Steigende Kreditnachfrage bringt Erste Group Gewinne

01. August 2022 Drucken
Steigende Kreditnachfrage bringt Erste Group Gewinne
Willi Cernko, CEO der Erste Group Bank AG. © Erste Bank / Daniel Hinterramskogler

Zinserhöhungen und eine steigende Nachfrage nach Krediten brachten der Erste Group im ersten Halbjahr 2022 höhere Zins- und Provisionsüberschüsse und einen Nettogewinn von 1,14 Mrd. Euro, nach 918 Mio. Euro in der Vorjahresperiode. Für das Gesamtjahr wird ein Nettokreditwachstum im hohen einstelligen Prozentbereich in Aussicht gestellt. Als Dividende für 2022 peilt die Bank 1,90 Euro je Aktie an.

Die Erste Group verzeichnete im ersten Halbjahr 2022 ein Betriebsergebnis von 1,86 Milliarden Euro (Anstieg um 10,3% im Jahresvergleich). Der Zinsüberschuss stieg um 15,9 Prozent auf 2,84 Milliarden Euro aufgrund eines soliden Wachstums des Kreditvolumens, insbesondere bei Hypothekarkrediten und im Unternehmenssegment sowie aufgrund weiterer Zinserhöhungen in Tschechien, Ungarn und Rumänien. Der Provisionsüberschuss stieg um 10,5 Prozent im Jahresvergleich. Die Bankengruppe erzielte in den ersten sechs Monaten des Jahres 2022 einen Nettogewinn von 1,14 Milliarden Euro (H1 2021: 918 Millionen Euro). Die Erste Group fokussiert sich in ihrer Strategie auf die finanzielle Gesundheit ihrer Kund:innen. Ein erster Teil davon ist eine breit angelegte Initiative zur Schaffung leistbaren Wohnraums. Bis 2030 plant die Gruppe in CEE insgesamt bis zu 15.000 Wohnungen im geförderten, leistbaren Segment zu finanzieren.

„Die geopolitische Großwetterlage und die hohe Inflation trüben die Aussichten in Europa. Nichtsdestotrotz zeigen sich die Volkswirtschaften in der östlichen EU bis dato resilient – mit vergleichbar soliden Staatskassen, Investitionswillen auf Unternehmensseite sowie einer bisher positiven Arbeitsmarktentwicklung und nach wie vor positivem Verbrauchervertrauen”, sagt Willi Cernko, CEO der Erste Group Bank AG. „Unsere Aufgabe als Bank wird es sein, den Menschen in unserer Region auch in schwierigen Situationen zur Seite zu stehen und uns um ihre finanzielle Gesundheit zu kümmern. Dass wir dazu in der Lage sind, beweisen unser solides Geschäftsmodell und unsere starke Kapitalisierung. In einem ersten Schritt werden wir mit einer ausgedehnten Wohnbauinitiative, mit der wir in den nächsten Jahren insgesamt bis zu 15.000 leistbare Mietwohnungen in unseren CEE-Märkten finanzieren wollen, hier ein klares Zeichen setzten.“

Strategischer Fokus auf Financial Health

Die hohen Inflationsraten sowie steigende Immobilienpreise werden zunehmend zur Herausforderung für die Menschen in Europa. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund setzt die Bankengruppe in den nächsten Jahren strategische Initiativen, um die finanzielle Gesundheit der Menschen in den Erste-Kernmärkten weiter zu sichern und zu fördern.

Da insbesondere leistbares Wohnen für immer mehr Menschen in der Region zur Herausforderung wird, hat die Erste Group das Thema Wohnbau im Rahmen ihrer Financial-Health-Strategie ganz oben auf der Agenda. Bereits jetzt stellt die Bankengruppe in Österreich rund eine Milliarde Euro pro Jahr an Finanzierungen für den Bau von mehr als 6.000 geförderten, leistbaren Wohnungen zur Verfügung. Diese Erfahrungen wird die Erste Group in anderen Märkten nutzen, um auch dort leistbaren Wohnraum zu schaffen.

Bis 2030 wollen die CEE-Tochterbanken der Erste Group in enger Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Sektor bis zu 15.000 erschwingliche Wohnungen entwickeln und zur Vermietung bringen. Dazu wurde in Tschechien bereits mit der CS Affordable Housing eine eigene Tochtergesellschaft zur Errichtung von leistbaren Mietwohnungen gegründet. In der Slowakei sollen noch in diesem Jahr mit dem slowakischen Staat als Teilinvestor rund 200 Wohnungen zur Verfügung gestellt werden. Ähnliche Konzepte in Ungarn, Rumänien und Kroatien sind in Ausarbeitung.

