Weltweit beträgt der Frauenanteil in Führungspositionen unverändert 29 Prozent (2018: 29 Prozent), in der Europäischen Union liegt er bei 30 Prozent (2018: 28 Prozent). EU-weit ist der Anteil von Unternehmen, die mindestens eine Frau in ihrem Vorstand oder in ihrer Geschäftsführung beschäftigen mit 84 Prozent (2018: 84 Prozent) gleichgeblieben, liegt aber noch deutlich hinter dem globalen Ergebnis mit konstanten 87 Prozent (2018: 87 Prozent). Gleichstellung bleibt weiterhin ein unerreichtes Ziel.
Seit mehr als 15 Jahren untersucht Grant Thornton die Geschlechtervielfalt im oberen Management und ermittelt jährlich den Anteil weiblicher Führungskräfte bei mittelständischen Unternehmen in den wichtigsten Industrienationen weltweit. Zudem wird regelmäßig beleuchtet, welche Maßnahmen die Unternehmen treffen, um mehr Führungspositionen mit Frauen zu besetzen.
Österreich hinkt bei Gleichstellung hinterher
Auch für Österreich wurden konkrete Zahlen in einer aktuellen Studie des Weltwirtschaftsforums veröffentlicht: Beim Anteil von Frauen in Top-Positionen in Unternehmen kommt Österreich auf einen Anteil von 19,2 Prozent. Generell steht Österreich bei der wirtschaftlichen Partizipation von Frauen weltweit nur auf Rang 86. Bei der Lohnschere – also der Bezahlung für gleiche Arbeit – landet Österreich laut dieser Studie sogar nur auf dem 108. Platz.
Gottwald Kranebitter, Managing Partner bei Grant Thornton Austria, sieht hier Handlungsbedarf: „Es geht darum, die tatsächlich gelebte Chancengleichheit zu fördern und strukturellen Diskriminierungsmechanismen auf allen Ebenen entgegenzuwirken. Wir wollen ein Umfeld schaffen, in dem allen – geschlechtsunabhängig – die gleichen Chancen zustehen. Gleichzeitig sollen Frauen dazu motiviert werden, sich aktiv für Führungspositionen zu bewerben.“
Das Engagement für Gendervielfalt in Führungspositionen hält sich in Österreich ebenfalls in Grenzen. Die erhobenen Daten der Studie des Weltwirtschaftsforums bestätigen, dass ein Großteil der Unternehmen in Österreich zu wenig Maßnahmen für mehr Geschlechtervielfalt auf Führungsebene ergreift und das wirtschaftliche Potenzial der Geschlechtergleichstellung (noch) nicht erkannt hat.
„Neue Formen des Arbeitens sind die Voraussetzung für mehr Gleichberechtigung. Meistens sind es Frauen, die unflexible Strukturen im Beruf mit den Bedürfnissen ihrer Familie unter einen Hut bringen müssen. Dadurch sind sie häufig gezwungen, Abstriche in ihrer Karriere hinzunehmen. Ein Entgegenkommen von Unternehmensseite in Bezug auf flexible Arbeitszeiten oder projektbezogenes Arbeiten würde Frauen die berufliche Selbstverwirklichung erleichtern“, sagt Claudia Modarressy, Partnerin bei Grant Thornton Austria und Mutter zweier Kinder.
Welche Führungspositionen werden von Frauen bekleidet?
Im Jahr 2020 (20 Prozent) ist laut dem Women in Business Report gegenüber dem Jahr 2019 (15 Prozent) ein Anstieg bei den Frauen auf der Ebene der CEOs zu verzeichnen. Bei den CFOs hingegen, einer Position, in der Frauen traditionell stark vertreten sind, ist der Anteil jedoch rückläufig (2019: 34 Prozent, 2020: 30 Prozent). Möglicherweise spiegelt diese Verschiebung wieder, dass weibliche Führungskräfte innerhalb derselben Untergruppe aus der Position des CFO zum CEO befördert worden sind. Frauen mit höherer Bildung haben am ehesten eine Führungsposition im Bereich HR inne (2020: 40 Prozent), hingegen sind lediglich 7 Prozent der Partner in Unternehmen weiblich.
„Wenn sich die Führungsetage eines Unternehmens nur aus Mitarbeitern mit einem ähnlichen Hintergrund, einer ähnlichen Kultur und dem gleichen Geschlecht zusammensetzt, fehlen viele Blickwinkel. Interessen, Ziele sowie Antrieb und Motivation sind bei Frauen häufig anders gelagert als bei Männern. Mit Frauen in der Führungsebene ergeben sich neue Perspektiven und differenziertere Diskussionen, wovon sowohl Klienten als auch Mitarbeiter profitieren“, sagt Gerda Leimer, Partnerin bei Grant Thornton Austria.
Industrielle Schwellenländer sind Vorreiter, was die Gleichstellung betrifft
Hervorzuheben ist die Entwicklung in den industriellen Schwellenländern: In Südafrika haben 97 Prozent (2018: 90 Prozent) der befragten Unternehmen mindestens eine Frau in einer Führungsposition beschäftigt. Der Gesamtanteil weiblicher Führungskräfte in diesen Unternehmen beträgt sogar 40 Prozent. Damit hat sich ihr Wert im Vergleich zum Vorjahr signifikant erhöht. (2018: 24 Prozent).
Auch Mexiko hat – trotz starker kultureller Männerdominanz – mit 37 Prozent Gesamtanteil (2018: 26 Prozent) zugelegt. Dies verteilt sich auf 85 Prozent (2018: 81 Prozent) aller befragten Unternehmen, die mindestens eine weibliche Führungskraft angestellt haben.
Negativ hervorzuheben sind die asiatischen Industrienationen: In Japan sinkt der Gesamtanteil an Frauen in Führungspositionen auf nur 12 Prozent (2018: 15 Prozent). In Südkorea beträgt er 17 Prozent. Hier hat sich die Anzahl von Frauen in Führungspositionen seit dem vergangenen Jahr fast halbiert (2018: 30 Prozent). China befindet sich mit 31 Prozent (2018: 28 Prozent) bei den Frauenanteilen im Mittelfeld.
Die Gleichstellung von Frauen und Männern in Führungspositionen bleibt auch im Jahr 2020 ein unerreichtes Ziel. Konzepte wie flexible Arbeitsmöglichkeiten oder Quotenregelungen werden nur sehr zögerlich umgesetzt. Die Unterstützung einer integrativen Kultur ist mit 34 Prozent die häufigste Initiative zur Verbesserung der Geschlechtervielfalt. Viele Maßnahmen haben seit 2019 an Popularität gewonnen, wobei das Belohnen von Führungskräften, wenn Fortschritte bei der Geschlechterparität erzielt wurden, im letzten Jahr am stärksten zugenommen hat. Trotzdem treffen 22 Prozent der Unternehmen weltweit immer noch keine Vorkehrungen, um Geschlechtervielfalt auf der Führungsebene zu gewährleisten.