Die Coronakrise stellt derzeit zahlreiche Versicherungskunden vor neue, unerwartete Herausforderungen. Manche trifft es finanziell z.B. durch krisenbedingte Arbeitslosigkeit besonders hart. „Wir wollen als Versicherungswirtschaft einen Beitrag leisten und den Betroffenen entgegenkommen“, sagt Kurt Svoboda, Präsident des österreichischen Versicherungsverbandes VVO.
Sollten Verbraucher oder Kleinunternehmen durch die Coronakrise in Zahlungsprobleme oder Zahlungsverzüge geraten, werden die Versicherer ihren Kunden in Härtefällen auf freiwilliger Basis individuell unter die Arme greifen. Dazu gehört die möglichst rasche Schadenabwicklung und Auszahlung von Leistungen genauso wie der individuelle, flexible und lösungsorientierte Umgang mit Prämienzahlungen. Hier gibt es beispielsweise die Möglichkeit, die Prämienzahlungen vorübergehend zu stunden und so den Vertrag – und damit den vereinbarten Versicherungsschutz – auch in dieser Phase aufrecht zu erhalten. Eine andere Möglichkeit ist, die Prämien – und damit einhergehend aber auch den Versicherungsschutz – zu reduzieren. Ein dauerhaftes Aussetzen der Prämienzahlung führt zum Entfall des Versicherungsschutzes. Diese Möglichkeiten sollen bis 30.6.2020 gelten, können aber – abhängig von der weiteren Entwicklung der Coronakrise – auch verlängert werden.
Nachstehend eine Übersicht der Möglichkeiten nach Versicherungssparten. Für die individuelle Lösung wird empfohlen, den persönlichen Versicherungsberater zu kontaktieren:
1. Lebensversicherung
Den Kunden stehen je nach vertraglicher Vereinbarung folgende Möglichkeiten offen:
- Bei einer Stundung kann die Zahlung für einige Monate ausgesetzt werden. Der Versicherungsschutz bleibt dabei in vollem Umfang aufrecht. Die gestundeten Versicherungsprämien können zu einem späteren Zeitpunkt nachgezahlt werden.
- Eine Prämienpause kann für einige Monate bis zu einem Jahr – abhängig von den jeweiligen vertraglichen Bedingungen – vereinbart werden. Die Prämien für den Zeitraum der Prämienpause müssen nach deren Ende nicht nachgezahlt werden, die vertraglichen Leistungen reduzieren sich entsprechend. Während der Prämienpause besteht eingeschränkter Versicherungsschutz im Ablebensfall und kein Versicherungsschutz aus Zusatzversicherungen.
- Bei einer Prämienreduktion wird die Prämie, aber auch der Versicherungsschutz auf Dauer herabgesetzt. Eine Prämienfreistellung wird als Dauerlösung fixiert, die Leistungen sinken demgemäß.
2. Krankenversicherung
Bei einer privaten Krankenversicherung ist ein Ruhendstellen oder eine Prämienreduktion möglich. Dadurch reduziert sich der Versicherungsschutz. Die Versicherer sind bemüht, individuell Ruhendstellungen und Prämienreduktionen auch unterjährig durchzuführen. Die Versicherer raten aber davon ab, den privaten Krankenversicherungsschutz auszusetzen oder zu reduzieren, weil Leistungen im Krankheitsfall wichtig sein können.
3. Haushalts-, Eigenheim-, Rechtsschutz- und Betriebsversicherung (KMU)
Neben einer Prämienstundung kann auch eine Prämienreduktion mit verringertem Versicherungsschutz vereinbart werden. Darüber hinaus können bestimmte Zusatzbausteine ausgeschlossen oder höhere Selbstbehalte vereinbart werden.
4. KFZ-Versicherung
In der KFZ-Haftpflichtversicherung können die Prämien gestundet werden. Der Vertrag kann auch durch Hinterlegung des KFZ-Kennzeichens ruhend gestellt werden (mindestens für 45 Tage). In der KFZ-Kaskoversicherung ist eine Prämienreduktion bei geringerer Deckung durch Umstieg auf andere Produktvarianten wie etwa Teilkasko statt Vollkasko möglich. Eine Prämienreduktion mit sofortiger Wirkung ist auch durch Erhöhung des Selbstbehalts möglich.
Coronakrise: Hilfe für KMU und Einzelunternehmer
Aufbauend auf den staatlichen Hilfsmaßnahmen greift die freiwillige Hilfsaktion der Versicherungen jenen Unternehmern mit bestehender spezieller BUFT- (Betriebsunterbrechung für Selbständige und Freiberufler) oder Seuchen-Betriebsunterbrechungsversicherung unter die Arme, die von der Krise besonders stark betroffen sind. Diese sollen sich direkt an ihren Versicherer wenden.
Das von Seiten des österreichischen Parlaments beschlossene COVID-19-Maßnahmengesetz führt dazu, dass viele Unternehmen – insbesondere auch in der Tourismusbranche und tourismusnahen Branchen – vor enormen wirtschaftlichen Herausforderungen stehen. Zahlreiche Betriebe mussten schließen, das verordnete Betretungsverbot zur Eindämmung der Seuche als generalpräventive Maßnahme ist für viele sogar existenzgefährdend. Ob die teilweise bestehenden BUFT (Betriebsunterbrechungsversicherungen für Selbständige und Freiberufler) oder Seuchen-Betriebsunterbrechungsversicherung in diesem Fall greifen, hängt von der konkreten Situation ab und wird aktuell von den Versicherungen entsprechend der individuellen Vertragslage geprüft.
Die umfassenden staatlichen Fördermaßnahmen wie Kurzarbeit, Corona-Hilfsfonds, Härtefallfonds, etc. können im Durchschnitt 70 Prozent der erlittenen Einbußen ausgleichen. Es ist der österreichischen Versicherungswirtschaft ein Anliegen, Betriebe und Unternehmer, die durch das verordnete Betretungsverbot betroffen sind, in dieser schwierigen Situation mit einer freiwilligen Leistung zu unterstützen. Die freiwillige Leistung soll in der Regel die Hälfte des nach Inanspruchnahme der Staatshilfe verbleibenden Ausfalls ausmachen. Das heißt, konkret können die Begünstigten mit 15 Prozent einer Tagesentschädigung für die Dauer von maximal 30 Tagen rechnen.
Betroffene Kunden sollen sich direkt an ihren Versicherungsbetreuer oder an ihre Versicherung wenden, um ihre individuelle Situation analysieren zu können, damit anschließend rasch und unbürokratisch eine Zahlung erfolgen kann. Einen Rechtsanspruch auf die freiwilligen Leistungen gibt es nicht.
Die wichtigsten Links von Behörden und Institutionen für Unternehmen rund um das Coronavirus finden sich hier.