Fachkräftemangel: Warum Österreichs KMU Schaden nehmen

14. März 2019 Drucken
Fachkräftemangel: Warum Österreichs KMU Schaden nehmen
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Fast jedes dritte mittelständische Unternehmen in Österreich will in den nächsten sechs Monaten zusätzliche Stellen schaffen. Dabei ist der Fachkräftemangel aber das größte Risiko..

Fast jedes dritte mittelständische Unternehmen in Österreich will in den nächsten sechs Monaten zusätzliche Stellen schaffen. Dabei ist der Fachkräftemangel aber das größte Risiko.Vier von zehn österreichischen Unternehmen verlieren Umsätze, heißt es in einer Umfrage von EY Österreich. 

Der Fachkräftemangel wird für den österreichischen Mittelstand immer bedrohlicher und dämpft das Wachstum massiv. Für die heimischen Unternehmen sind Schwierigkeiten bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitern aktuell bei Weitem das größte Risiko – und eines, das sich immer weiter verschärft: Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Anteil jener Unternehmen, die den Fachkräftemangel als Gefahr für die Entwicklung des eigenen Betriebs sehen, von 59 auf ganze 69 Prozent an. Das sind Ergebnisse der Studie „Fachkräftemangel im österreichischen Mittelstand“ der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY. Dafür wurden österreichweit 900 mittelständische Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeitern befragt.

Ein Drittel haben „große Probleme“

Den Unternehmen fällt es weiterhin schwer, geeignete Fachkräfte zu finden: Der Anteil der Betriebe, die laut eigener Aussage große Probleme bei der Rekrutierung von Fachkräften haben, liegt seit 2018 gleichbleibend bei 30 Prozent – 2015 waren es noch 15 Prozent. Weitere 53 Prozent geben an, dass ihnen die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern „eher schwer“ fällt.

In Wien wollen 45 Prozent der KMU Jobs schaffen

Das Niveau der neu geschaffenen Planstellen bleibt gleichzeitig fast unverändert hoch: 32 Prozent planen, im ersten Halbjahr 2019 ihre Belegschaft aufzustocken – im Jänner 2018 waren es 35 Prozent. In Wien geben sogar 45 Prozent der Unternehmen an, dass ihre Mitarbeiterzahl steigen wird. Österreichweit gehen lediglich sechs Prozent davon aus, dass ihre Mitarbeiterzahl sinken wird.

Vier von zehn Unternehmen verzeichnen Umsatzeinbußen

Der leergefegte Arbeitsmarkt macht nicht nur den Personalabteilungen zu schaffen – er kostet die Unternehmen insgesamt viel Geld. Vier von zehn Unternehmen (40 Prozent) aus dem Mittelstand beklagen Umsatzeinbußen aufgrund des Fachkräftemangels. Fünf Prozent verlieren durch den Fachkräftemangel gar mehr als fünf Prozent ihres Jahresumsatzes. Besonders gravierend sind die Folgen des Fachkräftemangels in der Immobilienbranche und im Bereich Transport und Verkehr: 16 Prozent der heimischen Immobilien- und 15 Prozent der Transportunternehmen büßen mehr als fünf Prozent Umsatz ein, je weitere 41 Prozent bis zu fünf Prozent.

Jeder fünfte Betrieb beschäftigt Flüchtlinge

Bereits 19 Prozent der mittelständischen Unternehmen in Österreich beschäftigen asylberechtigte Flüchtlinge, weitere 42 Prozent würden Flüchtlinge beschäftigen. In Vorarlberg sind es derzeit sogar 44 Prozent der Unternehmen, die aktuell Stellen mit Flüchtlingen besetzt haben – gefolgt von Tirol (22 Prozent), Oberösterreich (21 Prozent) sowie Wien und Salzburg (je 20 Prozent), wo rund jedes fünfte Unternehmen Flüchtlinge unter seinen Beschäftigten zählt. Der Süden Österreichs hat den geringsten Anteil: Nur in sieben Prozent der steirischen und elf Prozent der Kärntner Betriebe arbeiten Flüchtlinge. Im Gesundheitsbereich beschäftigt ein Drittel der Mittelständler (32 Prozent) Flüchtlinge, im Tourismus ein Viertel (26 Prozent). Als größte Hürden für die Einstellung von Flüchtlingen sehen die Unternehmen mangelnde Deutschkenntnisse (80 Prozent), die unklare Rechtslage während laufender Asylverfahren (54 Prozent), mangelnde Qualifikationen (49 Prozent) und fehlende Planungssicherheit (47 Prozent).

Schwierigste Lage bei Immobilien und Industrie

Probleme bei der Fachkräftesuche haben Unternehmen in ganz Österreich – unabhängig vom Bundesland. Allerdings zeigt sich ein regionales Gefälle: Während die Situation in den östlichen Bundesländern noch vergleichsweise gut ist, kämpfen der Westen und Süden Österreichs mit den größten Problemen. Am kritischsten ist der Fachkräftemangel momentan bei Unternehmen in Vorarlberg (35 Prozent haben „große“, 57 Prozent „eher große“ Probleme), Oberösterreich (42 Prozent bzw. 48 Prozent) und in der Steiermark (32 Prozent bzw. 56 Prozent). Am besten ist die Situation noch in Wien – allerdings klagen im bevölkerungsreichsten Bundesland immer noch 17 Prozent über „große“ und weitere 53 Prozent über „eher große“ Schwierigkeiten bei der Fachkräfterekrutierung.

Probleme in der Produktion

Zahlreiche Firmen müssen deswegen Stellen unbesetzt lassen. Das betrifft insbesondere die Produktion: Jedes vierte Unternehmen (24 Prozent) lässt in diesem Bereich Positionen unbesetzt. Im Marketing oder Vertrieb müssen immerhin noch 14 Prozent der Unternehmen Stellen offen lassen und Positionen im Bereich IT/EDV bleiben bei zwölf Prozent der Betriebe unbesetzt.

Boomende Branchen mit großen Schwierigkeiten

Besonders in der Immobilienbranche (93 Prozent) sowie in Industrieunternehmen (90 Prozent) macht sich der Fachkräftemangel bemerkbar: Dort fällt es jeweils neun von zehn Unternehmen eher oder sehr schwer, ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Parallel führt dies bereits bei 57 Prozent der Immobilienunternehmen zu Umsatzeinbußen. Auch 48 Prozent der Tourismusunternehmen klagen über Umsatzeinbußen.

Mittelstand befürwortet Gesetz zur Arbeitszeitflexibilisierung

Rund jedes vierte mittelständische Unternehmen (24 Prozent) in Österreich sieht die neue Gesetzgebung zur Arbeitszeitflexibilisierung uneingeschränkt positiv, weitere 26 Prozent bewerten sie als eher positiv. Gleichzeitig stehen ihr nur zehn Prozent der befragten Unternehmen kritisch gegenüber. Besonders positiv bewertet wird sie in der Immobilien- (29 Prozent) und Dienstleitungsbranche (28 Prozent). Bei Unternehmen mit Umsätzen über 100 Millionen Euro sehen sogar 36 Prozent die Flexibilisierung ausgesprochen positiv.