Beschaffungsmanagement gewinnt in der Krise an strategischer Bedeutung

19. Mai 2021 Drucken
Beschaffungsmanagement gewinnt in der Krise an strategischer Bedeutung
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Ein Jahr COVID-19-Krise hat Lieferketten weltweit ins Wanken gebracht. Das hat sich auch auf das Beschaffungsmanagement der Unternehmen ausgewirkt. Laut einer aktuellen Deloitte Studie haben sich dadurch nicht nur Prioritäten geändert, sondern auch Risiken verschärft. Durch agile Modelle in der Logistik können die Einkäufer diese Turbulenzen zukünftig besser abfedern.

Bislang hatte die Reduktion der Kosten den höchsten Stellenwert, nun steht vor allem die Effizienzsteigerung im operativen Geschäft an erster Stelle. Auch die digitale Transformation und das Thema soziale Verantwortung haben im Vergleich zu 2019 deutlich an Bedeutung gewonnen. „Das Beschaffungsmanagement spielt angesichts der Corona-Krise und deren Auswirkungen auf die Lieferketten in den Unternehmen eine immer wichtigere Rolle. Gerade wenn es darum geht, die neu entstandenen Risiken richtig einzuschätzen und beispielsweise durch verstärkte Digitalisierung strategisch darauf zu reagieren, ist die Expertise der Chief Procurement Officern (CPO) besonders gefragt“, erklärt Alexander Kainer, Partner bei Deloitte Österreich.

Doch auch bei Fragen der sozialen Verantwortung von Unternehmen entlang der Lieferkette nimmt der Einkauf eine wichtige Rolle ein: „Sowohl Gesetzgeber als auch Kunden fordern von Unternehmen, dass sie ihre komplette Lieferantenbasis auf Nachhaltigkeit und Compliance überprüfen. Darunter fallen Aspekte wie das Sourcing von nachhaltigen und recyclingbaren Materialien oder das Schaffen einer CO2-neutralen Lieferkette“, ergänzt Kainer.

Steigende Risiken im Beschaffungsmanagement 

Die Mehrheit der Befragten gibt an, dass das Risikopotenzial im letzten Jahr spürbar zugenommen hat. Neben dem weltweiten Konjunkturabschwung (62 Prozent) bereiten ihnen aktuell vor allem die anhaltenden Auswirkungen der Corona-Krise Kopfzerbrechen (55 Prozent). Die Versorgungssicherheit in den Unternehmen wurde stark in Mitleidenschaft gezogen: Bei 56 Prozent sind wichtige Zulieferer in Konkurs gegangen oder können krisenbedingt nur sehr eingeschränkt liefern. 32 Prozent der CPOs müssen auch Umsatzeinbußen aufgrund von Lieferengpässen verzeichnen. Vielen Einkaufsmanagern mangelt es vor dem Hintergrund dieser vielfältigen Sorgen noch immer an einem umfassenden Überblick über die Risiken innerhalb der eigenen Lieferkette.

„Fast drei Viertel der befragten CPOs glauben zwar, potenzielle Risikofelder ihrer direkten Lieferanten gut im Auge zu haben, aber nur 15 Prozent haben auch einen Einblick in die niedrigeren Tiers. Es braucht dringend ein besseres Verständnis des gesamten Lieferantennetzwerks – über die Tier-1-Lieferanten hinaus“, betont Tanja Michael, Senior Managerin bei Deloitte Österreich. „Dafür eignen sich zum Beispiel Supplier Monitoring Dashboards. Über diese können nicht nur klassische Supplier-Audit-Scores, sondern auch automatisierte Marktdaten wie News-Alerts oder Finanzdatenbanken eingespielt werden. Solche Tools ermöglichen die laufende Überwachung sämtlicher Risiken – was eine zeitgerechte, risikominimierende Steuerung erlaubt.“

Agilität als Boost

Die Umfrage zeigt auch: Ein möglichst agiles Beschaffungsmanagement wird immer wichtiger. Durch neue Technologien und flexible Betriebsmodelle kann besser auf den turbulenten Markt reagiert werden. Unternehmen, die hier bereits gut aufgestellt sind, übertreffen ihre Mitbewerber bei allen wichtigen Kennzahlen. So nutzen leistungsstarke Beschaffungsorganisationen laut Studie etwa doppelt so häufig hybride Managed-Service-Support-Modelle, um auf Know-how zuzugreifen, das intern nicht verfügbar ist. Auch RPA-Lösungen sind hier zehnmal häufiger vollständig implementiert, Künstliche Intelligenz kommt sogar rund achtzehnmal häufiger zum Einsatz. „Der Einkauf hat sich zu einem wichtigen Treiber für die Wettbewerbsfähigkeit in modernen Unternehmen entwickelt. Die CPOs müssen entsprechend reagieren und Transformationsprozesse weiter vorantreiben“, so Kainer.