Der Krieg in der Ukraine sei eine „humanitäre Katastrophe“, betonte die frisch ernannte Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler bei der Eröffnung der Österreichischen Tourismustage (16.-18.5.) im Austria Center in Wien. „Die langfristigen Auswirkungen auf den Tourismus sind noch unabsehbar.“
Die heimischen Tourismusbetriebe hoffen aber vorerst, dass es sie „nicht so betrifft wie das ursprünglich befürchtet wurde“, so Kraus-Winkler. „Große Stornokrisen sind trotz Ukraine-Kriegs ausgeblieben, aber die Nachfrage steigt noch nicht schnell genug.“ Vor allem der Städtetourismus bleibe „oberste Priorität“. Die hohe Inflation habe sich auf die Buchungslage noch nicht ausgewirkt. Was die Branche bremst ist der Fachkräftemangel.
Tourismus: Bis zu 35.000 fehlende Mitarbreiter:innen
Die Angaben aus der Branche zu den fehlenden Mitarbeitern schwankten – je nach Betrachtungsweise – zwischen 20.000 bzw. 25.000 und rund 35.000, so Kraus-Winkler. „Ich denke die Zahl wird irgendwo um die 35.000 liegen, wenn man die gesamte Kernsaison des Sommers betrachtet“, schätzt die Staatssekretärin mit Blick auf Hotellerie und Gastronomie. Die Reisebüros und andere Bereiche suchten aber auch Personal, merkte sie an.
Von politischer Seite her kam es bei den Rahmenbedingungen für den Jobmarkt im Tourismus bereits zu ersten Erleichterungen: „Die Rot-Weiß-Rot-Karte wurde verbessert – das war ein erster und ein wichtiger Ansatz“, strich Kraus-Winkler hervor. Auch das Punktesystem für Fachkräfte sei vereinfacht worden. Die Neuregelung für Stammsaisonniers, die im Dezember 2021 fixiert wurde, zeigt auch schon Wirkung: „Bisher wurden dadurch 750 zusätzliche Stellen geschaffen“, berichtete die Tourismusexpertin. Für 2023 sei zudem eine umfassende Arbeitsmarktreform geplant, erinnerte Kraus-Winkler. Ziel sei unter anderem „eine schnellere Vermittlung am Arbeitsmarkt“. Es seien alle Mittel auszuschöpfen, um „die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder zurückzuholen, die aus unserer Branche abgewandert sind“.
Hoher Investitionsdruck
Auch der Bundesspartenobmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich, Robert Seeber, machte die hohe Zahl an offenen Stellen in der Branche als eine der vier Hürden der Zukunft fest – neben der Pandemie, dem Ukraine-Krieg und dem hohen Investitionsdruck, den die Betriebe verspürten. „Der Arbeitsmarkt war schon vor Corona angespannt, hat sich in der Krise verschärft“, hielt Seeber fest. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien „teilweise in Pflegeberufe abgewandert, zu Banken/Versicherungen oder in den öffentlichen Dienst“, berichtete der Branchensprecher. „Wir haben einen Arbeitnehmermarkt, keinen Arbeitgebermarkt, das sind Sachen, die wir spüren.“ Es habe nicht nur der Tourismus Probleme, sondern alle Branchen.
Dabei dürfte Sommerurlaub in Österreich heuer zunehmend gefragt sein: „Wir haben eine sehr gute Buchungslage für den Frühsommer, den Sommer und bis in den Herbst hinein – die Menschen sehnen sich nach Urlaub“, sagte Seeber. „Wir befinden uns in einem Aufschwung, in einer Re-Start-Phase.“
In Zahlen gegossen sieht es insgesamt freilich noch nicht ganz so rosig aus: Für die Sommersaison 2022 erwartet die nationale Tourismus-Marketing-Organisation Österreich Werbung (ÖW) gegenüber dem Vorjahr bei den Buchungen „ein Plus von 1 Prozent“, sagte ÖW-Chefin Lisa Weddig bei der Eröffnung der Tourismustage. „Wir erwarten noch einmal eine Steigerung zum Vorjahr.“ Allerdings lag der Sommer 2021 laut Weddig um 16 Prozent unter dem Niveau vor Corona. Die Buchungen zeigten Monat für Monat nach oben – im März sei man noch um 19 Prozent unter der Zeit vor der Pandemie gelegen. Der Städtetourismus sei nach wie vor „am meisten betroffen“.
Sehr gute Buchungszahlen für den Sommer gebe es beispielsweise aus südeuropäischen Ländern und den arabischen Ländern sowie Buchungen aus dem deutschsprachigen Raum. Noch mit Fragezeichen versehen seien hingegen die Buchungen aus den CEE-Ländern, die mit starken Fluchtbewegungen aus der Ukraine und einer noch höheren Inflation konfrontiert seien, und China, das immer noch vom internationalen Reiseverkehr ausgeschlossen sei.
„Wichtig ist, dass Österreich offen bleibt“, strich die ÖW-Geschäftsführerin hervor. Die Branche ist erleichtert, das die 3G-Regel bei der Einreise nach Österreich heute Nacht gefallen ist, man also ohne Corona-Auflagen frei in das Land kommen kann. (APA/red)