Im Auftrag des BMDW veröffentlicht das Kompetenzzentrum „Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft“ (FIW) seit dem Jahr 2020 im Februar ein jährliches Gutachten zur „Lage der österreichischen Außenwirtschaft“. Neben der Darstellung und Analyse der aktuellsten Entwicklungen hinsichtlich der österreichischen Außenwirtschaft und Exporte wird ein besonderes Augenmerk auf die Prognose von möglichen zukünftigen Entwicklungen gelegt. Das dritte Jahresgutachten für das Jahr 2022 beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den Unterbrechungen und Engpässen in den Lieferketten.
Das Gutachten zeige, dass Österreichs Exporteure die Krise gut gemeistert haben. „Das ist enorm wichtig für unseren Standort, denn die Exportwirtschaft sichert in Österreich jeden zweiten Arbeitsplatz und sorgt damit für Wohlstand“, so Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck anlässlich der Präsentation des jährlichen Gutachtens zur „Lage der österreichischen Außenwirtschaft“. „Eine aktive Handelspolitik ist ein entscheidender Motor für die Entwicklung eines internationalen Wirtschaftsstandortes wie Österreich. Ohne die Probleme in den globalen Lieferketten im 2. Halbjahr 2021 wäre noch mehr möglich gewesen“, so Schramböck.
Die Hauptergebnisse können folgendermaßen zusammengefasst werden: Die österreichischen Warenexporte stiegen im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr real um 11,7 Prozent, Dienstleistungsexporte hingegen nur um 1,1 Prozent. Durch die pandemiebedingte Schwäche im Tourismus hat Österreichs 2021 erstmals seit 20 Jahren ein Leistungsbilanzdefizit, bereits 2022 wird aber wieder ein Überschuss und erzielt werden.
Warenaußenhandel war geprägt von Lieferengpässen
Das Jahr 2021 stand unter dem Eindruck von unterschiedlichen Entwicklungen, die mit der COVID-19-Pandemie eine gemeinsame Ursache teilen. Der österreichische Warenaußenhandel entwickelte sich vor allem im ersten Halbjahr 2021 dynamisch, stand aber zunehmend unter dem Eindruck von pandemiebedingten Lieferengpässen und Materialknappheiten. Während die österreichischen Warenimporte sich von dieser Entwicklung kaum beeindruckt zeigten und vor allem die Importe von Investitionsgütern dynamisch wuchsen, litten die österreichischen Exporte stärker unter den angebotsseitigen Kapazitätsbeschränkungen. Gleichzeitig stiegen ab dem Frühjahr 2021 die Preise für österreichische Warenimporte stärker als für die Exporte, vor allem durch die starken Preissteigerungen bei Treibstoffen und Energie. Diese Verschlechterung der Österreichischen Handelsposition verursachte gemeinsam mit den anderen Faktoren ein prognostiziertes Handelsbilanzdefizit in Höhe von nominell elf Milliarden Euro (2,7 Prozent des BIP).
Der österreichische Dienstleistungshandel stand 2021 unter dem Eindruck der pandemiebedingt ausgefallenen Wintersaison 2020/21. Die Reiseverkehrsexporte gingen zum zweiten Mal in Folge zurück. Transportdienstleistungen sowie unternehmensnahe Dienstleistungen, die eng mit dem Warenhandel verknüpft sind, entwickelten sich positiver.
Insgesamt geht das Jahresgutachten von einem Wachstum der österreichischen Dienstleistungsexporte von 1,1 Prozent aus. Die Dienstleistungsimporte reagierten im Jahr 2021 kaum auf pandemiebedingte Einschränkungen und erholten sich mit einer Wachstumsrate von 7,4 Prozent dynamisch. Das führte gemeinsam mit dem relativ großen Handelsbilanzdefizit erstmals seit 2001 zu einem negativen Ergebnis der Leistungsbilanz in Höhe von 3,2 Milliarden Euro (0,8 Prozent des BIP).
Exporte: Positiver Ausblick für 2022
Heuer dürfte die Leistungsbilanz laut den Studienprognosen mit einem Überschuss in Höhe von rund 3,5 Milliarden Euro wieder positiv ausfallen und der Außenhandel einen deutlichen positiven Wachstumsbeitrag zum österreichischen Wirtschaftswachstum leisten. Im Dienstleistungshandel ist durch eine starke Erholung der Exporte um 18,1 Prozent bei einer Wachstumsrate der Importe von 11,4 Prozent mit einem größeren Überschuss zu rechnen. Die negative Handelsbilanz wird sich ebenfalls etwas verringern.
Das Gutachten geht davon aus, dass Covid-induzierte strukturelle Änderungen – v.a. die Beschleunigung der Digitalisierung und Änderungen in globalen Wertschöpfungsketten wie stärkere Regionalisierung und Bemühungen zur Reduktion strategischer Abhängigkeiten durch die Diversifikation von Lieferketten und die Stärkung europäischer Produktionskapazitäten – auch nach Ende der Pandemie bestehen bleiben. Die grenzüberschreitenden Wirtschaftsbeziehungen werden aber in den kommenden Jahren voraussichtlich von geopolitischen Spannungen und den handelspolitischen Effekten der ökologischen Transformation geprägt werden.