EU-Mercosur: Was das umstrittene Freihandelsabkommen bedeutet

17. Januar 2020 Drucken
EU-Mercosur: Was das umstrittene Freihandelsabkommen bedeutet
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Auf internationaler Ebene wird das EU-Mercosur-Übereinkommen als großer Erfolg gefeiert. Állerdings sind die Ratifizierungen in den nationalen EU-Parlamenten nicht gesichert.

In Österreich ist eine Ratifizierung des Handelsabkommens der EU mit den südamerikanischen Mercosur-Ländern nicht gesichert. Auf internationaler Ebene wird das überraschend zustande gekommene EU-Mercosur-Übereinkommen aber als großer Erfolg gefeiert.

Die Analysten der Erste Asset Management haben in ihrem Blog die Für und Wider des potentiell weltgrößten Freihandelsmarktes untersucht.

Die Europäische Union und der südamerikanische Staatenbund Mercosur meldeten im Sommer 2019 die Schaffung der größten Freihandelszone der Welt. Nach Verhandlungen, die sich über 20 Jahre gezogen hatten, erzielte man schließlich eine politische Einigung über den Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen. Der scheidende EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprach von einem „historischen Moment“.

Milliardenkosten sollen eingespart werden

Das EU-Mercosur-Abkommen zwischen der EU und Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay soll den Warenaustausch stärken und Unternehmen Kosteneinsparungen in Milliardenhöhe bringen. Die EU-Kommission schätzt, dass das vereinbarte Abkommen europäischen Unternehmen vier Milliarden Euro an Zöllen ersparen wird.

Potenzial an Waren- und Kapitalmärkten

Die Exporte von Unternehmen aus der EU in die vier Mercosur-Staaten beliefen sich Daten der Kommission zufolge 2018 auf rund 45 Milliarden Euro, in die andere Richtung waren es Ausfuhren im Wert von 42,6 Milliarden Euro. Für die lateinamerikanischen Staaten ist die EU bereits der wichtigste Handels- und Investmentpartner. Mercosur exportiert vor allem Nahrungsmittel, Getränke und Tabak in die EU. Von dort gehen wiederum vor allem Maschinen, Transportausrüstungen sowie Chemikalien und pharmazeutische Produkte nach Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Auch am Kapitalmarkt stehen die beiden Regionen in regem Austausch.

Verdreifachung des Kapitalaustausches

Das kumulierte Volumen von Kapital aus der EU stieg von 130 Milliarden Euro im Jahr 2000 auf 381 Milliarden Euro im Jahr 2017. Umgekehrt hielten Investoren aus den Mercosur-Staaten im Jahr 2017 Beteiligungen im Wert von 52 Milliarden Euro in der EU.

Nächste Schritte und Skepsis

Bereits kurz nach Bekanntwerden der „historischen“ Vereinbarung  zeichnete sich Widerstand ab. Denn während sich Branchen wie die Autoindustrie mit den vorgesehenen Veränderungen zufrieden zeigten, fürchten beispielsweise Landwirte verschärfte Konkurrenz durch Rindfleisch, Geflügel und Zucker aus Südamerika.

Schwache Regulatorien in Mercosur

Dort gelten schwächere Vorgaben beim Umwelt- Klima- und Pflanzenschutz und beim Einsatz von Antibiotika, was auch Konsumenten- und Umweltschützer auf den Plan rief: „Frankreich ist derzeit nicht bereit, das Abkommen zu ratifizieren“, sagte eine Regierungssprecherin in der Vorwoche im französischen Rundfunk.

Ohne Ratifizierungen kein Abkommen

Bevor das EU-Mercosur-Abkommen umgesetzt werden kann, müssen unter anderem alle Mitgliedsstaaten der EU sowie das EU-Parlament dem Vertrag zustimmen. Und dafür wird es wohl noch Nachverhandlungen  und zusätzliche Vereinbarungen in einigen Bereichen brauchen. Die größte Freihandelszone der Welt ist also noch nicht am Ziel. Der Meilenstein ihrer Vereinbarung kann jedoch als positives Signal in einem konfliktreichen Umfeld gesehen werden.

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