Zins- und Provisionsüberschuss fangen Verluste im Handelsergebnis ab

Der Zinsüberschuss stieg aufgrund von Zinserhöhungen außerhalb der Eurozone – vor allem in Tschechien, Ungarn und Rumänien – sowie einem deutlichen Kreditwachstum in allen Märkten auf 2.837,0 Millionen Euro (+15,9%; EUR 2.448,7 Millionen Euro). Der Provisionsüberschuss erhöhte sich auf 1.214,9 Millionen Euro (+10,5%; 1.099,0 Millionen Euro). Anstiege gab es in nahezu allen Provisionskategorien und in allen Kernmärkten, signifikante Zuwächse wurden insbesondere bei den Zahlungsverkehrsdienstleistungen sowie in der Vermögensverwaltung erzielt. Das Handelsergebnis verringerte sich auf -532,5 Millionen Euro (43,1 Millionen Euro), die Position Gewinne/Verluste aus Finanzinstrumenten, erfolgswirksam zum Fair Value bilanziert stieg auf 516,8 Millionen Euro (83,6 Millionen Euro). Die Entwicklung beider Positionen war hauptsächlich auf Bewertungseffekte zurückzuführen. Die Betriebserträge stiegen auf 4.146,7 Millionen Euro (+9,4%; 3.790,7 Millionen Euro).

Starkes Betriebsergebnis und verbesserte Kosten-Ertrags-Relation

Der Verwaltungsaufwand erhöhte sich auf 2.285,4 Millionen Euro (+8,7%; 2.103,0 Millionen Euro). Die Personalaufwendungen stiegen auf 1.294,7 Millionen Euro (+3,7%; 1.248,9 Millionen Euro). Der Personalstand blieb im Vergleich zum Jahresultimo 2021 mit einer Änderung um +0,4% auf 44,773 (Vollzeitäquivalente) nahezu unverändert. Der deutliche Anstieg der Sachaufwendungen auf 717,7 Millionen Euro (+23,5%; 581,3 Millionen Euro) ist vor allem auf wesentlich höhere Aufwendungen für Beiträge in Einlagensicherungssysteme von 156,7 Millionen Euro (109,2 Millionen Euro) – die für 2022 erwarteten regulären Beiträge wurden bereits fast gänzlich verbucht – , sowie auf gestiegene IT-Aufwendungen in Österreich zurückzuführen. Die Abschreibungen beliefen sich auf 273,0 Millionen Euro (+0,1%; 272,8 Millionen Euro). Insgesamt stieg das Betriebsergebnis deutlich auf 1.861,3 Millionen Euro (+10,3%; 1.687,7 Millionen Euro), die Kosten-Ertrags-Relation verbesserte sich auf 55,1% (55,5%).

NPL-Quote auf historischem Bestwert

Das Ergebnis aus Wertminderungen von Finanzinstrumenten belief sich aufgrund von Nettoauflösungen auf EUR 26,0 Mio bzw. auf -3 Basispunkte des durchschnittlichen Bruttokunden-kreditbestands (EUR -82,9 Mio bzw. 10 Basispunkte). Dotierungen von Wertberichtigungen für Kredite und Darlehen sowie für Kreditzusagen und Finanzgarantien betrafen neben Rumänien die Slowakei und Serbien. Positiv wirkten sich hingegen Eingänge aus abgeschriebenen Forderungen in allen Segmenten sowie Auflösungen insbesondere in Kroatien, Tschechien, Ungarn und Österreich aus. Eine Überprüfung der allgemeinen Kreditrisikovorsorgen im Zusammenhang mit der Entwicklung der Covid-19-Pandemie sowie der geopolitischen und wirtschaftlichen Lage im zweiten Quartal führte zu einer Auflösung in Höhe von EUR 132 Mio. Insgesamt bestanden per Ende Juni krisenbezogene allgemeine Risikovorsorgen von etwa EUR 500 Mio. Die NPL-Quote bezogen auf Bruttokunden-kredite verbesserte sich mit 2,2% (2,5%) auf den historischen Bestwert seit Börsengang. Die NPL-Deckungsquote (ohne Sicherheiten) lag bei 91,8% (91,4%).

Nettogewinn steigt auf 1,14 Milliarden Euro im ersten Halbjahr

Der sonstige betriebliche Erfolg belief sich auf -199,2 Millionen Euro (-172,4 Millionen Euro). Die im sonstigen betrieblichen Erfolg für das gesamte Jahr 2022 erfassten Aufwendungen für jährliche Beitragszahlungen in Abwicklungsfonds stiegen (am stärksten in Österreich und Tschechien) auf 139,0 Millionen Euro (108,2 Millionen Euro). Die Bankenabgaben – derzeit in zwei Kernmärkten zu entrichten – stiegen auf 110,9 Millionen Euro (52,2 Millionen Euro).

