EU-Gipfel Salzburg: Brexit-Verhandlungen münden in Sackgasse

21. September 2018 Drucken
EU-Gipfel Salzburg: Brexit-Verhandlungen münden in Sackgasse
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Das Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag in Salzburg sorgte beim Thema Brexit für eine Dosis harter Realität. Der Chefökonom der Erste-Asset Management analysiert die Ergebnisse.

Das Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag in Salzburg sorgte für eine Dosis harter Realität. Beim Thema Brexit zeigen sich die Fronten verhärtet. Gerhard Winzer, Chefökonom der Erste-Asset Management, analysiert die Ergebnisse nächtelanger Verhandlungen. 

Obwohl der Brexit oft als das dringlichste Problem der Union betrachtet wird, war die bevorstehende Abwanderung des Vereinigten Königreichs bei weitem nicht die höchste Priorität für die EU27 beim Gipfeltreffen in der beschaulichen Salzburger Kulisse. Für die britische Premierministerin Theresa May war es allerdings der Zeitpunkt, an dem die Ausstiegsverhandlungen in die dramatische Abschlussphase gingen.

Checkers-Plan stößt auf Ablehnung

Im Laufe des Sommers hat Theresa May ihre Vorschläge für einen Soft Brexit vorangetrieben, der Großbritannien zumindest im erweiterten Orbit der EU halten würde. Ihre Hoffnungen auf einen Kompromiss wurden von Donald Tusk, dem Präsidenten des Europäischen Rates eher negativ aufgenommen. Er erklärte schlichtweg, dass sie „nicht funktionieren würden“ und dass der sogenannte Checkers-Plan den Binnenmarkt unterminieren würde. Daher müssten die britischen Vorschläge „überarbeitet und weiterverhandelt“ werden, wenn es zu einer Einigung kommen sollte. Dies wird nicht das letzte Mal sein, dass die Aussicht auf einen Brexit-Deal schwer greifbar erscheint.

Erste Erfahrungen

Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union zeigt zudem für alle Beteiligten mehrere sogenannter „firsts“ auf:

  • Erstmals tritt ein Land aus der EU aus – dazu auch noch eines, das zu den G7 gehört, dem informellen Zusammenschluss der bedeutendsten Industrienationen der westlichen Welt.
  • Die Bedingungen für den Austritt stehen nach wie vor nicht fest, obwohl die Zeit drängt und ein Deal nach dem gestrigen Gipfeltreffen in Salzburg in weite Ferne gerückt ist. Ganz im Gegenteil scheinen die Positionen noch verhärteter.

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Zukunft ist offen

Die zukünftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich sind demnach noch nicht klar. Davon abgeleitet bestehen einige erhöhte Unsicherheiten: Werden anti-elitäre Strömungen zunehmen und die Konvergenz – also die Angleichung der Wirtschaftskraft von Regionen – in Europa nachhaltig stören?  Wird im Frühjahr 2019 ein „harter“ Brexit stattfinden oder kommt eine Einigung für eine Übergangsperiode zustande?

Auswirkungen sind unbestimmt

Wie groß das entgangene Bruttoinlandsprodukt des Vereinigten Königreichs aufgrund des EU-Austritts tatsächlich sein wird lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht ableiten. Die Schätzungen schwanken auch unter Ökonomen beträchtlich.

Investitionspläne „on hold“

Generell sind hohe Unsicherheiten nachteilig für die Investitionstätigkeit. Das gilt sowohl für Unternehmen als auch für die Marktteilnehmer. Zumindest eines kann schon jetzt gesagt werden: An einem ungeordneten Austritt haben die wenigsten ein Interesse.

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