Die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde beschlossen am Donnerstag, den sogenannten Hauptrefinanzierungssatz um einen halben Punkt auf 0,50 Prozent zu erhöhen. Auch der Einlagensatz wurde angehoben – und zwar auf 0,00 Prozent. Banken müssen somit nicht mehr draufzahlen, wenn sie überschüssiges Geld bei der EZB parken. Die Wende der Europäischen Zentralbank nach einer Ära der ultra-lockeren Geldpolitik gilt als historisch.
Die Rekordinflation im Euroraum bewegte die Zentralbank nun zu dem ungewöhnlich kräftigen Straffungsmanöver: Angefacht von immer teurerer Energie im Zuge des Ukraine-Kriegs stiegen die Verbraucherpreise zuletzt um 8,6 Prozent. Die Bank verfehlt damit ihr Inflationsziel sehr deutlich. Denn sie strebt zwei Prozent als optimalen Wert für die Wirtschaft an.
EZB hilft verschuldeten Staaten
Flankierend zur Zinswende haben sich die Währungshüter auf ein neues Krisenprogramm geeinigt, mit dem die EZB hoch verschuldeten Staaten wie Italien bei Turbulenzen am Anleihenmarkt beispringen kann. Das neue Instrument soll dabei helfen, dass die Geldpolitik gleichmäßig im Euroraum wirken kann und es nicht zu einem Auseinanderlaufen der Finanzierungskosten der einzelnen Eurostaaten kommt. Die EZB spricht daher von einem Werkzeug gegen die Fragmentierung der Eurozone.
Experten verweisen jedoch darauf, dass die Zentralbank in rechtlich gefährliches Fahrwasser geraten könnte, sollte beispielsweise Italien inmitten einer akuten Regierungskrise gestützt werden. Dies wäre Wasser auf die Mühlen all jener Kritiker, besonders in Deutschland, die der EZB verkappte Staatsfinanzierung vorwerfen. Gegner früherer Anleihen-Kaufprogramme waren bis vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gezogen. (APA/red)