Davon entfielen auf Ungarn 94,7 Millionen Euro: Die Gesamtbelastung setzt sich zusammen aus der regulären Bankensteuer für das gesamte Geschäftsjahr von 17,7 Millionen Euro (14,9 Millionen Euro) sowie 27,0 Millionen Euro (23,3 Millionen Euro) Transaktionssteuer für das erste Halbjahr und einer erstmalig zu entrichtenden, von den Nettoerlösen des Vorjahres abhängige Sondersteuer, in Höhe von 49,9 Millionen Euro für das gesamte Jahr 2022. Die Bankensteuer in Österreich lag bei 16,3 Millionen Euro (13,9 Millionen Euro). Positiv wirkte sich hingegen die im sonstigen betrieblichen Erfolg erfasste Auflösung einer Rückstellung für potenzielle rechtliche Risiken in Zusammenhang mit rumänischen Konsumentenschutzgesetzen in Höhe von 41,8 Millionen Euro aus.

Die Steuern vom Einkommen stiegen auf 315,2 Millionen Euro (EUR 287,3 Millionen Euro). Das den Minderheiten zuzurechnende Periodenergebnis verringerte sich infolge geringerer Ergebnisbeiträge der Sparkassen auf 207,0 Millionen Euro (229,8 Millionen Euro). Das den Eigentümern des Mutterunternehmens zuzurechnende Periodenergebnis stieg dank des starken Betriebsergebnisses und der Nettoauflösung von Wertberichtigungen auf 1.137,0 Millionen Euro (918,0 Millionen Euro).

Bilanz erstes Halbjahr 2022: Starke Kreditnachfrage, solide Kernkapitalquote

Das gesamte Eigenkapital (IFRS) erhöhte sich auf 21,7 Milliarden Euro (21,3 Milliarden Euro). Nach Vornahme der in der Eigenkapitalverordnung (CRR) festgelegten Abzugsposten und Filter stieg das Harte Kernkapital (CET1, final) auf 19,6 Milliarden Euro (18,8 Milliarden Euro), die gesamten regulatorischen Eigenmittel (final) auf 25,6 Milliarden Euro (24,8 Milliarden Euro). Bei der Berechnung wurde der Zwischengewinn berücksichtigt. Das Gesamtrisiko (die risikogewichteten Aktiva), das Kredit-, Markt- und operationelle Risiko inkludiert (CRR final), stieg auf 138,2 Milliarden Euro (129,6 Milliarden Euro). Die Harte Kernkapitalquote (CET1, final) belief sich auf 14,2% (14,5%), die Gesamtkapitalquote auf 18,5% (19,1%).

Die Bilanzsumme stieg auf 327,1 Milliarden Euro (+6,4%; 307,4 Milliarden Euro). Auf der Aktivseite verringerten sich Kassenbestand und Guthaben auf 42,8 Milliarden Euro (45,5 Milliarden Euro), Kredite an Banken erhöhten sich – insbesondere in Tschechien – auf 28,7 Milliarden Euro (21,0 Milliarden Euro). Die Kundenkredite stiegen auf 191,5 Milliarden Euro (+6,3%; 180,3 Milliarden Euro), signifikante Anstiege gab es in fast allen Kernmärkten. Passivseitig gab es einen Zuwachs bei den Einlagen von Kreditinstituten auf 36,7 Milliarden Euro (31,9 Milliarden Euro). Die Kundeneinlagen stiegen in fast allen Kernmärkten – insbesondere in Österreich und Tschechien – auf 225,5 Milliarden Euro (+7,1%; 210,5 Milliarden Euro). Das Kredit-Einlagen-Verhältnis sank auf 84,9% (85,6%).

Ausblick: Nettokreditwachstum im hohen einstelligen Prozent-Bereich erwartet

Für die Kernmärkte der Erste Group wird für 2022 ein reales BIP-Wachstum von ca. 2% bis 5% prognostiziert. Gleichzeitig wird die Inflation das gesamte Jahr hindurch ein wichtiges Thema bleiben, im Verhältnis zum Vorjahr weiter angetrieben vom geopolitischen Konflikt um die Ukraine. Trotzdem werden weiterhin niedrige Arbeitslosenquoten (~3% bis 7%) erwartet. Die Leistungsbilanzsalden werden sich auf Grund höherer Importpreise von Energieträgern in den meisten Ländern verschlechtern. Auch die Fiskallage wird aufgrund der mannigfaltigen fiskalpolitischen Herausforderungen angespannt bleiben. Die Staatsverschuldung wird allerdings auf erheblich tieferen Niveaus zu liegen kommen als im EU-Durchschnitt.

Vor diesem Hintergrund erwartet die Erste Group ein Nettokreditwachstum im hohen einstelligen Prozent-Bereich. Die Risikokosten 2022 sollten sich auf unter 20 Basispunkte der durchschnittlichen Bruttokundenkredite belaufen. Auf dieser Basis hat sich die Erste Group erneut das Ziel einer zweistelligen Eigenkapitalverzinsung (ROTE) gesetzt. Die CET1-Quote der Erste Group sollte über 14% verbleiben. Die Dividende für das Geschäftsjahr 2022 wird mit 1,90 Euro je Aktie geplant.

Alle zukunftsgerichteten Aussagen unterliegen der Annahme, dass zumindest im Jahr 2022 ausreichende russische Gasimporte in die Kernmärkte der Erste Group erfolgen.