Bis Jahresende 2022 dürften die Preise für Flugtickets wohl um ein Fünftel höher sein als ein Jahr davor und der Höhepunkt bei den Preisen dürfte erst im ersten Quartal 2023 erreicht werden. Die Nachfrage soll dennoch hoch bleiben. Viele Reisende würden beim Quartier oder der Dauer des Aufenthalt sparen, um sich den teureren Transport leisten zu können. Die Fluglinien müssen sich trotz höherer Einnahmen auf das dritte Jahr in Folge mit Verlusten einstellen, heißt es in einer Analyse der Allianz Trade und des Kreditversicherers Acredia.
„Die Fluggesellschaften versuchen, die Verluste von zwei Jahren Corona-Pandemie wettzumachen“, so Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in der DACH-Region. „Allerdings sind die größten Fixkostenträger in Europa Löhne und Gehälter. Die Kosten für Treibstoff hingegen sind variabel und solange sie weiter in die Höhe gehen, ist der Anreiz gering, auch die Personalkosten zu steigern.“ Europas Luftfahrt hat im Vergleich zur internationalen Konkurrenz hohe Personalkosten und wenig Anreiz, zusätzliches Personal einzustellen. Die Löhne und Gehälter für das Personal – die zweitwichtigsten Kosten der Fluggesellschaften – machen bei den europäischen Fluggesellschaften 25 Prozent ihres Umsatzes (weltweiter Durchschnitt: 19 Prozent) aus. In einem finanziell angespannten Umfeld gibt es also kaum Anreize, das während der Pandemie abgebaute Personal aufzustocken – die Fluggesellschaften in Europa haben ihre Belegschaft 2021 um weitere 8 Prozent reduziert. Die Folge: Flugstreichungen nehmen zu und trüben die Urlaubsfreude von Reisenden noch etwas länger.
Bahn gewinnt Marktanteile
Aus Sicht der Analyse bringt die von der EU geforderte Umstellung auf CO2-armen Transport noch größere Herausforderungen als die Coronakrise. Die Bahn habe als Konkurrenz in der Pandemie Marktanteile gewonnen. Dem Schienentransport helfe einerseits, dass praktisch alle Gesellschaften staatlich sind und sich daher günstiger finanzieren könnten und andererseits, dass ein steigendes Umweltbewusstsein mehr Menschen motiviere, per Bahn zu reisen. Dagegen müssten die Fluglinien massiv in neue Flugzeuge oder CO2-freien Treibstoff investieren – dazu fehlten ihnen aber derzeit die Mittel.
Die Umweltanforderungen der EU bedrohen die Gewinnmargen der Fluglinien, heißt es in der Analyse. Die Anforderung, bis 2035 20 Prozent erneuerbare Treibstoffe (SAF) beizumischen, werde den Preis für Flugbenzin um 30 Prozent erhöhen. Das für 2045 vorgegebene Ziel von 38 Prozent SAF-Beimischung würde die Kosten um 57 Prozent erhöhen. Dabei wenden jetzt schon die Fluglinien für Treibstoff 25 bis 30 Prozent der Einnahmen auf. Um diese Kosten unter Kontrolle zu halten, müsse die öffentliche Hand für günstigeren und gut verfügbaren grünen Flugtreibstoff sorgen. (APA/red)