Coronakrise: Heimischer Handel weiter unter Druck

25. Juni 2020 Drucken
Coronakrise: Heimischer Handel weiter unter Druck
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Seit mehr als 100 Tagen befindet sich Österreich im Corona-Krisenmodus, der Weg zurück zur „Normalität“ ist steinig. Wie es den heimischen Händlern derzeit geht, mit welchen Herausforderungen sie besonders zu kämpfen haben und welche Unterstützungsleistungen tatsächlich helfen, hat der Handelsverband in einer aktuellen Blitzumfrage analysiert.

Bereits bei der letzten Umfrage im April 2020 haben über 7 Prozent der befragten Händler angegeben, ihren Betrieb bereits geschlossen zu haben, gerade dabei zu sein, den Betrieb zu schließen, oder das Gewerbe bereits ruhend gestellt zu haben. Die betroffenen Händler sind nicht mehr Teil dieser zweiten Erhebungswelle gewesen. In der Befragung geben noch fast 80 Prozent der Unternehmen an, dass sich die Covid-19 Pandemie negativ auf ihren Umsatz im stationären Handel auswirkt. Im Juni 2020 verzeichnen die österreichischen Händler im Schnitt Umsatzverluste von minus 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch die Kundenfrequenz liegt mit durchschnittlich minus 28 Prozent mehr als ein Viertel unter dem Niveau von 2019.

27 Prozent der Händler nehmen daher aktuell die Corona-Kurzarbeit für zumindest einen Teil ihrer Belegschaft in Anspruch, jeder zehnte Betrieb musste bereits Mitarbeiter freistellen. Weitere 14 Prozent haben geplant, in den nächsten 12 Monaten Stellen zu streichen.

Staatliche Unterstützungsleistungen:Komplexität als Herausforderung

Mittlerweile haben bereits mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen um finanzielle Hilfen aus dem Corona-Rettungsschirm angesucht bzw. planen, dies noch zu tun. Das gilt insbesondere für die Kurzarbeit, bei der immerhin 43 Prozent der Händler zumindest teilweise Auszahlungen erhalten haben. Positiv bewertet werden vom Handel vor allem die Steuerstundungen, die von rund einem Drittel der Händler beansprucht wurden.

Verbesserungsbedarf orten die befragten Handelsunternehmen weiterhin beim Härtefall-Fonds für EPU/KMU, sowie beim Fixkostenzuschuss (Corona Hilfsfonds). Letzteren wollen fast 40 Prozent der Händler beantragen, allerdings wird die Staffelung der Ersatzleistungen für den Umsatzausfall (25 Prozent / 50 Prozent / 75 Prozent) als unfair empfunden. Eine aliquote Berechnung nach Prozentpunkten wäre korrekter, um die tatsächlichen Ausfälle entsprechend zu berücksichtigen, damit nicht ein Euro Umsatz mehr oder weniger in der Bemessungsgrundlage spielentscheidend ist.

Verlustrücktrag und Investitionsprämie positiv bewertet

„Generell haben mittlerweile zumindest 58 Prozent der Händler das Gefühl, dass die staatlichen Unterstützungsleistungen nun auch bei den betroffenen Unternehmen ankommen – wenn auch zeitverzögert. Wir Händler müssen uns das Licht am Ende des Tunnels hart erarbeiten“, erklärt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Rund ein Viertel der Händler hat die Nutzung des Verlustrücktrags geplant. Unternehmen sollen Verluste des Jahres 2020 mit Gewinnen aus den Jahren 2018 und 2019 ausgleichen können. Diese von der Opposition eingeforderte und von der Bundesregierung im Rahmen der jüngsten Regierungsklausur fixierte Möglichkeit entlastet Unternehmen und sollte ausgebaut werden, da die Liquidität der Betriebe gestärkt wird.

Ein Drittel möchte überdies die Investitionsprämie in Anspruch nehmen. Dabei geben 28 Prozent der Händler an, die 7 Prozentige Prämie würde ihre Investitionsentscheidungen für 2020 positiv beeinflussen.

Modehandel besonders stark unter Druck

Während sich die allgemeine Lage im österreichischen Handel zuletzt etwas entspannt hat, stehen die heimischen Modehändler weiterhin besonders stark unter Druck. Fast alle Bekleidungs- und Schuhgeschäfte (96 Prozent) rechnen im Gesamtjahr 2020 mit Umsatzeinbußen, allein im Juni müssen sie einen Umsatz- und Frequenzrückgang von je minus 40 Prozent verkraften. Jeder fünfte Betrieb musste bereits Mitarbeiter kündigen, mehr als ein Viertel wird in den kommenden 12 Monaten noch Stellen streichen.

Die Bewertung der Corona-Hilfspakete durch die Modehändler zeigt, dass es Sonderlösungen, wie auch in anderen, besonders betroffenen Branchen, braucht. Die Liquiditätssituation wird sich durch das erwartbare „Sommerloch“ und den erforderlichen, saisonalen Wareneinkauf, der bevorsteht, weiter zuspitzen, sofern die Auszahlung der doppelten Gehälter überhaupt gestemmt werden kann.

„Zweite Chance“ für Handel gefordert

Mehr als die Hälfte der Betriebe (52 Prozent) beklagen, dass Unternehmer in Österreich nicht bzw. nicht ausreichend wertgeschätzt werden. 72 Prozent sind überzeugt, dass jene Unternehmer, die coronabedingt in Insovolenz geraten sind, eine „zweite Chance“ (durch eine staatliche Förderung) erhalten sollen – auch wenn der Zahlungsplan im Rahmen einer Insolvenz noch nicht vollständig erfüllt wurde, aber die Anstrengung nachweisbar ist.

„Die Haltung gegenüber Unternehmerinnen und Unternehmern muss sich nachhaltig ändern. Die Coronakrise war bislang keine Werbung, sich in Selbständigkeit zu begeben, Mitarbeiter anzustellen und damit Verantwortung zu übernehmen. Mit einer stärkeren Verankerung der ‚zweiten Chance‘ in staatlichen Corona-Maßnahmen und einer entsprechenden Dotierung kann hier ein wichtiges Signal gesetzt werden, das auch zeitgerecht wirken muss – wenn nämlich die Insolvenzregelungen wieder in Kraft gesetzt werden. Jetzt fixieren, 2021 davon profitieren“, empfiehlt Rainer Will.

Die wichtigsten Links von Behörden und Institutionen für Unternehmen rund um das Coronavirus finden sich hier.