Die österreichische Start-up-Szene bleibt dynamisch: Die Finanzierungsrunden für die heimischen Gründer verdoppeln sich von 35 auf 71. Jungunternehmen aus Österreich erhalten mit 173 Millionen Euro rund ein Viertel mehr Kapital als 2017.
Damit befindet sich die heimische Start-up-Szene im Gleichschritt mit Europa. Der Gesamtwert der Start-up-Finanzierungen stieg in Europa im Vergleich zum Vorjahr um elf Prozent auf 21,3 Milliarden Euro. Die Zahl der Finanzierungsrunden legte um 15 Prozent auf 4.199 zu. Das sind Ergebnisse des Start-up-Barometers der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY. Als Start-ups werden dabei Unternehmen gewertet, die nicht älter als zehn Jahre sind.
Anstieg in Österreich – aber immer noch Aufholbedarf
Der starke Aufschwung der österreichischen Start-up-Szene hat sich auch im vergangenen Jahr fortgesetzt: Österreichs Start-ups haben 2018 rund ein Viertel mehr Geld durch Finanzierungsrunden eingenommen als im Vorjahreszeitraum. Der Gesamtwert ist von 138 Millionen Euro auf 173 Millionen Euro gestiegen. Damit belegt Österreich Rang 15 im europäischen Vergleich. Gleichzeitig ist auch die Zahl der Finanzierungsrunden nach oben gegangen: Sie stieg um mehr als das Doppelte von 35 auf 71 – auch hier liegt Österreich auf dem 15. Platz.
Kleinteilige Investitionen
EY bremst aber die Euphorie: Es gibt in Österreich viele kleine Finanzierungen. Die Top-10-Deals in Österreich hatten 2018 ein Durchschnittsvolumen von 14 Millionen Euro – die Schweiz liegt bei 63 Millionen Euro, Deutschland bei 158 Millionen Euro. Damit liegt der Anteil des Investitionsvolumens für heimische Jungunternehmen am gesamten europäischen Kuchen deutlich unter einem Prozent, der Anteil Österreichs an der Wirtschaftsleistung hingegen erheblich über zwei Prozent. Hier zeige sich eine Lücke.
Digitale Dynamik durch Start-ups
Der anhaltende Aufschwung der österreichischen Start-up-Szene sei eine sehr positive Entwicklung für den gesamten Wirtschaftsstandort Österreich, so EY in ihrer Aussendung. Start-ups spielten eine immer größere Rolle bei der digitalen Transformation der österreichischen Wirtschaft. Mit ihren Innovationen geben Gründer der Digitalisierung neue Impulse und sorgen damit auch für Veränderungen bei den etablierten Konzernen. Der Trend gehe ganz klar dahin, dass nicht mehr nur Finanzinvestoren Start-ups mit frischem Kapital versorgen, sondern immer mehr Corporates und mittelständische Betriebe professionelle Venture-Capital-Set-ups oder Fonds aufsetzen.
Dezentralisierung in Österreich
Dafür sei eine breit aufgestellte Start-up-Landschaft zentral. Die Dynamik dürfe sich nicht nur auf wenige Hotspots konzentrieren. Österreich sei auf einem sehr guten Weg. Die Unternehmen mit den Top-5-Finanzierungen des Jahres 2018 kommen aus vier unterschiedlichen Bundesländern.
In Europa klingeln die Kassen
Obwohl sich die Konjunkturaussichten sowohl weltweit als auch in Europa im zweiten Halbjahr 2018 deutlich eingetrübt haben, blieb der Positivtrend ungebrochen: Der europaweite Transaktionswert kletterte in der zweiten Jahreshälfte gegenüber dem ersten Halbjahr um acht Prozent, die Zahl der Finanzierungen stieg sogar um elf Prozent.
Franzosen wachen auf
Besonders augenfällig sei dabei die dynamische Entwicklung in Frankreich. Die französische Politik verfolgt das Ziel, Frankreich zur Start-up-Nation Nummer eins in Europa zu entwickeln. Zwar gebe es weniger Mega-Transaktionen, in der Breite sei die Finanzierung von Jungunternehmen aber besser als in Deutschland. Zahlreiche sinnvolle Fördermaßnahmen für junge Gründer wie etwa die unkomplizierte Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen, günstige Kredite vom Staat, massive Steuererleichterungen für Gründer und Investoren oder der Aufbau der „Station F“, dem in Paris angesiedelten Start-up-Campus, zeigten, wie ernst Frankreich es mit den Start-ups meint.
Techies geben den Ton an
Investoren erkennen gerade in Tech-Start-ups, die auch in Österreich eine immer größere Rolle spielen, großes Potenzial – und sie sind auch bereit und in der Lage, hohe Summen auf ihren Erfolg zu setzen. So stieg die Zahl der Finanzierungen mit einem Volumen von 100 Millionen Euro und mehr im Vergleich zum Vorjahr europaweit von 13 auf 24. Davon fanden zwölf Transaktionen in Großbritannien statt, sechs in Deutschland – die übrigen Großdeals verteilten sich auf andere europäische Länder.
Britische Start-ups ziehen höchste Investitionen an
Trotz des bevorstehenden Brexits konnte Großbritannien seine Spitzenposition innerhalb der europäischen Start-up-Szene behaupten: An britische Start-ups flossen insgesamt 7,2 Milliarden Euro, das sind zwölf Prozent mehr als im Vorjahr. Deutsche Jungunternehmen erhielten 4,6 Milliarden Euro, sieben Prozent mehr als 2017. In Frankreich, das beim Investitionsvolumen den dritten Rang in Europa belegt, stiegen die Start-up-Investitionen sogar um 31 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro.
Britisches Start-up erhält das meiste Geld
Die größte Finanzierung des Jahres erhielt ein britisches Unternehmen: Der Luxus-Onlinehändler FarFetch sammelt bei seinem Börsengang 583 Millionen Euro ein. Auf den Plätzen zwei und drei folgen mit der Gebrauchtwagen-Plattform Auto1 (460 Millionen Euro) und dem Bekleidungs-Start-up About You (264 Millionen Euro) zwei deutsche Start-ups.
London gibt im Städteranking den Ton an
Im europäischen Städteranking liegt London mit fünf Milliarden Euro und einem Zuwachs von drei Prozent gegenüber 2017 weiterhin auf dem ersten Platz – mit großem Abstand vor den beiden Verfolgern Berlin (2,6 Milliarden Euro) und Paris (2,5 Milliarden Euro). Allerdings droht Paris, die deutsche Hauptstadt zu überholen: Während Berliner Start-ups insgesamt zwölf Prozent weniger frisches Kapital erhielten, legten die Investitionen in Paris um 39 Prozent zu. Bei der Zahl der Transaktionen hat die französische Hauptstadt bereits die Nase vorn: Insgesamt 366 Start-up-Investitionen wurden 2018 gezählt, in Berlin waren es 244. London liegt mit 623 Finanzierungen weiterhin vorne.
Wien rutscht aus den Top-20
In Wien gab es einen Rückgang des Investitionsvolumens von 119 Millionen Euro auf 104 Millionen Euro – damit rutscht die österreichische Hauptstadt aus den europäischen Top-20 und landet auf Platz 26. Bei der Anzahl der Finanzierungsrunden gab es in Wien hingegen fast eine Verdoppelung von 23 auf 43 – das bedeutet Platz 15 im europäischen Ranking.