Bereits 49 Prozent der befragten Führungskräfte haben laut eigener Angabe schon vor der Krise auf Agilität gesetzt, danach waren es mit 52 Prozent knapp mehr. In den nächsten drei Jahren dürfte sich dieser Trend jedoch weiter verstärken: 65 Prozent der Führungskräfte meinen, dass dann ein agiler Führungsstil in ihren Unternehmen gefragt sein wird.
Demgegenüber stehen Vertriebs-Verantwortliche, die einen leichten Rückgang von 60 Prozent auf 58 Prozent erwarten. Dabei werden im Hinblick auf das Erreichen der Unternehmensziele die Vorteile eines hierarchischen Stils durchaus geschätzt: 65 Prozent sind der Meinung, dass das Ziel Wirtschaftlichkeit eher damit erreicht wird. Ein Weg, um die unterschiedlichen Stile zu kombinieren, könnte Ambidextrie sein – ein beidhändiger Führungsstil, der sich durch den Wechsel zwischen einem hierarchischen und agilen Stil auszeichnet. Dieser wird von 69 Prozent befürwortet und 64 Prozent sehen ihn in der Praxis als umsetzbar an.
„Mit einem beidhändigen Führungsstil lassen sich unterschiedliche strategische Schwerpunkte vereinen. Als Führungskraft gilt es einerseits zwischen der Optimierung von Stabilität sowie Effizienz und andererseits der Flexibilität sowie dem Entdecken von Neuem die Balance zu finden. Dies stellt hohe Ansprüche an die fachliche und persönlichkeitsbezogene Qualifikation von Führungskräften und Mitarbeitenden“, sagt Michaela Kreitmayer, Leiterin Hernstein Institut für Management und Leadership, und: „Die sinnstiftende Verwirklichung von Ambidextrie ist vor allem eine Frage der Routine. Ein Fünftel der Führungskräfte hält Beidhändigkeit dann für lebbar, wenn entsprechende Erfahrung gegeben ist. Denn diese sorgt für Entscheidungssicherheit, die bei einem derartig flexiblen Konzept besonders wichtig ist“,
Agiler Führungsstil nimmt an Bedeutung zu
60 Prozent der österreichischen und deutschen Führungskräfte wenden heute einen agilen Führungsstil an. Weibliche Führungskräfte (63 Prozent) setzen mehr darauf als ihre männlichen Kollegen (58 Prozent). Ebenso überdurchschnittlich Agilitäts-orientiert sind österreichische Führungskräfte unter 40 Jahren (63 Prozent), Führungskräfte in Großbetrieben mit über 5.000 Beschäftigten (62 Prozent) sowie – besonders stark – die IT- und Telekom-Branche mit 69 Prozent.
Mit fortdauernder Führungspraxis scheint das Vertrauen in die agile Organisation etwas abzunehmen. Während Führungskräfte mit 3 Jahren Erfahrung zu 63 Prozent darauf vertrauen, sind es bei solchen mit über 10 Jahren Führungspraxis 59 Prozent. In drei Jahren sehen 65 Prozent der Führungskräfte einen agilen Stil in ihrem Unternehmen als tonangebend an. Dies entspricht einer Steigerung von 5 Prozent gegenüber heute. Bemerkenswert ist, dass sich der Anteil jener Führungskräfte, die eine uneingeschränkte Verwirklichung des agilen Ansatzes kommen sehen, von derzeit 6 auf 13 Prozent mehr als verdoppelt.
Das stärkere Vertrauen von Frauen in Agilität bleibt bestehen. Während 67 Prozent der weiblichen Führungskräfte meinen, dass in den kommenden drei Jahren ein agiler Führungsstil gefragt sein wird, sind es unter ihren männlichen Kollegen 58 Prozent. Auch nach Aufgabenbereichen zeigt sich eine interessante Differenzierung: Führungskräfte mit kaufmännisch-administrativer Verantwortung sehen zu 68 Prozent einen Bedeutungszuwachs von Agilität (heute: 61 Prozent). Hingegen erwarten Vertriebs-Verantwortliche in drei Jahren sogar einen leichten Rückgang, von heute 60 Prozent auf 58 Prozent.
Covid-19 hinterlässt Spuren in der Unternehmensführung
19 Prozent der Führungskräfte haben ihren Führungsstil aufgrund von Covid-19 in Richtung mehr Agilität geändert. Allein der häufig sehr kurzfristig umzusetzende, großflächige Einsatz von Home-Office hat hohe Anforderungen an die Unternehmensführung gestellt. Dabei fällt auf, dass mehr Führungskräfte unter 40 Jahren ihren Stil geändert haben als ihre älteren Kollegen, wobei das in Deutschland noch ausgeprägter ist als in Österreich (Deutsche Führungskräfte unter 40 Jahre: 24 Prozent; ab 40 Jahren: 15 Prozent).
Unter den Führungsebenen sticht das obere Management hervor, dessen Vertreter zu 29 Prozent ihren Stil geändert haben. Im unteren Management waren es mit 18 Prozent deutlich weniger. Nach Branchen ist es der IT- und Telekom-Sektor, der die stärksten Anpassungen zeigt: 24 Prozent veränderten ihr Führungsverhalten, gefolgt vom Handel mit 22 Prozent.
Führungskräfte schätzen die Effektivität von Hierarchien
Die österreichischen und deutschen Führungskräfte geben an, dass sieben von zehn Unternehmenszielen eher über hierarchische Strukturen erreicht werden als über agile. Dabei gibt es bei 6 der 7 Ziele nur einen geringen Überhang zugunsten des hierarchischen Stils. Im Einzelnen:
- Bei Wirtschaftlichkeit gibt es ein klares Votum zugunsten des hierarchischen Konzepts (65 Prozent).
- Bei den Zielen Qualität, Effizienz, Image, Zukunftssicherheit, Kundenorientierung und Konkurrenzfähigkeit ist eine Mehrheit für den hierarchischen Stil, die jeweils im Bereich von 51 bis 56 Prozent liegt.
- Die Zufriedenheit von Mitarbeitenden wird laut befragten Führungskräften klar über einen agilen Stil erreicht (64 Prozent); ebenso Innovationsfähigkeit (60 Prozent) und mit etwas geringerer Mehrheit auch Diversität (56 Prozent).
Ein Weg, um die unterschiedlichen Ziele zu kombinieren, könnte Ambidextrie sein – ein beidhändiger Führungsstil.
Führungskräfte sehen beidhändigen Führungsstil als sinnvoll und machbar
69 Prozent der Befragten halten es für sinnvoll, den Führungsstil je nach Situation zwischen hierarchisch und agil zu variieren. Dieses beidhändige Führungskonzept der Ambidextrie halten 64 Prozent in der Praxis für anwendbar. Unter weiblichen Führungskräften ist die Zustimmung zur Ambidextrie größer als unter männlichen (72 Prozent versus 67 Prozent). Dafür sind Männer optimistischer, was die Umsetzbarkeit anbelangt (66 Prozent versus 62 Prozent).
Besonders starke Verbreitung findet der beidhändige Führungsstil unter Inhaberinnen und Inhabern. Hier meinen jeweils 72 Prozent sowohl, dass dieser Ansatz sinnvoll sei, als auch, dass dieser im Unternehmensalltag gelebt werden könne. Dazu passt, dass Ambidextrie eher in Kleinunternehmen als machbar angesehen wird. Unter den Führungskräften in Unternehmen mit bis zu 10 Beschäftigten sind es 66 Prozent, die Beidhändigkeit für umsetzbar halten, unter jenen von Unternehmen mit über 5.000 Beschäftigten sind es 60 Prozent.
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