Kreditgeschäft: Ukraine-Krieg führt zu erhöhtem Liquiditätsbedarf bei Unternehmen

13. April 2022 Drucken
Kreditgeschäft: Ukraine-Krieg führt zu erhöhtem Liquiditätsbedarf bei Unternehmen
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Die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine sind ein wesentlicher Grund dafür, dass sich die bereits seit vier Quartalen steigende Nachfrage nach Unternehmenskrediten im zweiten Quartal 2022 noch beschleunigen soll. Das zeigen die Österreich-Ergebnisse der euroraumweiten Umfrage über das Kreditgeschäft vom April 2022 (Bank Lending Survey).

Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten steigt laut der Umfrage der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) über das Kreditgeschäft bereits seit dem zweiten Quartal 2021. Im vierten Quartal 2021 und im ersten Quartal 2022 zeigte sich diese Entwicklung besonders bei kurzfristigen Krediten. Für das zweite Quartal 2022 wird ein weiteres Anziehen der Kreditnachfrage erwartet.

Als Hauptgrund für den gestiegenen (kurzfristigen) Liquiditätsbedarf der Unternehmen in den letzten beiden Quartalen wird die Finanzierung von Lagerhaltung und Betriebsmitteln genannt. Die (langfristige) Finanzierung von Anlageinvestitionen spielte eine geringere Rolle für den Anstieg der Kreditnachfrage.

Hinsichtlich ihres Kreditvergabeverhaltens signalisieren die Banken auf breiter Basis Verschärfungen der Vergaberichtlinien für Unternehmenskredite im zweiten Quartal 2022, im ersten Quartal 2022 blieben diese weitgehend unverändert. Die Margen (Zinsaufschläge auf Referenzzinsen) für Unternehmenskredite wurden im ersten Quartal 2022 hingegen aufgrund der Risikosituation leicht erhöht.

Der Krieg in der Ukraine beeinflusst die Entwicklungen im Kreditgeschäft

Die Banken wurden auch zu den Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine auf das Kreditgeschäft befragt. Aufgrund der Unsicherheit der Situation erwarten sie eine vorsichtigere Investitionstätigkeit der Unternehmen bzw. eine Verschiebung von Investitionsprojekten und dementsprechend dämpfende Effekte auf die Nachfrage nach langfristigen Krediten zur Investitionsfinanzierung. Die Nachfrage nach kurzfristigen Krediten zur Finanzierung von Betriebsmitteln und Lagerhaltung soll jedoch verstärkt steigen. Die Auswirkungen des Kriegs intensivieren bereits bestehende Entwicklungen im Zusammenhang mit Lieferkettenproblemen sowie dem Preisauftrieb bei Rohstoffen und Energie. Insbesondere die Lieferkettenprobleme veranlassen Unternehmen, vorsorglich ihre Lagerbestände aufzubauen.

Angebotsseitig führt der Krieg zu genaueren Risikoanalysen durch die Banken, die eine verschärfte Angebotspolitik für Unternehmen bzw. Branchen, die von den Auswirkungen des Kriegs betroffen sind, zur Folge haben können. Teilweise ist es bereits im März zu diesbezüglichen Verschärfungen gekommen. Über die gesamtwirtschaftlichen Konsequenzen des Kriegs könnte sich eine generelle Verschärfung der Angebotspolitik der Banken ergeben.

Den Angaben der Banken ist aber auch Positives zu entnehmen. Die aktuellen Schocks treffen eine Volkswirtschaft mit grundsätzlich großem Wachstumspotenzial, und es sind genügend Mittel für die Kreditvergabe vorhanden. Wenn die Unternehmen die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen, kann die Kreditwirtschaft einen erhöhten Liquiditätsbedarf bedienen – sowohl für kurzfristige Betriebsmittel- als auch für langfristige Investitionsfinanzierungen.