Eine erschlichene ärztliche Krankenstandsbescheinigung ist ein Grund für eine vorzeitige Entlassung, meint das OGH. LBG Österreich hat das Urteil analysiert.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte zu beurteilen, ob die von einem Arbeitgeber ausgesprochene Entlassung eines Arbeitnehmers auch dann gerechtfertigt ist, wenn der Arbeitnehmer eine ärztliche Krankenstandsbescheinigung erschleicht. Der OGH kam zu einer sehr allgemeinen rechtlichen Beurteilung: Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine gerechtfertigte vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses kann immer nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden.
Guter Glaube zählt
Dem Arbeitnehmer wird in aller Regel (aber nicht ausnahmslos!) der gute Glaube zugebilligt, dass er sich für arbeitsunfähig halten kann, wenn der Arzt seine Arbeitsunfähigkeit feststellt. Bei diesen Regeln handelt es sich aber um Erfahrungssätze. Sie nehmen dem Arbeitgeber nicht das Recht, skeptisch zu werden. Er kann den Beweis antreten, dass der Arbeitnehmer trotz Vorlage einer entsprechenden Krankenstandsbescheinigung arbeitsfähig war. Allerdings musste der Arbeitnehmer davon auch Kenntnis haben oder er hätte nach den Umständen Kenntnis haben müssen. Das bedeutet, dem Arbeitnehmer musste aus gewissen Gründen klar sein, dass die ärztliche Bestätigung unrichtig war.
Unrichtige Angaben
Dies wäre etwa der Fall, wenn der Arbeitnehmer die ärztliche Bestätigung durch bewusst unrichtige Angaben gegenüber dem Arzt erwirkt hätte oder wenn der betreffende, objektiv arbeitsfähige Arbeitnehmer die Unrichtigkeit dieser ärztlichen Bescheinigung kannte oder kennen musste.
Keinen Bock ohne eigenen LKW
Im zu beurteilenden Fall stand fest, dass der Kläger nach einer Auseinandersetzung mit dem Betriebsleiter nicht deshalb zum Hausarzt ging, weil er sich so krank fühlte, sondern weil er seinen Dienst in der Partie ohne seinen LKW nicht durchführen wollte. Wenn das Berufungsgericht davon ausging, dass der Kläger unter diesen Umständen die Unrichtigkeit der ärztlichen Bescheinigung kennen musste, so ist dies vertretbar und nicht weiter korrekturbedürftig. Der OGH bestätigte daher in diesem Fall die Rechtmäßigkeit der vom Arbeitgeber ausgesprochenen Entlassung.