Am Weltfrauentag am 8. März steht die Gleichberechtigung von Frauen im Fokus. Vieles hat sich über die letzten Jahre bereits zum Positiven verändert, Themen wie Diversität und Gendergerechtigkeit sind in der Wahrnehmung der Gesellschaft deutlich gestiegen. Die COVID-19-Krise und ihre Begleiterscheinungen wie die Doppelbelastung Beruf und Familie drängen viele Frauen jedoch wieder in „klassische“ Rollenbilder zurück.
„Viele Studien belegen mittlerweile, dass unbezahlte Hausarbeit gerade für Frauen angestiegen ist und sie den überwiegenden Anteil an Homeschooling zu bewältigen haben, obwohl sie in einer Partnerschaft leben. Die COVID-19-Krise wirkt sich re-traditionalisierend auf die bestehende Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen aus“, sagt Stefanie Wöhl, Professorin für Politikwissenschaften an der FH des BFI Wien. Die Politikwissenschaftlerin forscht, publiziert und lehrt seit 2003 zu Diversität und Gendergerechtigkeit und hält an der FH des BFI Wien den Jean Monnet Chair „Diversity and Social Cohesion in the European Union“. Dieser Lehrstuhl der Europäischen Kommission fördert Lehre und Forschung zur europäischen Integration aus einer Diversitätsperspektive und stärkt somit die Forschungs- und Lehrschwerpunkte „Geschlecht und Vielfalt“ an der FH des BFI Wien weiter.
Doppelbelastung: Home-Office und Home-Schooling
In der Pandemie verschärft sich die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern: Meist sind es Frauen und Mütter, die in Krisenzeiten ihren Job zugunsten der Betreuungsaufgaben von abhängigen Familienmitgliedern und Kindern hintanstellen. Die Teilhabe von Frauen an (gut bezahlter) Erwerbsarbeit ist dadurch gesunken, gleichzeitig nahm die Mehrfachbelastung von berufstätigen Müttern aufgrund der durch den COVID-19-Virus bedingten Schul- und Kindergartenschließungen markant zu.
Ein Großteil der systemrelevanten Berufe in der Nahversorgung sowie im Gesundheitsbereich werden vom weiblichen Teil der Bevölkerung ausgeübt. „Viele Bereiche der Wirtschaft, die als systemrelevant verstanden werden und persönlichen Kontakt erfordern, sind stark von Frauen geprägt: Krankenhäuser, stationäre und mobile Pflege und Betreuung, der Lebensmitteleinzelhandel, Kindergärten und Schulen. Der Frauenanteil im Bereich der stationären Pflege liegt bei 81%, bei den mobilen Diensten sind es sogar 93 Prozent“, so Gender-Expertin Wöhl.
Statistisch gesehen haben Finanz- und Wirtschaftskrisen negative Auswirkungen auf das Leben von Frauen: Nicht nur der Gender-Pay-Gap wächst, auch die Ungleichheiten im Privatleben werden verstärkt, da das weibliche Geschlecht oftmals die durch die Krise entstehenden Mehrfachbelastungen auffängt. Zugleich sind es vor allem Frauen, die durch vermehrte Gewalt in Privathaushalten, Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit eine besondere Last zu tragen haben.