Knapp ein Viertel der Frauen auf finanzielle Unterstützung angewiesen

20. Mai 2022 Drucken
Knapp ein Viertel der Frauen auf finanzielle Unterstützung angewiesen
Gerda Holzinger-Burgstaller, Vorstandsvorsitzende der Erste Bank Oesterreich. © Petra Rautenstrauch

18,9 Prozent – so viel weniger verdienen Frauen im Vergleich zu Männern laut Gender Pay Gap. Trotz Verbesserung in den letzten Jahren erscheint die Finanzrealität des weiblichen Geschlechts dennoch trist. Im Vergleich zu Männern verdienen Frauen weniger, sind öfter in Teilzeit, werden älter.

Da sich an dieser Ausgangslage auch in den nächsten Jahren nichts abrupt ändern wird, gilt es, das Bewusstsein und den Fokus vermehrt auf finanzielle Selbstverantwortung und Unabhängigkeit zu legen. Als besonders drastische Beispiele dienen hier die Unterschiede bei der Pensionshöhe. Obwohl Frauen eine durchschnittlich höhere Lebenserwartung als Männer haben (84 vs. 79 Jahre), also auch länger mit ihrer Pension auskommen müssen, erhalten sie im Durchschnitt rund 42 Prozent weniger Geld im Alter. Zurückzuführen ist dies auf die niedrigeren Erwerbseinkommen und die Lücken im Versicherungsverlauf, die durch Kinderbetreuungszeiten verursacht wurden. Trotz dieser Unterschiede beim Pensionseinkommen befürchten sowohl Frauen (33%) als auch Männer (30%) gleichermaßen, dass ihre Pension nicht ausreichen wird, um sich ihren im Alter angestrebten Lebensstandard leisten zu können.

„Frauen sind oft gefährdet in die Altersarmut zu schlittern. Umso wichtiger ist es, dass Frauen sich selbständig mit den Themen Finanzen und Vorsorge auseinandersetzen. Das ist eine wichtige Investition in die Zukunft. Zudem sollten sie sich angesichts einer Scheidungsrate von über 37 Prozent in Österreich auch nicht auf den Partner verlassen. Finanzielle Selbstverantwortung und Unabhängigkeit sind immens wichtige Themen“, sagt Gerda Holzinger-Burgstaller, Vorstandsvorsitzende der Erste Bank Oesterreich.

81 Prozent der Frauen wollen finanzielle Unabhängigkeit

Finanzielle Unabhängigkeit ist insbesondere für Frauen ein essenzielles Anliegen. In einer repräsentativen IMAS Studie im Auftrag der Erste Bank und Sparkassen geben 81 Prozent der befragten Frauen an, dass ihnen diese in ihrem engen familiären Umfeld „sehr wichtig“ ist. Im Gegensatz dazu messen lediglich zwei Drittel der Männer diesem Thema dieselbe Bedeutung bei. Dass tatsächlich aber 24 Prozent der Frauen auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind, zeigt, dass Wunsch und Realität hier noch auseinanderklaffen.

Informiertheit bei Frauen steigt

Wenn es darum geht, wer bei einer „typisch österreichischen“ Familie für die Finanzen zuständig ist, sehen beide Geschlechter diese Aufgabe jeweils bei sich selbst. So geben 32 Prozent der Männer und 21 Prozent der Frauen an, dass das Thema Männersache ist, während 33 Prozent der Frauen und 22 Prozent der Männer sagen, dass die Finanzen der Familie bei Frauen verortet sind. Eine Diskrepanz zeigt sich allerdings bei der Informiertheit: 52 Prozent der Österreicher geben an, „gut“ oder „sehr gut“ zum Thema Finanzen informiert zu sein, lediglich 38 Prozent der Österreicherinnen behaupten das wiederum von sich. Dennoch bedeutet dies eine Steigerung von 11 Prozentpunkten im Vergleich zu 2018. Die Differenz zwischen den Geschlechtern lässt sich auch daraus begründen, dass nur 36 Prozent der Frauen Finanzen für ein spannendes Thema halten, während es bei den Männern fast jeder Zweite ist.

Wer nur spart, verliert

Während Frauen oft mehr Sicherheit bei der Geldanlage wählen, sind Männer auch für risikoreichere Investments offen. Doch nach wie vor ist es nicht möglich mit dem klassischen Sparbuch Zinsen zu verdienen oder gar die Inflation zu schlagen. Im Gegenteil, in den letzten Monaten ist die Inflation deutlich höher gestiegen als noch in den Jahren davor. Bei einer zehnjährigen Veranlagung von 10.000 Euro auf einem Sparbuch mit einer Verzinsung von 0,24 Prozent kommen am Ende der Laufzeit nominell 10.225 Euro heraus. Berücksichtigt man dabei auch die durchschnittliche Inflation von 2,35 Prozent über die vergangenen zehn Jahre, dann ist der reale Wert am Sparbuch nur noch 7.510 Euro. „Wir müssen in Österreich eine neue Wertpapierkultur schaffen und weg vom negativ behafteten Spekulationsimage. Es geht schlicht und einfach darum, allen Menschen bessere Möglichkeiten zu bieten vorzusorgen, insbesondere fürs Alter“, so Gerda Holzinger Burgstaller.

Inflation mit Anlagestreuung und -dauer abfedern

Wer die aktuell hohe Inflation nicht hinnehmen will, muss sich mit Wertpapieren auseinandersetzen. „Die hohe Inflation wird uns noch einige Zeit lang begleiten und es ist aktuell extrem schwierig, sie zu schlagen. Deshalb ist es sinnvoll zumindest einen Teil des Vermögens zu veranlagen, um die negativen Effekte abzufedern“, so Markus Kaller, Wertpapier-Experte der Erste Group. Bei einer Inflation von aktuell über 7 Prozent ist ein Ausgleich ohne entsprechendes Risiko allerdings nicht möglich. Kaller: „Gerade die letzten Ereignisse führen anschaulich vor Augen, dass Wertpapiere auch schwanken können. Dementsprechend sollten Anlegerinnen und Anleger jedenfalls auf eine breite Streuung setzen und durch laufendes Ansparen in unterschiedliche Anlageinstrumente die Herausforderung des richtigen Einstiegszeitpunktes vermeiden. Mittlerweile ist es ja möglich, vom Investmentfonds über Zertifikate bis hin zu Goldmünzen, Anlageprodukte auch in kleinen Tranchen zu erwerben.“