Privatkonkurse: Das neue Schuldenregulierungsverfahren

04. Mai 2017 Drucken
Privatkonkurse: Das neue Schuldenregulierungsverfahren
15743421084831574341247790

Das mehrstufige Verfahren der neuen Schuldenregulierung

Die Novelle des Privatkonkurses wurde am 28. März im Ministerrat beschlossen. Schuldenberatung.at hat die Neuerungen der Schuldenregulierung auf Basis des Ministerratsbeschlusses zusammengetragen.

Ab Sommer in Kraft?

Die Reform soll am 1. Juli 2017 in Kraft treten und bringt wesentliche Neuerungen: Es gibt keine Mindestquote mehr für die Schuldenregulierung und die Verfahrensdauer im Abschöpfungsverfahren wird auf drei Jahre verkürzt.

1. Stufe: Zuerst die Verwertung des Schuldnervermögens

Der Versuch eines außergerichtlichen Aus­gleichs ist mit der Reform nicht mehr ver­pflichtend. Gleich bleibt, dass mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens alle Exekutionen und der Zinsenlauf gestoppt werden. Alles Vermögen der Schuldnerinnen (Haus, Auto, Sparbuch etc.) wird verwertet.

2. Stufe: Zahlungsplan bleibt bei mindestens fünf Jahren

Im nächsten Schritt wird ein Zahlungsplan verhandelt: Schuldnerinnen müssen den Gläubigern so viel an monatlicher Rückzah­lung anbieten, wie in den nächsten fünf Jah­ren vom Einkommen pfändbar sein wird. Die Rückzahlung im Zahlungsplan darf maxi­mal sieben Jahre dauern. Diese Fristen wurden nicht herabgesetzt. Die Gläubigermehrheit muss dem Zahlungsplan zustimmen.

3. Stufe: Abschöpfungsverfahren auf drei Jahre ohne Quote

Wird der Zahlungsplan von den Gläubigern abgelehnt, gehen SchuldnerInnen in die letzte Stufe: das Abschöpfungsverfahren. Hier ist die Zustimmung der Gläubiger nicht mehr notwendig. Bislang galt: Sieben Jahre lang Pfändung bis zum Existenzminimum und mindestens 10% der Schulden müssen am Ende zurückbezahlt sein, sonst scheitert der Konkurs und alle Schulden inkl. Zinsen leben wieder auf. Nach der Reform gilt: Die Ent­schuldung über eine Abschöpfung ist schon nach drei Jahren Leben am Existenzminimum vorgesehen, ohne Mindestquote.

Ohne pfändbares Einkommen gleich in Abschöpfungsverfahren

Eine weitere Neuerung: Überschuldete, die kein pfändbares Einkommen haben (oder nur „geringfügig“ darüber), können die Verhandlungen zum Zahlungsplan überspringen und gleich in die dreijährige Abschöpfung gehen. Außerdem wird die – grundsätzlich weiterhin gültige – Sperrfrist von zwanzig Jahren ausgesetzt: All jene, deren Abschöpfung aufgrund der Mindestquote gescheitert ist, dürfen sofort wieder eine Insolvenz beantragen.

Laufende Abschöpfungsverfahren werden auf drei Jahre verkürzt

Übergangsregelung für laufende Privatkonkurse: Bestehende Abschöpfungsverfahren laufen ab 1. Juli 2017 noch maximal weitere drei Jahre (soferne sie nicht regulär schon zuvor enden). Auch sie können dann ohne Mindestquote Restschuldbefreiung erlangen. Bestehende Zahlungspläne können auf Antrag abgeändert werden, um auf die neuen Regelungen umsteigen zu können. Ob das vorteilhaft ist, ist aber in jedem Einzelfall zu prüfen.

Erste Bank-Vorstand: Bekenntnis zur „Kultur des Scheiterns“

Der Privatkundenvorstand der Erste Group, Peter Bosek, äußerte sich zu dem Thema anlässlich einer Veranstaltung der Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldnerberatungen, der ASB Schuldnerberatungen GmbH: Er zeigte Verständnis für die Reform, selbst wenn beim Privatkonkursthema auch zwei Herzen in seiner Brust schlügen: „Einerseits haben wir keine große Freude, wenn Gläubigerpositionen eingeschränkt werden – die Mindestquote fällt und die Verfahrensdauern werden verkürzt. Andererseits ist es wichtig für das Land, dass eine ‚Kultur des Scheiterns‘ nicht nur in Sonntagsreden Thema ist“. Dabei konnte er nicht ausschließen, dass Banken wie kolportiert wegen der Reform ihre Kreditkosten erhöhen würden. Allerdings machte er laut APA deutlich, dass er nicht daran glaube:  „Betriebswirtschaftlich gesehen wäre es auch völlig vernünftig zu reagieren und die Konditionen zu erhöhen. Nur in Hinblick auf die Wettbewerbssituation erwarte ich keine Erhöhung der Konditionen.“

 

Mehr zum Thema