Am 13.11.2017 wurde eine weitgehende Angleichung der Rechtsstellung von Arbeitern und Angestellten vom Nationalrat beschlossen. Die Neuerungen betreffen in erster Linie die Regeln zur Entgeltfortzahlung (seit 2018) sowie der Kündigungsfristen (ab 2021). Die Juristen der WKO haben die Auswirkungen des Beschlusses zusammengetragen.
Bei dem Gesetzesbeschluss handelt es sich nur um eine teilweise Angleichung der beiden Arbeitnehmergruppen. Eine völlige Angleichung von Arbeitern und Angestellten hat nicht stattgefunden, da kein einheitlicher Arbeitnehmerbegriff geschaffen wurde. Dies hat zur Folge, dass beispielsweise weiterhin getrennte Betriebsräte bestehen bleiben.
Angleichung der Entgeltfortzahlung im Krankenstand
Bisher hatten Angestellte und Arbeiter bis zum 5. Dienstjahr Anspruch auf 6 Wochen volle und 4 Wochen halbe Entgeltfortzahlung. Dieser Anspruch erhöhte sich nach 5, 15, bzw. 25 Dienstjahren auf 8, 10 bzw. 12 Wochen volle und jeweils 4 Wochen halbe Entgeltfortzahlung. Neu ist laut Wirtschaftskammer, dass Arbeiter und Angestellte bereits nach einer einjährigen Dauer des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf 8 Wochen volle und 4 Wochen halbe Entgeltfortzahlung haben. Die Sprünge auf 10 bzw. 12 Wochen volle und jeweils 4 Wochen halbe Entgeltfortzahlung nach 15 bzw. 25 Jahren bleiben weiterhin bestehen.
Keine Erst- und Folgekrankenstände für Angestellte
Außerdem wurde der Anspruch der Angestellten auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber bei Krankenstand an die Systematik der Arbeiter angepasst. Die bisherige Unterscheidung bei den Angestellten in Erst- und Folgekrankenstände und die Weiterzahlung des vollen und anschließend halben Grundanspruchs bei Krankenständen innerhalb von 6 Monaten ab Wiederantritt des Dienstes nach dem Erstkrankenstand entfällt.
Entgeltfortzahlung: Weniger ist mehr
Wie bei den Arbeitern richtet sich der Anspruch der Angestellten auf Entgeltfortzahlung nunmehr nach dem Arbeitsjahr. Ist der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ausgeschöpft, entsteht er in vollem Ausmaß erst wieder mit Beginn eines neuen Arbeitsjahres. Reicht eine Arbeitsverhinderung von einem Arbeitsjahr in das nächste Arbeitsjahr, gilt die im neuen Arbeitsjahr liegende Erkrankung als Erkrankung im neuen Arbeitsjahr.
Arbeitsunfälle: Arbeiterstatus für alle
Weiters erfolgt eine Angleichung bei Arbeitern und Angestellten hinsichtlich Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Es wird nun die „privilegierte Entgeltfortzahlung der Arbeiter“ bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten übernommen. Demnach besteht bei jedem Arbeitsunfall (Berufskrankheit) ein Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung von 8 Wochen (nach 15-jähriger Betriebszugehörigkeit 10 Wochen) pro Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit, unabhängig von sonstigen Krankenständen.
Ab Sommer gültig
Die Angleichungen treten mit 1.7.2018 in Kraft und finden auf Dienstverhinderungen Anwendung, die in Arbeitsjahren eintreten, die nach dem 30.6.2018 beginnen.
Angleichung bei Dienstverhinderungsgründen
Das Angestelltengesetz regelt für Angestellte die Pflicht zur Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber. Bei den Arbeitern ist dies im ABGB festgeschrieben. Die Regeln greifen, wenn aus wichtigen, in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen die Arbeitsleistung ausfällt, wie beispielsweise bei Arztbesuchen, Geburten, Behördenwegen etc. Die Experten der Wirtschaftskammer unterstreichen, dass ein wesentlicher Unterschied zwischen diesen beiden gesetzlichen Regelungen darin bestanden habe, dass die Dienstverhinderungsgründe bei den Angestellten durch Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag nicht eingeschränkt werden können. Die Regelung für Arbeiter im ABGB hat hingegen eine Einschränkung durch Kollektivvertrag erlaubt.
Arbeiter werden bei Fortzahlungen besser gestellt
Nun erhalten Arbeiter für eine verhältnismäßig kurze Zeit Entgeltfortzahlung auch aus Gründen, die nicht im Kollektivvertrag genannt werden, insbesondere bei familiären und öffentlichen Pflichten sowie bei faktischen Verhinderungen. Die kollektivvertraglichen Bestimmungen gelten zwar weiterhin, die dort geregelten Dienstverhinderungsgründe sind aber nunmehr als beispielhaft aufgezählt zu betrachten. Diese Änderung tritt mit 1.7.2018 in Kraft.
Einvernehmliche Auflösung während eines Krankenstands
Bisher bestand bei Beendigung des Dienstverhältnisses eine Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers über das Ende des Dienstverhältnisses hinaus, wenn er den Arbeitnehmer während eines Krankenstands gekündigt, den Arbeitnehmer unberechtigt entlassen oder einen vorzeitigen Austritt des Arbeitnehmers verschuldet hatte. Künftig erstreckt sich die Entgeltfortzahlungspflicht über das Ende des Dienstverhältnisses hinaus auch auf einvernehmliche Auflösungen des Arbeitsverhältnisses während eines Krankenstandes. Die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers besteht, wie auch in den oben dargestellten Fällen, bis zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers bzw. bis zur Erschöpfung des Krankenentgelts. Diese neue Bestimmung findet Anwendung auf einvernehmliche Auflösungen, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach dem 30.6.2018 bewirken.
Kündigungsfristen für angestellte Teilzeitbeschäftigte
Bis 31.12.2017 galt, dass bei einer vereinbarten oder tatsächlichen geleisteten Arbeitszeit des Angestellten, die bezogen auf den Monat – jetzt kommt es – „weniger als 1/5 des 4,3-fachen der durch Gesetz oder Kollektivvertrag vorgesehenen wöchentlichen Normalarbeitszeit“ beträgt, die 6-wöchige Kündigungsfrist des Angestelltengesetzes nicht anzuwenden ist. Diese Regelung entfällt seit 1.1.2018 ersatzlos. Somit gelten ab diesem Zeitpunkt für Angestellte mit geringer Arbeitszeit keine speziellen Kündigungsbestimmungen mehr, sondern die „normale“ mindestens 6-wöchige Kündigungsfrist für Arbeitgeberkündigungen sowie das Quartalsende als Kündigungstermin.