Die Drehzahlen gehen zurück: Der schwächelnde Außenhandel hat die exportorientierte deutsche Wirtschaft zum Jahresbeginn gebremst. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im ersten Quartal 2018 mit 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal nur noch halb so stark wie Ende 2017, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden in einer ersten Schätzung mitteilte.
Im vierten Quartal vergangenen Jahres hatte sich die Wirtschaftsleistung in Europas größter Volkswirtschaft noch um 0,6 Prozent erhöht.
Exportweltmeister spürt starken Euro
Bremsspuren hinterließ der Außenhandel. Importe und Exporte waren im Vergleich zum Vorquartal rückläufig. „Das stützt unsere Einschätzung, dass die deutsche Wirtschaft gegenwärtig unter dem starken Euro leidet, der in den zurückliegenden zwölf Monaten um neun Prozent aufwertete und die hierzulande produzierten Güter aus Sicht ausländischer Kunden verteuerte“, argumentierte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.
Deutscher Staat zahlt weniger
Erstmals seit knapp fünf Jahren sanken den Statistikern zufolge auch die Konsumausgaben des Staates, zu denen unter anderem soziale Sachleistungen und Gehälter der Mitarbeiter zählen. Das dämpfte das Wirtschaftswachstum ebenfalls.
Bauboom und Maschinenbau treiben Konjunktur
Getragen wurde die Konjunktur von den Investitionen der Unternehmen in Maschinen und andere Ausrüstungen sowie dem Bauboom. Auch die Verbraucher sind weiter in Konsumlaune, denn die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist historisch günstig. „Die Hauptstütze des aktuellen Aufschwungs steht damit noch“, sagte BayernLB-Analyst Stefan Kipar.
Konsumenten noch ausgabefreudig
Der Syrien-Konflikt und die Handelspolitik der USA hatten zuletzt zwar leicht auf die Konsumstimmung der Menschen in Deutschland gedrückt. Dennoch sind die Verbraucher nach Angaben der GfK-Konsumforscher nach wie vor bereit, ihre Geldbeutel für Anschaffungen zu öffnen.
Längste Aufschwungphase seit 26 Jahren
Die Wiesbadener Statistiker wiesen darauf hin, dass das BIP das 15. Mal in Folge gegenüber dem Vorquartal gestiegen sei. „Das ist die längste Aufschwungphase seit 1991.“ Auch im Vorjahresvergleich schwächte sich das Wirtschaftswachstum allerdings ab. Bereinigt um Kalendereffekte aufgrund der Lage der Feiertage wuchs das BIP um 2,3 Prozent, im vierten Quartal 2017 waren es noch 2,9 Prozent.
Streiks, Grippewelle und Fenstertage
Ökonomen hatten mit einer Delle gerechnet. „Zu der schwachen Entwicklung im ersten Quartal haben auch eine Reihe von Sonderfaktoren wie Streiks, die Grippewelle und Kalendereffekte beigetragen. Die Vorzeichen für die deutsche Konjunktur sind aber grundsätzlich gut“, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Martin Wansleben.
Ende des Aufschwunges noch nicht in Sicht
Volkswirte von Banken und Wirtschaftsforschungsinstituten sehen derzeit kein Ende des Aufschwungs, auch wenn das Quartals-Ergebnis schwächer ausfiel als erwartet. „Nun ist leichtere Wachstumskost angesagt – aber bislang noch keine Diät“, sagte VP-Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel.
Zwei Prozent Wachstum
Manche Ökonomen halten allerdings Wachstumsraten von mehr als zwei Prozent in diesem Jahr für schwierig. Die Bundesregierung rechnete zuletzt für das laufende Jahr mit einem Plus von 2,3 Prozent und für das kommende Jahr mit 2,1 Prozent. Im vergangenen Jahr war die Wirtschaft in Deutschland um 2,2 Prozent gewachsen. Es war das stärkste Plus seit sechs Jahren. (APA)