Viele Kunden suchen ihre Produkte heute nicht mehr über klassische Suchmaschinen, sondern direkt bei vertrauten Online-Marktplätzen. Der Handelsverband, die Universität Wien sowie die TU Wien haben den Status Quo von Online-Marktplätzen und Produktplattformen in Österreich aus Sicht der Handelsbetriebe analysiert. „Regionale, im besten Fall auf die Produktverortung im stationären Handel ausgelegte, Online-Marktplätze und Produktplattformen haben massives Potenzial für unsere Gesellschaft. Sie ermöglichen es insbesondere kleineren Händlern, Sichtbarkeit für ihre Produkte zu erlangen und neue Käufergruppen zu gewinnen. Sie sorgen auch für eine Demokratisierung des Handels, machen aus stationären C-Lagen digitale A-Lagen, sie fördern lebendige Stadt- und Ortskerne und optimieren Transportwege im Sinne der Nachhaltigkeit“, so Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes zum E-Commerce-Status in Österreich.
Online-Marktplätze: Regionale österreichische Anbieter auf Überholspur
Die bekanntesten E-Commerce-Plattformen sind laut Händlerbefragung Amazon, Willhaben, Ebay, Geizhals und Shöpping. Zu den Plattformen, mit denen heimische Handelsbetriebe die besten Erfahrungen gemacht haben, zählen Google Shopping, Willhaben, Ebay, Shöpping und Amazon – wobei bei letzterer den positiven Erfahrungen ebenso viele negative gegenüberstehen. Durchwegs positiv, wenn auch bei kleiner Fallzahl, schneiden die regionalen österreichischen Marktplätze kauftregional.at, regionalis.shop und snooop.net ab, auch weniger bekannte Plattformen wie regionale-shops.at und anna-kauft.at werden gerne in Erwägung gezogen.
Plattformen können auch das Sprungbrett in das digitale Shopping Center Google sein, wie schon der HV Digital Visibility Report 2021, die Studie zur Suchmaschinen-Sichtbarkeit im österreichischen Einzelhandel, gezeigt hat. Shops, die (noch) keine wettbewerbsfähige, organische Position in der Suchmaschine erreichen, können über Vergleichsplattformen und Marktplätze ihre Sichtbarkeit steigern. Hier erzielt branchenübergreifend – nach Amazon – idealo.at die besten Ergebnisse, gefolgt von ebay.at, ladenzeile.at und wogibtswas.at. Als einziger österreichischer Marktplatz findet sich auch shoepping.at in der Marktplatz-Liste.
Wenn Händler selbst zu Marktplätzen werden
Gleichzeitig bauen immer mehr Handelsketten ihre Online-Shops zu Marktplätzen aus, auf denen auch Drittanbieter – von der Marke bis hin zum Händler – Produkte anbieten können. Mirakl, der führende Anbieter für Marktplatz-Software-Lösungen, hat Marktplätze bereits für H&M Home, Carrefour, ABB, BestBuy, Galeries Lafayette und viele weitere prominente Händler umgesetzt. Hierzulande macht aktuell etwa Douglas mit seiner Marktplatz-Strategie von sich reden.
„Im Zuge eines geförderten Projekts des Handelsverbandes mit der TU Wien wurde auch eine Landkarte erstellt, die einen Überblick über die derzeit bestehenden Markplätze und Plattformen in Österreich verschafft. Unsere Marktplatz-Landkarte dient der schnellen Orientierung für heimische Händler. Sie soll einen Anreiz bieten, sich mit zusätzlichen Vertriebs- und Digitalisierungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen – schnell, unkompliziert und kostenlos“, sagt Professor Georg Hauger von der TU Wien.
Omnichannel-Retailer erzielen durchschnittlich 18 Prozent ihrer Einnahmen auf Marktplätzen, 22 Prozent im eigenen Webshop und 60 Prozent in der Filiale. Bei reinen Online-Händlern verteilen sich die Umsätze zu 56 Prozent auf Marktplätze und 44 Prozent auf den eigenen Webshop. Folgerichtig wird als wichtigster Grund für den Einstieg in Plattformen von drei Viertel der Händler die erwartete Umsatzsteigerung genannt, gefolgt von Kundengewinnung (70 Prozent) und der Möglichkeit des internationalen Verkaufs (40 Prozent).
Gezielte Förderung des österreichischen Marktplatz-Ökosystems notwendig
Als einer der wichtigsten Gründe für die Nicht-Nutzung von Online-Marktplätzen wird der (zu) große organisatorische/personelle Aufwand genannt (40 Prozent), ein Drittel der Befragten gibt an, sich insgesamt zu wenig auszukennen. „Unsere Marktplatz-Studie zeigt ganz klar, dass umfassende Aufklärung und zusätzliche Anreize notwendig sind, um die Listung von Produkten für Händler noch attraktiver zu machen. Wir fordern daher eine gezielte staatliche Förderung für das österreichische Marktplatz-Ökosystem. Es braucht einerseits Unterstützung für Plattformen, die konstant in den Ausbau ihrer Marktplätze investieren müssen, um für den Konsumenten attraktiv zu sein, andererseits eine finanzielle Starthilfe für Händler, um sie bei der Listung ihrer Produkte zu unterstützen“, bestätigt Handelssprecher Rainer Will.
Der Handelsverband hat zur Förderung des Ökosystems Marktplätze u.a. den Marktplatz-Cluster ins Leben gerufen, der Kooperation und Know-how-Transfer fördert. Darüber hinaus vergibt der HV ein eigenes Siegel, welches Marktplätze mit Sitz und Gewerbeschein in Österreich entsprechend kennzeichnet.