Weitreichende Änderungen im Privatinsolvenzrecht haben den Ministerrat passiert. Die Mindestquote von bisher zehn Prozent soll gänzlich fallen. Die Entschuldungsdauer, das sogenannte Abschöpfungsverfahren, soll von sieben auf drei Jahre verkürzt werden. Dafür muss vorher ein Zahlungsplan erstellt werden.
Kritik von Gläubigerschützern
Gegen diese Änderungen im Privatinsolvenzrecht äußerten die Gläubigerschutzverbände AKV, Creditreform und KSV 1870 im Vorfeld massive Kritik. Vorfreude herrschte hingegen bei den Schuldnerberatern. Es gibt nun aber eine Neuigkeit im Vergleich zu den bisher bekannten Plänen.
Zuerst Zahlungsplan unter gerichtlicher Kontrolle
Nach APA-Informationen kam nun nämlich noch folgender Passus ins Reformvorhaben, der bisher fehlte: Weiterhin soll die Subsidiarität des Abschöpfungsverfahrens wesentlich sein. “Es muss in allen Fällen zuerst eine Schuldenregulierung mit einem Zahlungsplan unter gerichtlicher Kontrolle versucht werden.” Erleichterungen soll es dabei nur für Bagatellfälle geben, die zumindest vorerst nicht näher konkretisiert sind.
Bedeutung für insolvente Unternehmer
Die SPÖ äußerste sich zuletzt stets für ein Aus der Mindestquote, die Wirtschaftskammer war dagegen. Da es im Privatkonkurs aber auch um eine leichtere Entschuldung für ehemalige Unternehmer geht und sich nun auch die Festlegung auf Subsidiarität im Entschuldungsverfahren findet, dürften die Änderungen in der Regierungskoalition beschlussreif geworden sein. Die ÖVP setzte sich fürs Festschreiben der Subsidiarität ein.
Über Begutachtungsphase wird noch etnschieden
Die Änderungspläne gehen nun laut dem zuständigen Justizministerium in eine sogenannte Ausschussbegutachtung im Justizausschuss im Parlament. Dort entscheiden die Parlamentsklubs, ob es zu einer Begutachtung im herkömmlichen Sinne kommt. Dem Vernehmen nach wird das auch der Fall sein. Unternehmensgründungen sollen durch die neuen Regeln insofern erleichtert werden, als “eine Kultur des Scheiterns die Angst vor der Selbstständigkeit minimieren” soll.
Wiedergutmachung bleibt Teil des Rechts
Der zuständige Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) teilte schriftlich mit, dass er in der Novelle insofern eine Erleichterung für Unternehmer sieht, als sie nach einem “wirtschaftlichen Rückschlag”, also einer Insolvenz, wieder leichter in die Selbstständigkeit zurückkehren könnten. “Durch die Verkürzung der Frist im Abschöpfungsverfahren sind die Betroffenen weniger lang blockiert und können rasch wieder einen Beitrag leisten”, so Brandstetter. “Mit der Beibehaltung des Zahlungsplans, der Subsidiarität der Abschöpfung und dem Wegfall der Mindestquote haben viele Schuldner die Möglichkeit, einen Teil zur Wiedergutmachung zu leisten.”
Krida bleibt Strafrechtsdelikt
Auch die Regierungskoordinatoren, Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) und Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) strichen den Beschluss der Reform im “Debriefing” nach der Regierungssitzung hervor. Für die 110.000 zahlungsunfähigen Menschen in Österreich sei dies eine deutliche Besserung, so Drozda, da derzeit viele die Mindestquote nicht geschafft hätten. Mahrer betonte, dieser Weg stehe nur redlichen Schuldner offen, die Krida sei weiterhin ein Strafrechtsdelikt und ein “Hineinschummeln” in den Privatkonkurs nicht möglich. Es werde stattdessen eine “Kultur des Scheiterns eingeführt”, so Mahrer. (APA)