auch als Webdesigner tätig ist -, dürften die Nebenrechte im Ausmaß von 30 Prozent in Anspruch genommen werden. Ein Spediteur, der den Umzug für einen Kunden durchführt, darf in diesem Rahmen auch anbieten, ausgeschlagene Ecken in den Wänden zu verspachteln. Ein Trockenausbauer, der eine neue Decke legt, darf sie auch ausmalen, Leuchtspots einsetzen und mit der Elektroinstallation verbinden.

Mehr Entscheidungsgewalt für BHs bei Betriebsanlagengenehmigung

Beim Betriebsanlagenrecht kommt es zu einem One-Stop-Shop Prinzip nach dem Motto ein Verfahren, ein Bescheid. So erfolgen etwa naturschutz- oder gewerberechtliche Genehmigung künftig aus einer Hand. Zudem können Bezirkshauptmannschaften Betriebsanlagen mit geringem Gefährdungspotential schneller genehmigen. Das hilft zum Beispiel Kaffee- und Gasthäusern, Konditoreien, Eissalons, Imbissstuben oder kleinen Hotelbetrieben. Allerdings muss die  Bezirksverwaltungsbehörde die Raumordnung (Flächenwidmung und andere lokale Vorgaben) berücksichtigen. Dafür ist aber beim Gesetzesbeschluss eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat erforderlich.Das Wirtschaftsministerium rechnet damit, dass durch diesen Schritt bis zu 50 Prozent aller Betriebsanlagenverfahren als vereinfachtes Verfahren geführt werden. Bisher waren es nur 20 Prozent.

Weniger Unterlagen

Einreichunterlagen werden reduziert. Die Vorlage des Nachbarverzeichnisses entfällt, was Unternehmern jährlich 60.000 Grundbuchabfragen erspart. Zudem werden bestimmte Anzeigepflichten bei Behörden gestrichen, etwa beim Tausch von einer alten zu einer gleichartigen neuen Maschine, bei emissionsneutralen Änderungen der Betriebsanlage oder auch bei kulturellen und sportlichen Großereignissen. Zudem kommt eine Wahlmöglichkeit bei der Bestellung von Sachverständigen im gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren.

Behörden haben 4 Monate Zeit

Die Entscheidungsfristen für Behörden werden gesetzlich verkürzt. Bescheide müssen spätestens innerhalb von vier Monaten (statt bisher sechs) nach Einlangen des vollständigen Anbringens erlassen werden. Die Entscheidungsfrist im so genannten vereinfachten Genehmigungsverfahren wird von drei auf zwei Monate verkürzt. Neu ist ein bundesweites Monitoring der Verfahrensdauern im gewerblichen Betriebsanlagenrecht. Die Ergebnisse werden jährlich veröffentlicht, um mehr Transparenz und einen besseren Überblick zu schaffen.

Zeltfeste brauchen keine Betriebsanlagengenehmigungen mehr

Zudem fallen bloß vorübergehende Tätigkeiten nicht mehr unter das Betriebsanlagenrecht. Eine Erleichterung ist das vor allem für Gastgewerbetreibende, denen es ohne eigene Betriebsanlagengenehmigung ermöglicht wird, außerhalb ihrer gewerblichen Betriebsanlage tätig zu werden, etwa bei einem von ihnen veranstalteten Zeltfest. Genauso werden Veranstaltungen eines Gastgewerbetreibenden zum Beispiel auf dem zugehörigen Parkplatz des Gasthauses künftig genehmigungsfrei, wenn sie nur vorübergehend stattfinden. Das hilft auch Pop-up Stores.

Aufwertung der Meisterprüfung

Teil der Reform ist auch eine Aufwertung der beruflichen Ausbildung. Zum Beispiel sollen heimische Meister- und Befähigungsprüfungen im internationalen Vergleichsrahmen künftig höher eingestuft werden können. Mehr zum Thema