EU bringt Gesetz über digitale Märkte auf Schiene

25. März 2022 Drucken
EU bringt Gesetz über digitale Märkte auf Schiene
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Große Tech-Konzerne werden künftig in der Europäischen Union strenger reguliert und müssen möglicherweise ihre Geschäftspraktiken ändern. Die EU-Institutionen einigten sich auf den so genannten Digital Markets Act (DMA), der von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erst vor etwas mehr als einem Jahr angeschoben wurde.

Was wir wollen, ist simpel. Faire Märkte auch im Digitalen“, sagte Vestager. Verbraucher hätten einen Anspruch auf die Vorteile konkurrierender digitaler Märkte. „Große Plattformen müssen mehr Wettbewerb zulassen“, sagte der deutsche Digitalminister Volker Wissing. Man stärke damit europäische Innovationen.

Das Gesetz über digitale Märkte (DMA) zielt auf schärfere Regeln für sogenannte „Gatekeeper“ mit einer besonders starken Marktposition ab und macht ihnen Verhaltensvorschriften hinsichtlich des Umgangs mit Kundendaten und des Zugriffs auf ihre Plattformen. Im Blick hat Vestager dabei Google, Amazon, Apple, den Facebook-Eigner Meta und Microsoft.

Hohe Strafzahlungen bei Verstössen

Laut dem deutschen EU-Abgeordneten Andreas Schwab ist mit der DMA-Einigung auch die Zeit langatmiger Kartellprozesse zu Ende, in denen die Behörden den technologischen Entwicklungen hinterherhinkten. „Der eigentliche Test für die EU ist nicht die Verabschiedung des DMA, sondern die Sicherstellung seiner Durchsetzbarkeit, Wirksamkeit und fairen Umsetzung“, sagte Kartellrechtsexperte Michael Dietrich von der Kanzlei Clifford Chance.

Um die Tech-Konzerne zur Kooperation zu bringen, können hohe Strafen bei Verstößen ausgesprochen werden. Bußgelder von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes sind möglich. Bei wiederholten Verstößen drohen sogar bis zu 20 Prozent. „Gatekeeper werden künftig bestimmte Tätigkeiten erheblich ändern müssen, um die Anforderungen des DMA zu erfüllen. Es ist davon auszugehen, dass Unternehmen, welche die Gatekeeper-Kriterien nicht erfüllen, bereits jetzt entweder Pläne für die Einhaltung der Vorschriften entwickeln – oder sogar um dagegen vorzugehen“, sagte Dietrich.

DMA: Mehr Fairness im digitalen Raum

„Die Dominanz der großen internationalen Digitalkonzerne hat zu einer massiven Schieflage zulasten der europäischen Wirtschaft geführt“, meinte Europa-Ministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) in einer Stellungnahme. „Der DMA schafft hier wieder mehr Fairness und klare, europaweite Regelungen im digitalen Raum.“ Um global mitzuhalten, sei es darüber hinaus wichtig, dass Europa auch im digitalen Bereich die Weltspitze in Sachen Innovation werde. Dafür müsse man in der EU die optimalen Rahmenbedingungen schaffen „und den Binnenmarkt endlich vollenden“. Wirtschaftsministerin Margerete Schramböck (ÖVP): „Der Abschluss der Trilogverhandlungen leitet eine neue Ära ein, um zehntausende kleine Unternehmen vor der Marktmacht großer Konzerne zu schützen und für einen faireren Wettbewerb zu sorgen.“

Apple teilte erneut mit, den DMA mit Sorge zu betrachten. Er führe zu unnötigen Datenschutz- und Sicherheitsanfälligkeiten und erschwere es, für geistiges Eigentum Geld zu verlangen. Google sagte, die Regeln könnten für weniger Innovation und Wahlmöglichkeiten für Europäer sorgen. Man schaue nun, was getan werden müsse, um die Vorgaben einzuhalten.

Letztlich einigten sich die Beteiligten darauf, dass die neuen Regeln für Suchmaschinen, soziale Netzwerke, Online-Vermittlungsdienstleister, Online-Werber, Cloud-Anbieter, Video-Plattformen, Webbrowser und virtuelle Sprachassistenten sowie Betriebssysteme gelten. Betroffene Messaging-Anbieter wie Metas WhatsApp sollen demnach ihre Angebote interoperabel machen und Nutzern Zugriff auf Daten geben. Konkurrierende Produkte und Dienstleistungen sollen auf einer Plattform angeboten und Deals mit Kunden auch außerhalb der Plattform erzielt werden können.

Betroffen sind Konzerne mit einer Marktkapitalisierung ab 75 Milliarden Euro, einem Jahresumsatz von 7,5 Milliarden Euro und mindestens 45 Millionen monatlichen Kunden. Die erzielte Einigung bedarf noch einer Zustimmung des Rates und des Europäischen Parlaments. Anschließend wird die Verordnung sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten zur Anwendung kommen. (APA/red)