Additive Fertigung (metallischer 3D-Druck) ist dabei, durch neue Technologien und fallende Kosten zu einer massentauglichen Produktionstechnologie für Metallverarbeiter zu werden. Der Consulter Roland Berger hat die Chancen und Potentiale des Verfahrens analysiert.
Additive Fertigung bezeichnet einen Prozess, bei dem auf der Basis von digitalen 3D-Konstruktionsdaten durch das Ablagern von Material schichtweise ein Bauteil aufgebaut wird. Aktuell ist „Additive Manufacturing“ für viele Unternehmen nach wie vor eine Nischentechnologie: Das teure Verfahren kommt vor allem beim Erstellen von Prototypen, speziellen Komponenten in der Luft- und Raumfahrt oder Medizintechnik zum Einsatz. Neue Verfahren versprechen nun deutlich niedrigere Kosten und damit das Vordringen in die Massenproduktion. In der Studie „Advancements in Metal 3D-Printing“ erläutern die Fertigungsexperten von Roland Berger das Innovationspotenzial im Bereich des metallischen 3D-Drucks.
Schicht für Schicht
Die Additive Fertigung trägt Bauteile Schicht für Schicht aus Werkstoffen auf, die als feines Pulver vorliegen. Als Materialien sind unterschiedliche Metalle, Kunststoffe und Verbundwerkstoffe verfügbar. Das derzeit meist verbreitete Verfahren ist „Powder Bed Fusion by Laser“ (PBF-L). Dafür wird ein 3D-Teil schichtweise mit einem feinen Pulver als Druckmedium erzeugt. Anwendung findet PBF-L beispielsweise bei komplexen Teilen in der Luftfahrtindustrie oder Prototypen. Die Preise für diese Technologie sind in den vergangenen Jahren gefallen und bis 2020 werden weitere Effizienzsteigerungen im zweistelligen Prozentbereich erwartet. Dennoch liegen die Kosten im Vergleich zum klassischen Bau identischer Teile immer noch 15- bis 60-Mal so hoch.
Neue Technologien in den Startlöchern
In ihrer Studie fokussieren sich die Experten von Roland Berger vor allem auf neue, additive Fertigungsmethoden wie „Direct Energy Deposition“ (DED), „Material Jetting“, „Material Extrusion“ oder „Binder Jetting“. Bei DED werden dreidimensionale Bauteile durch Auftragsschweißen per Draht oder Pulver erzeugt. DED ist beispielsweise ein gängiges Verfahren bei Reparaturen. „Material Jetting“ erzeugt metallische Objekte ähnlich einem Tintenstrahldrucker durch das Auftragen von flüssigen Metalltropfen. Beim „Material Extrusion“-Verfahren wird Metallpulver in Bindermaterial eingebunden, so dass ein Stab oder eine Art Draht entsteht. Dieser wird in einer Düse erhitzt und dann Schicht für Schicht abgeschieden. Beim „Binder Jetting“ wird Bindemittel jeweils in die oberste Schicht des Pulverbettes gegeben, sodass über den Schichtaufbau ein Bauteil entsteht. In den letzten beiden Verfahren entsteht jeweils ein sogenannter „Grünling“, der weiter bearbeitet werden muss.
Bis zu einem Zehntel der aktuellen Kosten
Viele dieser neuen Verfahren sind noch in der Entwicklungsphase, werden aber in den kommenden Jahren Schritt für Schritt relevanter und für Marktwachstum bei additiven Fertigungslösungen sorgen. Sie ermöglichen unter anderem Produktionen mit größeren Stückzahlen. Die daraus resultierenden Kostenvorteile gegenüber dem PBF-L können je nach Verfahren bei einem Faktor von zehn liegen.
Die neuen Verfahren können Druck ersetzen
„Derzeit komplementieren solche innovativen Verfahren die etablierten 3D-Druck-Techniken, aber langfristig können sie diese auch ersetzen“, so die Studie. Roland Berger gehen jedoch nicht davon aus, dass sich eine Technologie komplett durchsetzen und alle anderen Lösungen verdrängen wird. Die Zukunft gehöre einem Mix aus unterschiedlichen Verfahren, die jeweils spezifische Anforderungsprofile hinsichtlich Materialeigenschaften, Produktionsvolumen und Kosten adressieren.
Die richtigen Strategien
Um das volle Spektrum an Möglichkeiten zu analysieren und im Anschluss gezielt zu nutzen, empfielt die Unternehmensberatung folgender Projektansatz:
Verständnis für Lösungen entwickeln: Angesichts des komplexen Umfelds sollten Firmen zunächst ein detailliertes Verständnis für die Technologielandschaft aufbauen.
Identifizieren von Anwendungsfeldern: Mit diesem Wissen können Unternehmen ihr eigenes Produktportfolio analysieren und prüfen, ob sie von 3D-Druck-Verfahren profitieren können.
Gruppieren einzelner Einsatzfelder: Um eine systematische Übersicht zu erhalten, lassen sich die einzelnen Anwendungen verschiedenen Gruppen zuordnen. Für jeden dieser Cluster sollten Firmen im Anschluss spezifische Szenarien entwickelten.
Institutionalisieren des Prozesses: Die geschilderte Analyse darf keine einmalige Übung sein, sondern ist als Kreislauf konzipiert. Nur so ist es möglich, technische Verbesserungen und Neuerungen einzubeziehen.