„Alles muss raus“: Sechs Tipps, wie Händler teure Abverkäufe reduzieren

19. Juni 2018 Drucken
„Alles muss raus“: Sechs Tipps, wie Händler teure Abverkäufe reduzieren
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Nur zwei von drei Verkaufsaktionen fördern den Absatz. Mit zunehmender Zahl steige der Kannibalisierungsgrad und der Gewinn sinke, heißt es in einer Studie.

Verkaufsaktionen sind die Droge des Einzelhandels. Sie kosten erheblich mehr als sie bringen. Das Münchner Beratungsunternehmen Oliver Wyman liefert  Tipps, wie sich die Abhängigkeit von derartigen Marketingaktionen überwinden lässt.

Kaum ein größerer Einzelhändler verzichtet auf regelmäßige Abverkaufsaktionen. In Deutschland machen Aktionswaren ein Viertel des Umsatzes im Lebensmitteleinzelhandel aus – fast 80 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Das hat seinen Preis: Die Steigerung der Teilnahme an Aktionen um zehn Prozentpunkte reduziert dessen kalkulierten Gewinn um einen ganzen Prozentpunkt.  Dabei: Nur zwei von drei Aktionen fördern überhaupt den Absatz.

Droge des Einzelhandels

Erstmals hat die Strategieberatung Oliver Wyman nun in einer globalen Analyse untersucht, wie Aktionen insgesamt wirken. So stabilisieren Aktionen weder auf Dauer den Absatz noch erhöhen sie die Ausgabebereitschaft der Konsumenten. Die Studie warnt: „Aktionen sind die Droge des Einzelhandels. Sie wirken kurzfristig, doch mit zunehmendem Gebrauch wächst die Abhängigkeit und der Entzug wird immer schwieriger. Nach längerem Missbrauch beginnt die Droge, das System zu zerstören.“

Verdoppelung statt Vervielfachung des Absatzes

Der Analyse zufolge gehen viele Einzelhändler davon aus, mit Sonderaktionen den Absatz des rabattierten Artikels um ein Vielfaches erhöhen zu können. In Wahrheit verdoppelt er sich nur. Die Verbraucher kaufen gezielt Aktionsware und erhöhen nicht wie erhofft ihre Gesamtausgaben. Die Elastizität von Aktionen sinkt; der Kannibalisierungsgrad stieg in den vergangenen zehn Jahren um 20 Prozent. Ein Drittel aller Aktionen fördert inzwischen überhaupt nicht mehr den Absatz, sondern reduziert nur den Gewinn vor Lieferantenfinanzierung.

Aktionen fördern Konsum stark zuckerhaltiger Produkte

Gemäß der internationalen Untersuchung von Oliver Wyman sind Warengruppen mit überdurchschnittlichem Zuckergehalt zweimal so häufig Bestandteil von Aktionsprogrammen wie andere. Der Konsum stark zuckerhaltiger Produkte steigt infolge von Aktionen um 60 Prozent. Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Studie eine Umkehr. Der Berater schlägt ein sechsstufiges Vorgehen vor.

  • Rückzug: Reduktion des Stellenwerts von Aktionen im Rahmen des Gesamtangebots
  • Auswertung des Nutzens: Häufig zeigen sich Kannibalisierung, Bevorratungs- und Verbundeffekte, die positive Wirkung des Umsatzanstiegs und der Lieferantenfinanzierung zunichtemachen.
  • Datenbasierte Entscheidungen treffen: Die Analysen versetzen den Einzelhändler in die Lage, ihr Aktionsprogramm zu straffen. So eignen sich Dauerniedrigpreise beispielsweise für Warengruppen mit bislang hohen Teilnahmequoten bei Aktionen und einer Lieferantenfinanzierung in Höhe von mehr als 80 Prozent der Rabatte.
  • Lieferantenbeziehungen stärken: Dauerhaft stabile Preise lassen sich nur in Verhandlungen mit Lieferanten erreichen. Nach Erfahrungen der Berater sind viele mittlerweile offen für neuartige Kooperationsmodelle.
  • Datenanalyse verbessern: Parallel können Einzelhändler mit verstärkten Investitionen in digitale Technologien ihre analytische Kompetenz verbessern.
  • Planungsintensität stärken: Die Genauigkeit von Prognosen bei Aktionen nimmt zu und erlaubt bessere Planung.

 

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